Wette in Utah geht auf
Von Walther Becker, Frankfurt70 Mill. Dollar 2012, 150 Mill. Dollar 2014 und 180 Mill. Dollar 2017: In drei Finanzierungsrunden haben die US-Wagniskapitalfonds Accel (dreimal) sowie Sequoia und Insight Ventures (je zweimal) in die 2002 gegründete Qualtrics investiert. Die Serie C stand bei einer Bewertung von 2,5 Mrd. Dollar. Nachdem Qualtrics sich zunächst lange Venture Capital verschlossen hatte, sollte jetzt der erste Zahltag beim Börsengang sein mit einer Bewertung von 5 Mrd. Dollar – als Tickersymbol an der Nasdaq war XM angemeldet, wie die Qualtrics-Plattform heißt. Angepeilt wurde ein Emissionserlös von 500 Mill. Dollar. Doch schnappt sich SAP den CRM-Spezialisten und legt 3 Mrd. Dollar drauf. Nicht nur bei den drei Urgesteinen des Venture Capital im Silicon Valley, die immerhin etwa 40 % halten sollen, was 3,2 Mrd. Dollar entspräche, können die Korken knallen, sondern vor allem in Utah: Denn dort ist das Start-up als Familienunternehmen aufgebaut worden. CEO Ryan Smith gehören zusammen mit seiner Familie 60 %. Arbeiten müsste der Milliardär längst nicht mehr, doch bleibt er auch unter dem Dach des Dax-Konzerns in der Firma tätig. Quattrone dabeiDer Deal hilft auch einem der Stars der New Economy zu neuem Glanz: Frank Quattrone, dem CEO von Qatalyst Partners, die zuletzt etwa Microsoft bei der Linkedin-Übernahmen zur Seite stand und NXP beim (geplatzten) Halbleiter-Deal mit Qualcomm für 26 Mrd. Dollar beraten hat. Damit macht der 1955 geborene Quattrone, ehemals Starbanker der Credit Suisse, seinem Ruf als Rainmaker wieder alle Ehre – auf der anderen Seite steht J.P. Morgan, die SAP berät. Ohne Quattrone und sein Netzwerk lief bei Tech-Börsengängen zum New-Economy-Hype wie von AOL, Cisco und Amazon fast nichts. Doch soll er einige “Freunde von Frank” bevorzugt mit Aktien bedient haben. Es wurde gegen ihn ermittelt, doch 2006 war Quattrone rehabilitiert. Und die Risikokapitalisten, die damals unterwegs waren und Milliarden gescheffelt haben, sind fast dieselben wie heute. Accel Partners aus Palo Alto, 1983 gegründet, hat Tech-Firmen wie Facebook, Slack und Dropbox finanziert, zuletzt 2016 einen Fonds über 2 Mrd. Dollar aufgelegt sowie separat 500 Mill. Dollar eingeworben für Investments in Israel und Europa – darunter Blablacar, Deliveroo, Spotify und Supercell. Zudem gibt es ein Vehikel für Indien. 2005 wurden 13 Mill. Dollar in Facebook investiert aus denen beim IPO 2012 dann 10 Mrd. Dollar wurden. Insight aus New York ist seit 1995 tätig und hat etwa in Twitter, Tumblr und Workforce frühzeitig Mittel gesteckt, hierzulande auch in Hellofresh. Sequoia aus Menlo Park, schon seit 1972 tätig, hat in mehr als 250 Unternehmen investiert, darunter Apple, Google, Oracle, Paypal, Youtube, Instagram und Whatsapp. Sequoia ist Dauerlieferant für Newcomer an der Nasdaq.Für diese Finanziers ist Qualtrics eine Supersache – nicht nur wegen der Bewertung von 8 Mrd. Dollar, die SAP mit der in Euro gerechnet größten Übernahme in der Firmengeschichte bietet. Sondern auch, weil das Unternehmen erst sehr spät Wagniskapital hereingenommen hatte, wurde das verbreitete Geldverbrennen bei Seed-Finanzierungen vermieden. Start-ups sind in der Mormonen-Region spärlicher gesät als etwa in Kalifornien. Zu den Großen dort zählen Ancestry.com, Insidesales.com und Domo.Mit der Transaktion meldet auch SAP die große Akquisition eines Unternehmens, das Enterprise Software bietet in der Erwartung, dass dieser Markt kräftig wächst. Vor zwei Wochen kündigte IBM an, sich Red Hat, den Pionier für Opensource-Software, für 34 Mrd. Dollar zuzulegen. Im Juni hatte Microsoft mitgeteilt, 7,5 Mrd. Dollar für Github, eine Softwareentwicklungs-Plattform, auf den Tisch zu legen. Hier gab es ebenfalls eine rasche Geldvermehrung: Bei der vorigen Finanzierungsrunde 2015 wurde Github mit 2 Mrd. Dollar bewertet. Und niemand anderes als Sequoia war auch hier einer der frühen Investoren.