Verwirrspiel für China-Vanke-Aktionäre

Anleger in Hongkong und Shenzhen rätseln über die Zukunft des chinesischen Immobilienriesen - Großaktionär Baoneng macht Druck

Verwirrspiel für China-Vanke-Aktionäre

Von Norbert Hellmann,SchanghaiIn der verwirrenden Schlacht um die Aktionärskontrolle beim führenden chinesischen Immobilienentwickler China Vanke Co. ist am Montag die seit über sechs Monaten andauernde Aussetzung der Vanke-Aktie vom Handel an der Börse Shenzhen beendet worden. Wie nicht anders zu erwarten, fielen die Titel um die an chinesischen Festlandbörsen höchstmögliche Tagesveränderung von 10 % auf nunmehr 22 Yuan zurück. Undurchsichtiger AngreiferAuch in den kommenden Handelstagen dürfte Vanke weiter in die Knie gehen, um einerseits den Wertverlust im Zusammenhang mit einer schwerwiegenden Managementkrise bei Vanke zu reflektieren, andererseits aber auch die schwache Performance von China-Aktien im bisherigen Jahresverlauf. Der Board von Vanke – angeführt vom langjährigen Chairman und Mitgründer der Gesellschaft Wang Shi – sieht sich seit Dezember einem unerwarteten “Angreifer” in Gestalt des bislang eher wenig bekannten Finanzdienstleisters Baoneng Group gegenüber, zu dem auch ein kleiner Immobilienentwickler gehört. Baoneng hatte Ende vergangenen Jahres durch Aktienkäufe ein Beteiligungspaket von 24 % an Vanke aufgebaut und damit den staatlich kontrollierten Mischkonzern China Resources mit rund 15 % als größten Einzelaktionär bei Vanke abgelöst.Vanke hatte den Vorstoß als einen potenziellen feindlichen Takeover-Angriff gewertet und ließ die Aktiennotierung in Shenzhen Mitte Dezember aussetzen. Gleichzeitig wurde ein Deal ausgehandelt, bei dem der Infrastrukturbetreiber Shenzhen Metro Group als eine Art Weißer Ritter Liegenschaften im Wert von knapp 46 Mrd. Yuan (6,3 Mrd. Euro) an Vanke abtritt und im Gegenzug via Kapitalerhöhung einen Anteil von 20,6 % an Vanke eingeräumt bekommt. Der Deal soll die Beteiligung von Baoneng auf einen Anteil von 19 % verwässern und den Anteil von China Resources auf 12 % schmälern.Vanke hat jedoch wenig Chancen, die neue Verbindung mit Shenzhen Metro einzugehen, weil sich der langjährige Großaktionär China Resources nun auch dagegen ausgesprochen hat und im Verbund mit Baoneng die Transaktion blockiert. Gegenwärtig läuft als weitere Facette allerdings eine von der Börse Shenzhen losgetretene Untersuchung, inwiefern Baoneng und China Resources im Verbund arbeiten und die Anleger über ein solches Bündnis adäquat in Kenntnis gesetzt haben. Heikle InteressenlageFür die staatlich kontrollierte China Resources gilt es als eher heikel, einen offiziellen Pakt mit der als wenig serös eingestuften Baoneng einzugehen und dabei Gefahr zu laufen, den mit Abstand bekanntesten chinesischen Wohnimmobilienentwickler zu destabilisieren und außerdem die bislang in China verpönte Maßnahme eines aggressiven feindlichen Takeover zu unterstützen. Zuletzt kam es in Shenzhen am Hauptsitz des landesweit tätigen Immobilienriesen zu Protesten von Mitarbeitern, die den Aktionärsgruppen vorwerfen, Vanke in eine Krise zu stürzen und Arbeitsplätze zu gefährden, was auch die Lokalregierung in Shenzhen hellhörig gemacht haben dürfte. Vanke-Board noch im SattelBaoneng hatte vergangene Woche einen Antrag auf eine außerordentliche Hauptversammlung gestellt, die zum Ziel hat, zehn der insgesamt elf Boardmitglieder von Vanke und insbesondere auch Chairman Wang abzuberufen. China Resources hat sich nun beeilt, wissen zu lassen, dass man das Ansinnen von Baoneng auf einen Sturz beziehungsweise kompletten Wechsel des Verwaltungsrats nicht unterstütze. China Resources will sich allerdings weiterhin gegen die Hereinnahme von Shenzhen Metro als Großaktionär bei Vanke wehren.Derzeit ist sowohl für die Experten als auch die Aktionäre noch völlig unklar, inwiefern der vom Vanke-Board getroffene Beschluss für die Verbindung mit Shenzhen Metro wirksam werden kann und wie die Börsenregulatoren das Interessengeflecht zwischen China Resources und Baoneng werten. Allerdings deuten die jüngsten Entwicklungen darauf hin, dass das Vanke-Management sich zunächst wird halten können und ein chaotischer Machtwechsel verhindert wird. Kurssprung in HongkongDie entsprechende Erleichterung bei den Anlegern wird derzeit allerdings nur in der Kursentwicklung der parallel auch an der Hongkonger Börse notierten Vanke-Aktie deutlich; diese war bereits im Februar wieder in den Handel zurückgekehrt. Am Montag kletterten die Hongkonger Vanke-Titel um gut 8 %. Damit reduziert sich der bisherige Jahresverlust auf 28 %. An der Börse in Shenzhen müssen die Titel aber noch eine Weile länger bluten, um die neuen Gegebenheiten zu reflektieren.