Autoindustrie

VW setzt 2024 auf Performance-Programme der Marken

VW sieht Grund zur Zuversicht. Verwiesen wird auf die Performance-Programme der Marken und eine Rekordzahl an Produktneuheiten 2024. Anleger zeigen sich nach Erläuterung der bereits seit Anfang März bekannten Vorjahreszahlen und des Ausblicks skeptisch. Die VW-Vorzüge sanken am Mittwoch um mehr als 5%.

VW setzt 2024 auf Performance-Programme der Marken

Volkswagen setzt 2024 auf Performance-Programme

Konzernchef Blume mahnt Planungssicherheit bei Elektromobilität an – Geringeres Wachstum bei Fahrzeugauslieferungen erwartet

VW sieht Grund zur Zuversicht. Verwiesen wird auf die Performance-Programme und eine Rekordzahl an Produktneuheiten 2024. Anleger zeigen sich nach Erläuterung der bereits seit Anfang März bekannten Vorjahreszahlen und des Ausblicks skeptisch. Die VW-Vorzüge sanken am Mittwoch um mehr als 5%.

ste Hamburg

Volkswagen avisiert für 2024 mit mehr als 30 Modellneuheiten über alle Marken hinweg die größte Produktoffensive in der Geschichte des Konzerns, prognostiziert aber ein geringeres Wachstum bei den Fahrzeugauslieferungen verglichen mit dem vergangenen Jahr. So stellen die Wolfsburger nach Angaben in ihrem am Mittwoch vorgestellten Geschäftsbericht 2023 in Aussicht, in diesem Jahr „unter herausfordernden Marktbedingungen“ um bis zu 3% zuzulegen. Im abgelaufenen Turnus waren die weltweiten Auslieferungen um 11,8% auf 9,24 Millionen Fahrzeuge gestiegen. Dabei kamen vollelektrische Fahrzeuge (BEV) auf einen Anteil von 8,3 (i.V. 6,9)%. Für 2024 rechnet VW mit 9 bis 11%.

Konservativer geplant

Konzernchef Oliver Blume unterstrich während der Jahrespressekonferenz in Berlin die beim Kapitalmarkttag im Juni vorigen Jahres vorgegebene strategische Ausrichtung des Konzerns auf wertschaffendes Wachstum. Es gehe nicht um höheres Absatzvolumen um jeden Preis. „Wir haben in unserer Planungsrunde auch die Absatzvolumen deutlich konservativer angesetzt, möglicherweise auch realistischer, um die richtigen strategischen Schlüsse zu ziehen.“ Davon leite sich auch die Kapazitätsplanung ab, insbesondere die strategische Werkebelegung.

Ende September vorigen Jahres hatte die Kernmarke VW Pkw, die nach einer 2023 auf 4,1 (3,6)% gestiegenen Umsatzrendite im Zuge einer geplanten Ergebnisverbesserung um 10 Mrd. Euro von 2026 an auf ein nachhaltiges Niveau von 6,5% kommen soll, Pläne für ihre deutschen Produktionsstandorte bis 2028 vorgestellt. Unter anderem wurde mitgeteilt, dass man Pläne für den mit Milliardeninvestitionen verbundenen Bau eines weiteren Werks in Wolfsburg für das Elektroautoprojekt „Trinity“ aufgegeben habe.

Markt in Europa schrumpft

Blume erklärte, es sei nicht damit zu rechnen, dass der europäische Markt mit einem jährlichen Absatz von 14 Millionen Fahrzeugen auf sein früheres Niveau von 16 Millionen zurückkehren werde. Bei 2 Millionen fehlenden Fahrzeugen und einem VW-Marktanteil von 25% müsse man sich auf 500.000 weniger Fahrzeuge pro Jahr einstellen. Das gelinge „im ersten Zug“ über eine Stammpersonalorientierung, die man erstmals in der Unternehmensgeschichte anwende, und durch Absetzung von Schichtmodellen, verbunden mit technischen und arbeitsorganisatorischen Anpassungen. Derzeit habe man in Deutschland die Chance, dies mithilfe der demografischen Kurve „ordentlich abzuwickeln“.

Mit Blick auf die schwächelnde BEV-Nachfrage sowie jüngste Diskussionen über eine mögliche Abkehr vom Verbot des Verkaufs neuer Verbrennerfahrzeuge in der EU ab 2035 bekannte sich der VW-Chef zur E-Mobilität. Es müssten aber wesentliche Rahmenbedingungen in Europa geschaffen werden, was eine Gemeinschaftsaufgabe der Autohersteller, der Politik und Kommunen sei. Wenn man Impulse für den Absatz von Elektroautos in niedrigeren Preissegmenten geben wolle, seien Prämien von besonderer Bedeutung. „Da brauchen wir Planungssicherheit.“

Diese Anreize müssten gesetzt werden, wenn man gesamthaft zur Elektromobilität stehe. „Ich halte nicht viel davon, dass man bei jedem Gegenwind jetzt gleich wieder alles infrage stellt.“ Elektromobilität sei „klar die Technologie der Zukunft“, so Blume. Autohersteller trügen eine Verantwortung für das Klima. Politisch verbindliche Rahmenbedingungen seien wichtig, allerdings auch realistische CO₂-Ziele. Eine Transformation verlaufe nicht linear, es bedürfe mehr Flexibilität, um Ziele auch anpassen zu können.

Arbeit an E-Auto-Strategie

Für preisgünstigere E-Autos im Konzern arbeiten derzeit die Volumenmarken VW, Škoda und Cupra an einem Konzept für Fahrzeuge ab 25.000 Euro. Es sei aber strategisch auch ein richtiger Ansatz, in ein noch niedrigeres Einstiegssegment zu kommen, sagte Blume. Der VW-Konzern habe eine „gesellschaftliche Verpflichtung“, auch jungen Menschen den Zugang zu den Marken zu ermöglichen. Zugleich biete sich die Chance, junge Käufer an die Marken zu binden. „Wir schließen Partnerschaften in diesem Umfeld nicht aus“, fügte der VW-Konzernchef mit Verweis auf eine erforderliche günstige Kostenposition hinzu. Im Laufe dieses Jahres soll entschieden werden, „in welche Richtung das Ganze geht“. Im zweiten Halbjahr wollen die Wolfsburger auch eine neue „Konzernstrategie 2035“ vorstellen.

Finanzchef Arno Antlitz sagte, mit einem Elektroauto für 20.000 Euro Geld zu verdienen, sei „unglaublich schwierig“. Dafür müsse „alles stimmen“. Zugleich zeigte er sich überzeugt, dass es bei Einführung eines Elektroautos „mit dem Arbeitstitel ID1“ keinen Grund geben werde, von dem ab 2026 angestrebten Ziel einer operativen Rendite von 6,5% bei der Marke VW abzuweichen. Diese Marge der Kernmarke soll in der Markengruppe „Core“ ein Niveau von 8% ermöglichen.

Um das bereits Anfang März für 2024 im Konzern avisierte operative Margenziel von 7 bis 7,5 (i.V. 7,0)% zu erreichen, seien die Performance-Programme der Marken wichtig, sagte Antlitz weiter. Der starke Rückenwind 2023 durch einen ungewöhnlich hohen Auftragsbestand in Europa im Zusammenhang mit dem Halbleitermangel habe sich abgeschwächt. Konzernweit wird bis Jahresende ein nachhaltiger positiver Ergebniseffekt nach vorne heraus von mehr als 10 Mrd. Euro erwartet, wobei allein die Marke VW 4 Mrd. Euro liefern soll.

Vorstand leistet Beitrag

Im Zusammenhang mit den Effizienz- und Sparmaßnahmen wollen die Mitglieder des Konzernvorstands Blume zufolge „zunächst“ in diesem Jahr auf Gehaltsteile verzichten. Man werde das Fixum um 5% nach unten setzen. Alle müssten einen Beitrag leisten, „um uns in eine deutlich robustere finanzielle Situation zu bringen“. Im vergangenen Jahr belief sich die Gesamtvergütung des Konzernchefs ohne Versorgungsaufwendungen auf 8,7 Mill. Euro, darunter feste Vergütungsbestandteile von knapp 2,5 Mill. Euro.

Die Einführung der Produktneuheiten zu managen, mache 2024 auf der finanziellen Seite anspruchsvoll, so Blume. Um hier auszubalancieren, spielten die Performance-Programme eine große Rolle. Es sei aber andererseits „eine riesige Chance, um dann durchzustarten“. Finanzchef Antlitz sagte mit Blick auf die Prioritäten aus finanzieller Sicht, in diesem Jahr gelte es neben der Konzentration auf die Anläufe der neuen Fahrzeuge, die Kostenbasis massiv zu verbessern, Synergien im Konzern stärker zu nutzen und sich regional robuster aufzustellen, d.h. das Aufholprogramm in China umzusetzen und in Nordamerika weiter profitabel zu wachsen.

Investitionsquote soll bald sinken

Um den Cashflow des Unternehmens deutlich zu steigern, will VW die Sachinvestitionen sowie Forschungs- und Entwicklungskosten im Konzernbereich Automobile gemessen am Umsatz reduzieren. Die Investitionsquote, die in diesem Jahr bei 13,5 bis 14,5 (i.V. 13,5)% auf ihrem Höhepunkt erwartet wird, soll bis 2027 auf unter 11% und bis 2030 auf rund 9% sinken. Im Fünfjahreszeitraum von 2024 bis 2028 plant VW mit Investitionen von 180 Mrd. Euro, von denen rund 130 Mrd. Euro in Elektrifizierung und Digitalisierung fließen sollen.

Den Rest verwende man, so Finanzchef Antlitz, „in den nächsten ein bis zwei Jahren“, um die Verbrennertechnologie wettbewerbsfähig zu halten. Danach würden die Verbrenner-Investitionen „ausphasen“. Der zweite Schritt für mehr Investitionseffizienz sei die künftige Scalable Systems Platform (SSP) als einheitliche Basis mit integrierter Elektro- und Elektronikarchitektur, durch die Synergien im Konzern stärker genutzt werden sollen. Für den Zeitraum 2025 bis 2029 sehen die Wolfsburger ein um 10 Mrd. niedrigeres Investitionsbudget von 170 Mrd. Euro vor.

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