Volkswagen geht den Umbruch an

Markenchef Diess will mit neuer Strategie mehr als 6 Prozent Rendite - In drei Phasen bis 2030 zum "Weltmarktführer Auto-Mobilität"

Volkswagen geht den Umbruch an

Um die Rendite zu steigern, plant Volkswagen in den nächsten Jahren nicht nur mit einem Stellenabbau. Vorgesehen ist auch eine SUV-Offensive, E-Auto-Wellen sollen ab 2020 rollen. In Problemmärkten Nord- und Südamerikas plant der Autobauer in vier Jahren mit Gewinnen.ste Hamburg – In drei Phasen will sich die Marke Volkswagen bis 2030 zum “Weltmarktführer Auto-Mobilität” aufschwingen und die operative Umsatzrendite auf mehr als 6 % von 2 % im vergangenen Jahr steigern. Nach dem am vergangenen Freitag vorgestellten “Zukunftspakt” zwischen Management und Betriebsrat, der weltweit den Abbau von 30 000 Arbeitsplätzen vorsieht und von 2020 an zu einem positiven Ergebniseffekt von 3,7 Mrd. Euro pro Jahr führen soll, präsentierte Markenchef Herbert Diess gestern die neue Unternehmensstrategie. “Mit ,Transform 2025+` haben wir den größten Veränderungsprozess in der Geschichte unserer Marke angestoßen.” Ziel sei es, Volkswagen Pkw zukunftssicher aufzustellen, nachhaltig profitabel zu machen und den Umbruch in der Automobilbranche von der Spitze mitzugestalten, sagte Diess. Vom Stellenabbau …Dabei steht für die Marke zunächst bis 2020 die Restrukturierung des Kerngeschäfts im Vordergrund. Mit der Umsetzung des Zukunftspakts in den nächsten vier Jahren, der durch den Wegfall von 23 000 Stellen allein in Deutschland das Ergebnis um jährlich 3 Mrd. Euro verbessern soll, ist das Ziel einer operativen Umsatzrendite von 4 % verbunden. Diess bezeichnete den Pakt als wesentlichen Baustein der neuen Strategie. Bis 2020 sollen auch neue Kompetenzen für Elektromobilität und Digitalisierung aufgebaut werden. Dafür sind in Deutschland Investitionen von 3,5 Mrd. Euro sowie 9 000 neue Arbeitsplätze vorgesehen.Der seit Juli 2015 amtierende Markenchef kündigte für die kommenden vier Jahre auch eine Offensive mit Geländelimousinen (SUV) an – nachdem man in den vergangenen Jahren Marktentwicklungen wie den SUV-Boom verschlafen habe. Das Produktportfolio sieht laut Diess insgesamt 19 SUVs bis 2020 vor. Bislang zählt VW zwei Modelle. Der SUV-Anteil am Gesamtvolumen soll in Europa von 13 auf fast 30 % steigen, in den USA von 15 auf mehr als 35 % und in China von 15 auf über 30 %. “In Summe werden wir den SUV-Anteil an unserem Gesamtvolumen mehr als verdoppeln”, kündigte der frühere BMW-Entwicklungschef an. Während Volkswagen in China damit seine Marktführerschaft mit einem Anteil von heute 14 % absichere, trieben die SUVs in den USA den Turnaround voran. In Europa sollen die kompakten Geländelimousinen die Margen verbessern.Deutlich reduzieren will die Marke die Komplexität ihrer Produkte. So soll die Zahl der Varianten bei Nachfolgern und Neufahrzeugen um 30 bis 60 % sinken, bei den Plattformen und Antrieben soll es bis zu 40 % weniger Varianten geben. Bei den Plattformen will sich Volkswagen auf den Modularen Querbaukasten (MQB) konzentrieren – elf Altplattformen fallen weg. Künftig würden praktisch alle konventionellen Fahrzeuge der Marke auf dem MQB basieren, sagte Diess. Die Plattform gilt auch als Rückgrat des Konzerns. Etwa vier Fünftel der Konzernfahrzeuge baut VW mit dem MQB. … über E-Auto-Wellen …In der zweiten Phase von 2020 bis 2025, in der die operative Umsatzrendite bis auf 6 % steigen soll, will Volkswagen Pkw nach den Worten von Diess den Sprung an die Spitze der Elektromobilität schaffen. Die Elektromobilität werde in vier oder fünf Jahren den Durchbruch schaffen. Der Markenchef kündigte für 2020 eine erste Welle neuer Elektroautos auf Basis des künftig weltweit eingesetzten Modularen Elektrobaukastens (MEB) an. “Wir zielen nicht auf Nischenprodukte, sondern auf das Herz des Automarktes, die großen Volumensegmente”, betonte Diess. Bis 2025 sei es das Ziel, Weltmarktführer in der Elektromobilität zu sein und eine Million E-Autos pro Jahr zu verkaufen. “Wir wollen die Ersten sein, die diese Zahl erreichen”, sagte Diess. Auch solle der CO2-Flottenwert verglichen mit heute um 25 % verbessert werden.Finanziert werden soll die E-Offensive, die eine zweite Welle für 2022/2023 vorsieht, unter anderem durch den Wegfall volumen- und ertragsschwacher konventioneller Modelle und Varianten. Somit würden Mittel für Investitionen von mehr als 2,5 Mrd. Euro frei. Der Marke Volkswagen kommt damit beim Umstieg auf die Elektromobilität eine große Bedeutung für den Zwölfmarkenkonzern zu. Bis 2025 will der Konzern mehr als 30 vollelektrische Fahrzeuge auf den Markt bringen. Dann sollen 2 bis 3 Millionen Elektrofahrzeuge im Jahr einen Käufer finden – geschätzt 25 % des gesamten Konzernabsatzes. Markenchef Diess erklärte weiter, dramatischer als der elektrische Antrieb werde das Internet das Auto verändern. Durch die “Automotive Cloud” werde das Auto wesentlich sicherer und komfortabler. Die neue Strategie sehe daher auch den Aufbau eines “digitalen Ökosystems” für Volkswagen vor. Die digitale Plattform, mit der die Marke näher an ihre Kunden rücken will, soll “We” heißen. Bis 2025 will VW Pkw rund 80 Millionen Nutzer gewinnen. Dann sollen die Dienste rund um das vernetzte Auto auf einen Jahresumsatz von rund 1 Mrd. Euro kommen. … bis zur Comeback-StoryDiess gab auch Einblick in die Planungen, wie sich Volkswagen die Wende in Problemmärkten vorstellt. Ziel sei es, nicht nur in Europa und in China profitabel zu sein, sondern bis 2020 in allen großen Märkten positive Ergebnisse zu erreichen. “In Nordamerika wollen wir eine Comeback-Story schreiben”, kündigte der Markenchef an. Volkswagen müsse dort von einem Nischenanbieter zu einem relevanten und profitablen Volumenhersteller werden. Das werde zehn Jahre dauern, warnte Diess vor vorschnellen Erwartungen. “Man braucht viel Ausdauer, um in den USA erfolgreich zu sein.” Inzwischen habe Volkswagen einen Plan für den Markt geschnürt, der “vielversprechend” sei.Die USA, die Konzernbetriebsratschef Bernd Osterloh vor zwei Jahren als “Katastrophenveranstaltung” für VW beschrieb, sei ein sehr großer und sehr gewinnträchtiger Automarkt. Diess geht davon aus, dass im Autogeschäft auch 2025 nirgendwo mehr Geld verdient wird als in den USA. Zunächst plant Volkswagen dort mit SUVs und Limousinen, danach auch mit E-Autos. Ab 2021 werde die lokale Produktion von MEB-Fahrzeugen beginnen.Verstärkt kümmern will sich VW auch um Südamerika, wo die Modellpalette nicht mehr up to date sei. Neben einem Turnaround-Programm investiere die Marke 2,5 Mrd. Euro in neue Produkte, so Diess. In Südamerika setzt VW auf eine lokalisierte MQB-Variante. Bis 2020 sollen auch dort schwarze Zahlen geschrieben werden. Diess erwähnte ferner die Ambitionen im stark wachsenden Economy-Segment in Märkten wie Indien, Russland und Südamerika. Das “Budget Car” bleibe für die Marke eine “Priorität”. Für China und Südamerika seien Konzepte verabschiedet. Mit der Markteinführung sei 2019/2020 zu rechnen.