Vorzüge für die Familie Schaeffler

Umwandlung eines Teils der Stammaktien schafft Platzierungsreserve - Stimmrechte bei Mutter und Sohn

Vorzüge für die Familie Schaeffler

Die Eigentümerfamilie des Zulieferers Schaeffler will sich mit einer Umwandlung von 25 % des Grundkapitals von Stamm- in Vorzugsaktien mehr Spielraum verschaffen. CEO Klaus Rosenfeld wertet dies als Vorratsbeschluss, um in der Lage zu sein, schnell agieren zu können und die Aktien auf Holdingebene auch als Akquisitionswährung einsetzen zu können.wb Frankfurt – Neues von den Finanzingenieuren aus Herzogenaurach: Die Familie, die 100 % der Stammaktien an Schaeffler hält, verschafft sich nach den Plänen von Klaus Rosenfeld eine Platzierungsreserve. In einem eher ungewöhnlichen Schritt plant der CEO der operativen AG, der auch als einziger Familienfremder Mitglied der Holdinggeschäftsführung ist, eine teilweise Umwandlung der Stammaktien in Vorzüge. Georg Schaeffler und seine Mutter Maria-Elisabeth Schaeffler-Thumann behalten unabhängig von dieser zusätzlichen Flexibilität das Sagen, das Unternehmen soll familiendominiert bleiben. Der Aktienkurs reagierte kaum auf die Pläne. Bisher ist das Grundkapital des seit Herbst 2015 notierten Unternehmens eingeteilt in 666 Millionen Aktien, davon 126 Mill. Euro oder 25 % in Vorzugsaktien. Die Vorzüge bringen derzeit 2,2 Mrd. Euro auf die Waage. Die Stämme sind nicht notiert und sollen auch nicht zum Handel zugelassen werden. Geplant ist die Wandlung weiterer 25 % des Grundkapitals in Vorzüge. Darüber wird eine ao. Hauptversammlung (HV) der Vorzugsaktionäre am 20. April in Nürnberg beschließen. Anders als in regulären Aktionärstreffen, in denen allein Mutter und Sohn Schaeffler abstimmen dürfen, sind bei dieser ao. Sitzung allein die Vorzugsaktionäre stimmberechtigt, denn es geht dort ja um einen möglicherweise größeren Streubesitz in dieser Gattung. Die Vorzugsaktionäre sollen diesem Umwandlungsbeschluss in der gesonderter Veranstaltung im Anschluss an die ordentliche HV zustimmen, wobei 75 % der Präsenz für das Plazet erforderlich sind. Ein Jahr ZeitNach Vollzug der Umwandlung wird das Grundkapital der AG dann eingeteilt sein in 332 Millionen Vorzüge und 334 Millionen Stämme. Dies wäre eine Situation, die der von Fuchs Petrolub oder Sartorius ähnelt, mit einem großen Unterschied: Dort sind auch die Stämme notiert. Beim Gabelstaplerhersteller Jungheinrich sind indessen wie bei Schaeffler lediglich die Vorzugsaktien gelistet. Eine Kapitalerhöhung ist mit der Transaktion Rosenfelds naturgemäß nicht verbunden, und an der Börsennotierung der bestehenden Vorzugsaktien ändert sich ebenfalls nichts. Es sei aber vorgesehen, auch die neuen Vorzugsaktien zum Handel zuzulassen. Die familiäre Holding IHO Verwaltungs GmbH hat sich, wie es weiter heißt, als Inhaberin der zur Umwandlung vorgeschlagenen Stammaktien verpflichtet, die neu zu schaffenden Vorzüge bis zum 30. April 2019 nicht zu veräußern. Rosenfeld und sein IR-Team werden das ungewöhnliche Konzept – im allgemeinen Trend liegt eher die Wandlung von Vorzügen in Stämme – nun zunächst den institutionellen Investoren und Proxy-Beratern vorstellen. Für den Streubesitz ändert sich aus der Transaktion nichts – weder positiv noch negativ. Die Familie gewinnt allerdings an Flexibilität hinzu. Die Holding wird finanziell gespeist allein von den (für 2017 erhöhten) Dividenden der Schaeffler AG und dem Anteil von 46 % am Dax-Konzern Continental. Für letzteres Paket werden rund 410 Mill. Euro für voriges Jahr vereinnahmt, die Schaeffler AG wirft etwa 270 Mill. Euro ab. Sie steht brutto mit etwa 4 Mrd. Euro in der Kreide, ist aber langfristig finanziert, so dass sich vorzeitige Tilgungen wegen der dann anfallenden Vorfälligkeitsentschädigungen kaum lohnen würden. Liquidität soll besser investiert werden, statt dafür negative Zinsen an Banken zu zahlen. Sie kann nach der Wandlung mit der zur Verfügung stehenden Liquidität flexibler agieren, die neuen Vorzüge etwa als Akquisitionswährung nutzen, als Underlying zur Ausgabe von Wandelanleihen verwenden oder über eine Platzierung Mittel zu generieren. Der TestfallEnde 2017 hatte IHO einen ersten Expansionsschritt getan: Die Schaeffler-Holding kaufte dem Finanzinvestor 3i den Prüfdienstleister Atesteo ab. Es war das erste und ist sicherlich nicht letzte Investment außerhalb der beiden börsennotierten Konzerne. Angaben zum Kaufpreis für das Ingenieurunternehmen wurden nicht gemacht, die Bewertung wurde auf deutlich mehr als 400 Mill. Euro taxiert, das Ergebnis-Vielfache soll unter 20 liegen. Atesteo ist ein Dienstleister für die Fahrzeugbranche. Die Schaeffler-Holding hat jeweils drei Anleihen in Dollar und Euro ausstehen. Nächste Fälligkeit ist für zwei Bonds (2,75 und 4,125 %) 2022. Die AG war 2015 über eine Privatplatzierung an die Börse gegangen, auf die Rechtsform einer Kommanditgesellschaft auf Aktien, die insbesondere bei Familienunternehmen beliebt ist, wurde dabei nicht gesetzt.