Wachstum für SGL noch Zukunftsmusik
wb Frankfurt – “Wir sind ein Wachstumsunternehmen”, betont Jürgen Köhler, der Chef von SGL Carbon, gerne. Doch viel von der Selbsteinschätzung ist Zukunftsmusik. Denn im laufenden Jahr tritt der Kohlenstoffspezialist eher auf der Stelle. Wie Köhler zur Bilanzvorlage ankündigte, soll das Ergebnis vor Zinsen und Steuern 2019 stabilisiert werden. Aus fortgeführten Aktivitäten wird ein ausgeglichenes Ergebnis erwartet und ein Umsatzplus in mittlerer einstelliger Prozenthöhe.Die Mittelfristziele sehen ein Wachstum von im Schnitt 8 bis 9 % p. a. auf 1,4 Mrd. Euro Umsatz 2022 vor. Dann soll die Nettogewinnmarge bei 6 bis 7 % liegen und die Kapitalverzinsung mindestens 12 % ausmachen. Umsatzwachstum, höhermargige Produkte in den beiden verbliebenen Sparten und Effizienzsteigerungen sollen dazu führen. Für die Grafitsparte mit etablierten Produkten in traditionellen Märkten sei “lineares”, moderates Wachstum zu erwarten, im projektgetriebenen Geschäft mit Verbundwerkstoffen für neue Anwendungen richten sich die Hoffnungen von Köhler und seinem CFO Michael Majerus erst auf das Ende ihrer Planungszeit. Ein wichtiger Wachstumstreiber sei das Geschäft mit der Autoindustrie, die SGL mit leichten Karosseriebauteilen aus carbonfaserverstärkten Kunststoffen beliefert. Der Trend zur Elektromobilität schiebe auch das Geschäft mit Grafit für Lithium-Ionen-Batterien an. Nach der Einverleibung zweier vormaliger Joint Venture – mit BMW und Benteler – verfüge SGL über die gesamte Wertschöpfungskette. Das Unternehmen sei heute weniger zyklisch als in der alten Aufstellung und in der Abnehmerstruktur diversifizierter. SGL verfügt aus der Vergangenheit über steuerlich nutzbare Verlustvorträge von 1,5 Mrd. Euro.Investoren nahmen dem SGL-Duo die Botschaft ab: Die Aktie legte gestern 9 % zu. Der Kurs war im Dezember nach Vorlage des Fünfjahresplans nach unten geprügelt worden. Die Aktionäre mit der Quandt-Erbin Susanne Klatten (28,5 %) und BMW (18,4 %) an der Spitze müssen an Wachstum glauben, statt Dividende einzustreichen: Die ist auf Jahre hinaus nicht in Sicht.In der Finanzierung steht die schon im Dezember angekündigte Anleihe über 275 Mill. Euro dieses Jahr auf dem Programm. Mit Banken wurde jüngst ein von 50 Mill. auf 175 Mill. Euro ausgeweiteter Konsortialvertrag abgeschlossen. 2019 soll der negative freie Cash-flow auf einen niedrigen zweistelligen Millionenbetrag aufpoliert werden.