Dieselgate

VW zurrt Vergleich fest

Nach dem angekündigten Vergleich mit den ehemaligen Vorständen Martin Winterkorn und Rupert Stadler wegen der Dieselmanipulationen sind die Aktionäre von Volkswagen am Zug. In ihrer Einladung zur Hauptversammlung am 22. Juli nennt die Verwaltung Details, die zur Abstimmung anstehen.

VW zurrt Vergleich fest

sck München – Volkswagen will die außergerichtliche Einigung mit der Gegenseite und die Vereinbarung mit den D&O-Versicherern im Rechtsstreit um Schadenersatzforderungen endgültig festzurren (vgl. BZ vom 10. Juni). In ihrer Einladung zur ordentlichen virtuellen Hauptversammlung (HV) am 22. Juli geben Vorstand und Aufsichtsrat ausführlich Auskunft über die Modalitäten. Die Aktionäre müssen dem zustimmen. Das dürfte eine Formsache sein. So verfügt allein der größte VW-Einzelaktionär, die Porsche Automobil Holding, über 53,3% des stimmberechtigten Grundkapitals (vgl. Grafik).

Im Detail sollen gemäß Tagesordnungspunkt 10 die ehemaligen VW-Vorstände Martin Winterkorn (Vorsitz) und Rupert Stadler (Audi) Millionen an ihre früheren Arbeitgeber leisten. Für Winterkorn bestätigte die Verwaltung die Summe von insgesamt 11,2 Mill. Euro. Diesen „Eigenbeitrag“ hat er zum Großteil (7,2 Mill. Euro) an VW zu überweisen, aufgeteilt in zwei Tranchen zu jeweils 3,6 Mill. Euro. Zudem verzichtet der Ex-CEO auf einen Bonusanspruch (Long-Term Incentive) von 2,7 Mill. Euro und auf eine Sondervergütung von 1,3 Mill. Euro für das Geschäftsjahr 2016.

Stadler, gegen den seit 2020 vor dem Landgericht München ein Strafverfahren wegen der Dieselmanipulationen läuft, soll insgesamt 4,1 Mill. Euro als „Eigenbeitrag“ aufbringen. Diese Summe setzt sich überwiegend zusammen aus dem Verzicht auf Abfindungen (3,6 Mill. und 0,1 Mill. Euro) und einem Verzicht auf einen Long-Term-Incentive-Bonusanspruch von 0,4 Mill. Euro. Im Gegensatz zu Winterkorn muss der ehemalige Audi-CEO der Vereinbarung zufolge damit keinen Betrag direkt an VW bzw. ihre Ingolstädter Tochtergesellschaft überweisen.

„Pflichten fahrlässig verletzt“

Viel größer hingegen ist die Summe, die VW nach einer Einigung über Entschädigungszahlungen aus der Managerhaftpflichtversicherung erhält. An diesem sogenannten „Deckungsvergleich“ sind Audi und Porsche beteiligt. Gemäß Tagesordnungspunkt 11 des anstehenden Aktionärstreffens muss eine Gruppe von Versicherern um Zurich Insurance insgesamt 270 Mill. Euro zahlen. Diese Summe teilt sich auf in „Regulierungsbeträge“ für 2015 (262 Mill. Euro) und für 2021 (8 Mill. Euro).

In den Vereinbarungen mit Winterkorn und Stadler weist die Verwaltung darauf hin, dass die beiden Ex-Vorstände ihre Leistungspflichten unter anderem „ohne Anerkenntnis einer Schadensersatzpflicht oder einer Haftungsschuld“ übernehmen. Winterkorn lässt sich vertreten von Rechtsanwalt Kersten von Schenck und der Kanzlei Cyprus Rechtsanwälte PartG mbB, beide mit Sitz in Frankfurt am Main. Rechtsbeistand von Stadler ist Michael Kliemt aus Düsseldorf.

Die zivilrechtlichen Forderungen von VW gegenüber den beiden Topmanagern beruhen den Angaben zufolge auf einem Gutachten der Kanzlei Gleiss Lutz. Demnach haben beide ihre aktienrechtlichen Sorgfaltspflichten „fahrlässig“ verletzt. Im Fall von Winterkorn habe dieser es im Juli 2015 unterlassen, „die Hintergründe des Einsatzes unzulässiger Softwarefunktionen in 2,0-l-TDI-Motoren, die in den Jahren 2009 bis 2015 im Markt NAR vertrieben wurden, unverzüglich und umfassend weiter aufzuklären“. Zudem habe er „es unterlassen, sicherzustellen, dass in diesem Zusammenhang gestellte Fragen der US-amerikanischen Behörden umgehend wahrheitsgemäß und vollständig beantwortet werden“. Nachdem die Manipulationen im September 2015 aufgeflogen waren, trat der damalige VW-CEO zurück.

Unterlassungssünden

In der Causa Stadler wirft die Verwaltung diesem vor, fahrlässig gehandelt zu haben, „indem er es (…)  unterließ, unverzüglich auf eine zielgerichtete und systematische Untersuchung der von Audi für die europäischen Märkte entwickelten 3,0-l-V6- und 4,2-l-V8-TDI-Motoren hinzuwirken, um feststellen zu lassen, ob die Emissionskontrollsysteme der betroffenen Fahrzeuge unzulässige Abschalteinrichtungen enthielten“. Audi und VW hatten sich im Herbst 2018 von Stadler getrennt.