VW weitet Zellproduktion in Europa aus
ste Hamburg
Volkswagen plant mit deutlich mehr Kapazitäten zur Produktion von Batteriezellen in Europa, um den steigenden Zellbedarf abzudecken. Wie der Wolfsburger Konzern auf dem ersten virtuellen „Power Day“ ankündigte, sollen bis 2030 gemeinsam mit Partnern insgesamt sechs Zellfabriken in Europa in Betrieb genommen werden, um die Versorgung zu sichern. Die neuen Werke sollen im Endausbau Zellen mit einem Energiegesamtwert von 240 Gigawattstunden (GWh) pro Jahr produzieren.
Die ersten beiden Fabriken entstehen den Angaben zufolge im schwedischen Skellefteå sowie in Salzgitter. Die bislang geplante Zellproduktion werde aufgrund des höheren Bedarfs neu aufgestellt, teilte VW mit. Die Produktion von Volkswagen Premium-Zellen werde in Zusammenarbeit mit Northvolt in der schwedischen Gigafabrik „Northvolt Ett“ in Skellefteå konzentriert. Die Produktion dieser Zellen solle 2023 beginnen und schrittweise auf bis zu 40 GWh Jahreskapazität ausgeweitet werden.
Der schwedische Batteriespezialist Northvolt, mit dem VW vor zwei Jahren eine Zusammenarbeit vereinbart hatte, erklärte, die Kooperation werde sich stärker auf die Gigafabrik in Schweden fokussieren, was durch einen Auftrag über 14 Mrd. Dollar durch VW für die kommenden zehn Jahre unterstützt werde. Im Gegenzug für eine Aufstockung der VW-Beteiligung an Northvolt werden die Schweden ihren Anteil an dem Joint-Venture Northvolt Zwei in Salzgitter an VW abgeben. 2019 hatte VW über Investitionen von rund 900 Mill. Euro für gemeinsame Batterieaktivitäten sowie über eine Beteiligung von zunächst rund 20% an dem Batteriehersteller informiert.
Die nun von Volkswagen betriebene Gigafabrik in Salzgitter soll ab 2025 die geplante Einheitszelle für das Volumensegment produzieren und Innovationen in Prozess, Design und Chemie entwickeln. Auch Salzgitter werde perspektivisch bis zu 40 GWh pro Jahr fertigen, erklärte der VW-Konzern. Durch die Neuaufstellung sollen den Angaben zufolge bessere Skaleneffekte erzielt und die Produktionskomplexität reduziert werden. Beide Gigafabriken sollen zudem mit Strom aus erneuerbaren Energien betrieben werden. Für weitere Fabriken würden derzeit mögliche Standorte und Partner geprüft. Im Gespräch sind bislang ein Werk in Spanien, Portugal oder Frankreich sowie in Tschechien, der Slowakei oder Polen.
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil, für das mit 20% beteiligte Land Mitglied im Aufsichtsrat von VW, machte sich für eine Fabrik an der Nordseeküste stark. Bei der räumlichen Nähe zu den Werken in Wolfsburg, Hannover und Emden habe die Entscheidung , in Salzgitter Batteriezellen für das Volumensegment zu fertigen, nahegelegen, sagte der SPD-Politiker. Für mindestens eine der weiteren von VW angekündigten Fabriken zur Produktion von Batteriezellen biete sich die niedersächsische Küste an. Zellfertigung und Batteriebau seien sehr energieintensive Produktionen. „Es liegt also nahe, eine Produktionsstätte dort zu errichten, wo Windenergie in ausreichendem Maß verfügbar ist.“
Um die Elektromobilität endgültig erschwinglich und zur Hauptantriebstechnologie zu machen, soll neben der geplanten Eigenfertigung vor allem die neue Einheitszelle für Kostenvorteile sorgen. Diese Einheitszelle werde ab 2023 eingeführt und 2030 markenübergreifend in bis zu 80% aller E-Fahrzeuge des Konzerns verbaut werden, kündigte VW an. Weitere Einsparungen sollen durch Optimierung des Zelltyps, innovative Produktionsmethoden und Recycling erreicht werden. Die Kosten für Batterien im Einstiegssegment will VW schrittweise um bis zu 50%, im Volumensegment um bis zu 30% reduzieren. Die neue prismatische Einheitszelle biete zudem beste Voraussetzungen für den Übergang zur Festkörperzelle, den ab Mitte des Jahrzehnts erwarteten nächsten Technologiesprung. Wie VW weiter erläuterte, soll die Batterieoffensive mit einem massiven Ausbau des Schnellladenetzes einhergehen. Bis 2025 wolle man im Verbund mit Partnern rund 18000 öffentliche Schnellladepunkte in Europa betreiben – eine Verfünffachung des Netzes verglichen mit heute.
Am Tag vor der Jahrespressekonferenz des Konzerns legte die VW-Aktie um 2,4% zu. Am Wochenende hatte VW eine Einigung über den Abbau weiterer Stellen bekannt gegeben. Zum geplanten Abbau der Fixkosten um 5% bis 2023 stehen angeblich in der neuen Sparrunde zunächst bei der Kernmarke VW in Deutschland bis zu 5000 Arbeitsplätze auf der Kippe. Da bereits vor zwei Jahren betriebsbedingte Kündigungen bis 2029 ausgeschlossen wurden, sollen die Einsparungen bei den Personalkosten über ein umfassendes Altersregelungspaket sowie über eine Verlängerung des Einstellungsstopps mit Ausnahme von Zukunftsbereichen wie Batteriezellentwicklung erreicht werden.