Rekordinvestitionen

Von Glasfaser-Kollaps keine Spur

Die alternativen Telekomanbieter rechnen auch 2024 mit deutlichen Zuwächsen bei Glasfaserinfrastruktur, warnen allerdings davor, dass das flächendeckende Ausbauziel 2030 verfehlt werde, wenn der Staat die "Verdrängungsstrategie der Telekom" nicht stoppt. 2023 wird die Rekordsumme von 13,6 Mrd. Euro investiert.

Von Glasfaser-Kollaps keine Spur

Von Kollaps keine Spur

Glasfaseranschlüsse legen ein Viertel zu – Telekom-Wettbewerber investieren 13,6 Mrd. Euro – Kritik an Überbau

Die alternativen Telekomanbieter rechnen auch 2024 mit deutlichen Zuwächsen bei Glasfaserinfrastruktur, warnten allerdings davor, dass das flächendeckende Ausbauziel 2030 verfehlt werde, wenn der Staat die "Verdrängungsstrategie der Telekom" nicht stoppt. 2023 wird die Rekordsumme von 13,6 Mrd. Euro investiert.

hei Berlin

Der Ausbau einer zukunftsfähigen Gigabit-Infrastruktur kommt in Deutschland voran. Wie der Verband der alternativen Telekomanbieter (VATM) auf einer Pressekonferenz in Berlin herausstellte, ist die Zahl der Glasfaseranschlüsse (FTTH/FTTB) im laufenden Jahr insgesamt um knapp ein Viertel auf 16,2 Millionen gestiegen, darunter worden 9 Millionen Anschlüsse von den Wettbewerbern der Telekom gebaut, der Bonner Konzern selbst stellte bisher 7,2 Millionen fertig. Dabei wurde nach den Worten von VATM-Präsident David Zimmer die Rekordsumme von 13,6 Mrd. Euro investiert, 60% davon trugen die alternativen Anbieter. "Wie man angesichts dieser Zahlen von einem Kollaps sprechen kann, ist mir schleierhaft", kritisierte der Gründer von Inexio, die von Deutsche Glasfaser übernommen worden war. Allerdings sind 8 von den 16 Millionen Anschlüssen nicht vollständig ausgebaut, sondern nur bis in Hausnähe vorbereitet.

Geringere Kapitalzusagen

Auch für das kommende Jahr rechnet er mit substanziellem Wachstum. Die vom VATM beauftragte Dialog Consult geht für 2024 insgesamt von 44 bis 46 Millionen gigabitfähigen Anschlüssen aus nach 42,7 Millionen bisher. Dabei sollte der Zuwachs von bis zum 3,3 Millionen ganz überwiegend durch Glasfaser realisiert werden, denn die Kabelnetze, die derzeit noch fast zwei Drittel der gigabitfähigen Anschlüsse ausmachen, wachsen nur noch marginal. Zimmer räumte allerdings ein, dass die "gestiegenen Zinsen und geringere Kapitalzusagen" sich bemerkbar machen.

Darüber hinaus drückt der Schuh die Branche aber noch an anderer Stelle. Für den Glasfaserausbau in primär ländlichen Gegenden seien über 1000 Förderanträge im Volumen von 7 Mrd. Euro bei den Behörden eingegangen. "Das ein solcher Förder-Tsunami alle Beteiligten, auch die Kommunen, heillos überfordert, ist doch völlig klar", wetterte Zimmer. Er forderte die Rückkehr zu einem vernünftigen Förderregime.

Kalkulation hinfällig

Mehr noch als ein fehlgeleitetes Förderregime belastet die alternativen Anbieter aber die "Verdrängungsstrategie der Telekom", wie Zimmer es nennt, die Unternehmen wettern schon länger gegen den vom Bonner Konzern betriebenen "Überbau" von Glasfaser der Wettbewerber. Die Telekom setzt dabei auf "Infrastrukturwettbewerb", indem sie zu einem bestehenden Netz ein eigenes parallel legt. Indes betrifft dies nach Angaben des Konzerns nur rund 2% des bisherigen Ausbaus. Die Wettbewerber sind davon indes doppelt getroffen. Ihre Rentabilitätskalkulation fällt in der Regel bereits zusammen, wenn die Telekom in einer Kommune einen Parallelausbau auch nur ankündigt.

Zimmer unterstellt dem Konzern dabei ein gezieltes Vorgehen. Es sei auffällig, dass die Telekom den Glasfaserausbau zwar vorantreibe, in der Vermarktung aber nicht nachhalte, so dass die sogenannte Take-up-Rate, also die Rate der angeschlossenen Haushalte, die auch einen Service-Vertrag dafür unterschreiben, bei der Telekom deutlich geringer sei als beim Wettbewerb. So hat der Bonner Riese von seinen 7,2 Millionen Anschlüssen bisher nur 1 Million tatsächlich unter Vertrag. Da viele Kunden bereits einen leistungsstarken DSL-Anschluss bei der Telekom haben, auf Basis des Kupferkabels, sei ein schneller Take-up für die Telekom weniger entscheidend als für den Wettbewerb. Mit dem vorhandenen Anschluss sichere sie die Kunden, Zimmer.

Zu wenig Wholebuy

Der Manager beklagt die geringe Bereitschaft der Telekom zu Open Access. Viele regionale Anbieter und auch überregionale wie die Deutsche Glasfaser hatten darauf gesetzt, dass die Telekom, die stets betont, dass sie die gesamte Republik nicht allein versorgen könne, im ländlichen Raum auch die Glasfasernetze der Konkurrenz anmieten würde, sogenanntes Wholebuy. Darauf ist der Konzern jedoch kaum eingegangen. Zimmer warnte vor den Folgen. Das Ziel einer flächendeckenden Glasfaserversorgung für Deutschland 2030 sei gefährdet, wenn es keine zielgerichtete Regulierung gebe. "Dann ist das ein Scheitern mit Ansage".

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