VW ZIEHT BILANZ

Volkswagen will wieder mehr nach vorn blicken

Autobauer schüttelt Dieselabgaskrise ab und richtet Fokus zunehmend auf Umbau des Kerngeschäfts

Volkswagen will wieder mehr nach vorn blicken

Die Dieselabgaskrise scheint Volkswagen nach 2016 mehr und mehr abzuschütteln. Der weltgrößte Autobauer richtet den Blick inzwischen wieder mehr nach vorn.ste Wolfsburg – Nach der bereits Ende Februar verkündeten Rückkehr in die Gewinnzone (vgl. BZ vom 25. Februar) sieht Volkswagen-Chef Matthias Müller den Konzern nach einem “bemerkenswert” erfolgreichen Jahr 2017 auf dem richtigen Weg, die Dieselabgaskrise zu überwinden und die Neuausrichtung auf die Ära der Elektromobilität und der Mobilitätsdienstleistungen anzugehen. “Wir haben 2016 die Weichen gestellt für die größte Transformation in der Geschichte von Volkswagen und dabei operativ deutlich besser abgeschnitten, als viele uns das zugetraut haben”, sagte der Vorstandsvorsitzende in der Bilanzpressekonferenz in Wolfsburg.Fast 18 Monate nach Bekanntwerden der Softwaremanipulationen bei Dieselfahrzeugen demonstrierte Müller Zuversicht. Der VW-Konzern befinde sich in sehr robuster Verfassung. Mit einer Nettoliquidität im Konzernbereich Automobile von mehr als 27 Mrd. Euro zum Jahresende sei der Konzern finanziell solide aufgestellt, um die anstehenden Aufgaben zu bewältigen. Umrüstung bis HerbstDabei richtet man den Blick in Wolfsburg inzwischen wieder mehr nach vorn als zurück. Nach Rückstellungen von 6,4 Mrd. Euro im vergangenen Jahr rechnet Volkswagen aus heutiger Sicht nicht mit weiteren finanziellen Belastungen im Zusammenhang mit der Abgaskrise. Finanzvorstand Frank Witter verwies zwar auf “Einschätzungsrisiken”. Man sei aber der Ansicht, hinreichend Vorsorge getroffen zu haben. Der Konzern, der in Deutschland inzwischen mehr als 1,5 Millionen von 2,4 Millionen Fahrzeugen und weltweit 4 Millionen von 11 Millionen betroffenen Fahrzeugen umgerüstet hat, geht nach Angaben von Vorstandschef Müller davon aus, “bis Herbst 2017 alle Kundenfahrzeuge in Ordnung zu bringen”.Nach den seit vergangenem Sommer getroffenen Vergleichsvereinbarungen in Nordamerika beziffert Volkswagen die Rückstellungen mit insgesamt 22,6 Mrd. Euro. Den sogenannten “Monitor”, der die Umsetzung der Auflagen in den nächsten Jahren überwachen soll, werde das US-Justizministerium “in Kürze” benennen, teilte Müller mit.Für 2017 erwartet der Konzern deutliche Liquiditätsabflüsse aufgrund der Belastungen durch die Abgaskrise. Es sei damit zu rechnen, dass der Investitionsbedarf des Konzernbereichs Automobile nicht durch den Cash-flow aus dem laufenden Geschäft gedeckt wird. Somit sei für 2017 mit einem negativen Netto-Cash-flow zu rechnen, heißt es im Geschäftsbericht. Im Berichtsjahr verbuchte VW im Konzernbereich Automobile mit 4,3 (8,9) Mrd. Euro noch einen positiven Netto-Cash-flow. Der Cash-flow aus dem laufenden Geschäft ging neben Mittelabflüssen aus Rechtsrisiken und Fahrzeugrückrufen vor allem auch wegen geringerer Dividenden aus China um 3,5 Mrd. auf 20,3 Mrd. Euro zurück. Dividende steigtDie chinesischen Joint Ventures, die at Equity bilanziert und daher nur im Finanzergebnis des Konzerns berücksichtigt werden, erreichten 2016 zusammen ein anteiliges operatives Ergebnis von knapp 5 (i.V. 5,2) Mrd. Euro. Volkswagen weist einschließlich negativer Sondereinflüsse von insgesamt 7,5 (16,9) Mrd. Euro wieder einen operativen Gewinn von 7,1 (-4,1) Mrd. Euro aus. Die operative Rendite erreichte 3,3 %, nach – 1,9 % im Jahr zuvor. Für die Aktionäre von Volkswagen wurde ein Ergebnisanteil von 5,1 (-1,6) Mrd. Euro verbucht. Die Dividende soll auf 2,00 (0,11) Euro je Stammaktie und 2,06 (0,17) Euro je Vorzugsaktie erhöht werden. In Anbetracht einer auf 19,7 % steigenden Ausschüttungsquote bekräftigte Finanzchef Witter das strategische Ziel einer Quote von 30 %. Mit Blick auf die Transformation des Kerngeschäfts verwies VW-Chef Müller unter anderem auf neue Partnerschaften wie mit dem Tata-Konzern bei der Entwicklung preiswerter Fahrzeuge für den indischen Markt, die von 2019 eingeführt werden könnten, sowie mit dem Joint-Venture-Partner FAW für ein Economy Car in China. Dort sei man mit JAC zudem in fortgeschrittenen Gesprächen, um Elektroautos auf den chinesischen Markt zu bringen. Ein erstes Modell sei für 2018 geplant.Müller informierte ferner über Gespräche zum Aufbau von Partnerschaften im Bereich Batteriezellen. Die Gespräche sollen noch in diesem Jahr zum Abschluss gebracht werden. Die Neuausrichtung der Komponentenaktivitäten wolle man 2017 ebenfalls vorantreiben. Das Portfolio werde bereits bereinigt und stärker auf die E-Mobilität ausgerichtet, sagte der Konzernchef. Geplant ist hier eine eigenständige Geschäftseinheit. Gute Fortschritte bescheinigte Müller der Entwicklung des neuen Geschäfts mit Mobilitätsdienstleistungen unter der Konzernmarke Moia.Das Ziel einer operativen Konzernrendite von 7 bis 8 % für 2025 bekräftigte Müller gestern erneut. Die Quote für Sachinvestitionen und für Forschung und Entwicklung soll auf jeweils 6 % reduziert werden. Für 2017 stellt der VW-Konzern, wie seit Ende Februar bekannt, eine Steigerung der Umsatzerlöse um bis zu 4% und eine operative Rendite von 6 bis 7 % in Aussicht.