Volkswagen strafft Händlernetz

Konzern will mit Online-Angeboten und schlankeren Strukturen die Vertriebskosten in Europa drücken

Volkswagen strafft Händlernetz

sck München – Volkswagen will ihr europäisches Händlernetz straffen, um die Vertriebskosten zu reduzieren und Abläufe für Kunden effizienter zu gestalten. Das kündigte Jürgen Stackmann, Vertriebsvorstand der Marke VW, vor Medienvertretern in München an. Seinen Worten zufolge sollen die Aufwendungen beim Hersteller, den Importeuren und den Autohändlern um 10 % reduziert werden. Dieser Prozess über die drei Stufen hinweg werde “mehrere Jahren dauern”.Stackmann will dies erreichen mit einem effektiveren, benutzerfreundlichen Online-Angebot für Kunden in Kombination mit schlankeren Vertriebs- und Servicestrukturen bei den Vertragshändlern.Volkswagen will das neue Vertriebsmodell zunächst in Europa (außer Russland) einführen und später weltweit ausdehnen. Der Umbau soll dazu beitragen, dass die Rendite der VW-Vertragshändler (Return on Sales) sich im Schnitt auf rund 2 % stabilisiert. Stackmann zufolge liegen Länder wie Italien und Spanien bereits über diesem Wert (2,5 %), deutsche Händler befinden sich hingegen mit rund 1 % deutlich darunter. Der Manager führte an, dass insbesondere in den beiden südeuropäischen EU-Staaten eine starke Konsolidierung des Marktes stattgefunden habe. Italien und Spanien erholen sich von der Flaute infolge der Finanzmarktkrise. Weltweit handele es sich um eine “Konsolidierungswelle” in der Autohändlerbranche, so Stackmann. Dieselaffäre fördert UmbruchVon der geplanten Neuordnung in Europa sind insgesamt rund 3 000 Betriebe betroffen. Der Vertriebsvorstand räumte ein, dass der VW-Dieselbetrugsskandal die Reform des Händlernetzes beschleunige. Er ließ wissen, dass die bisherige Vertriebsorganisation nicht mehr zeitgemäß und daher auch nicht tragfähig für die Zukunft sei. “Die heutige Struktur ist nicht mehr nachhaltig steuerbar.” Stackmann sprach von ineffizienten und veralteten IT-Systemen, die in der Prozessbearbeitungskette nicht gut miteinander abgestimmt seien. “Einige IT-Systeme sind nicht die stabilsten.” Die Einführung neuer IT-Systeme trage dazu bei, Arbeitsabläufe schneller zu bewerkstelligen. Auf diese Weise hätten die Mitarbeiter künftig mehr Zeit für Kunden.VW will die Verhandlungen für ein dafür notwendiges neues Vertragsmodell laut Stackmann im November beginnen und diese bis Ende März kommenden Jahres abschließen. Die neuen Verträge mit den Händlern sollen Ende des ersten Quartals 2020 in Kraft treten.Die Vereinbarungen enthalten unter anderem neue Bonus- und Malussysteme zwischen VW und den Händlern. Der Wolfsburger Autokonzern will bei Online-Direktverkäufen die Händler mit Liefer- und Wartungsservice einbinden. Ähnliches beabsichtigt VW für digitale Produkte (autonomes Fahren). Dafür will der Hersteller den Händlern eine Vergütung zahlen. Das Geschäft mit multinationalen Flotten-Großkunden soll aber ausschließlich in der Hand von VW bleiben, so Stackmann. “Runder Tisch” mit KritikernAuf teils heftige Kritik deutscher Vertragshändler an VW und Audi wegen der Dieselkrise reagierte er mit Verständnis. Es habe in den letzten Wochen “Störungen” gegeben, räumte Stackmann ein. “Wir müssen das Verhältnis auf eine partnerschaftliche Ebene zurückbringen.” Für die deutschen Händler habe VW Ende Oktober einen “runden Tisch” angeboten. Dabei soll zunächst über das Thema Gebrauchtwagen gesprochen werden. Infolge der Diskussion über die Zukunft von Dieselfahrzeugen geraten die Gebrauchtwagenpreise unter Druck, was wiederum die Restwerte sinken lässt. Händler fühlten sich zuletzt von VW im Stich gelassen. Stackmann zufolge “braucht VW den deutschen Handel”. Dieser sei für den Konzern ein “Asset”.—– Wertberichtigt Seite 6