"Wir haben Handschlag-Qualitäten"
Knapp ein Jahr nach dem Börsengang hat Godewind Immobilien die eingeworbenen Mittel zum großen Teil investiert. Nun nimmt das Management die nächste Expansionsstufe in den Blick. Mittelfristig soll das Portfolio auf 3 Mrd. Euro wachsen. Damit zeichnen sich weitere Kapitalerhöhungen ab.Von Helmut Kipp, FrankfurtEinige Monate herrschte Sendepause, dann ging es Schlag auf Schlag. “Anfangs wollten wir ein größeres Portfolio erwerben. Das hat sich aber zerschlagen”, begründet CEO Stavros Efremidis die Verzögerung beim Aufbau des Immobilienbestands. Stattdessen kaufte Godewind einzelne Bürokomplexe in Hamburg, Düsseldorf, Frankfurt und München an. Nach neun Transaktionen verfügt das Unternehmen nun über einen Immobilienbestand von 740 Mill. Euro. “Wir haben 100 % Office im Portfolio. Kein anderes börsennotiertes Unternehmen in Deutschland kann das von sich behaupten”, sagt Efremidis im Gespräch der Börsen-Zeitung. Größte Objekte sind das Frankfurt Airport Center mit 168 Mill. Euro Nettokaufpreis, das Quartier am Zeughaus in Hamburg (153 Mill. Euro) und die Herzog-Terrassen in Düsseldorf, die frühere Zentrale der WestLB (140 Mill. Euro).Bei ihren Übernahmen verfolgt Godewind eine Value-Add-Strategie. Das heißt: Es werden Immobilien erworben, die Spielraum für Wertsteigerungen bieten, etwa durch Abbau größerer Leerstände oder Neuverträge mit höheren Mieten als bisher. Mit diesem Ansatz hebe sich Godewind von Konkurrenten wie Alstria oder TLG ab. “Werte kann man heute nur heben, wenn man Immobilien erwirbt, an denen man arbeiten muss”, sagt Efremidis. Langfristig vermietete Immobilien seien sehr teuer. Das führe zu Renditen, “die nicht unseren Vorstellungen entsprechen”. Im Schnitt liegt der Leerstand nach seinen Angaben bei 28 %. Durch Steigerung der Belegung könne man also in den nächsten Jahren organisch wachsen. “Bei Vollvermietung wird der Portfoliowert auf mehr als 1 Mrd. Euro steigen”, ist Efremidis überzeugt, der vor seinem Godewind-Engagement zunächst den Wohnungsvermieter KWG Kommunale Wohnen hochzog und dann die insolvente Beteiligungsgesellschaft WCM als Gewerbeimmobilienfirma revitalisierte. KWG wurde von der österreichischen Conwert übernommen, die heute zu Vonovia gehört, WCM von der Berliner TLG.Weitere Alleinstellungsmerkmale seien, dass Godewind weder bei den Immobilien noch auf der Corporate-Seite Altlasten habe und der CEO massiv investiert sei. Beim IPO hat Efremidis nach eigenen Angaben für 25 Mill. Euro Aktien erworben. Er hält derzeit 12,02 % des Grundkapitals. Größter Aktionär ist der Kaufmann Karl Ehlerding mit 13,5 %, seine Söhne Karl Philipp und John Frederick halten 8,3 % bzw. 3,3 %. Bilaterale Deals bevorzugt”Beim Kauf eines großen Portfolios mag es Überraschungen geben – beim Erwerb von Einzelobjekten nicht”, sagt Efremidis. “Wir haben uns bei jeder gekauften Immobilie vergewissert, dass der Leerstand abbaubar ist.” Dafür seien technische Gutachten, Wertstudien und Nachfrageanalysen erstellt worden. “Auch der Aufsichtsrat fragt mich, warum der bisherige Eigentümer das Gebäude nicht vermietet kriegt”, räumt der Manager ein. Seine Antwort: “Bei uns hat das Management stark in die Gesellschaft investiert. Da ist die Motivation und die Identifikation eine andere als bei normalen AGs.” Zudem hätten einzelne Immobilien für Vorbesitzer mitunter nicht die höchste Priorität gehabt. Andere hätten die Nachfrage unterschätzt.Beim Ankauf würden Off-Market-Transaktionen, also bilaterale Deals, bevorzugt. Im Vergleich zu Auktionen verzichtet der Vorbesitzer dann zwar auf alternative Gebote, “aber er kann sicher sein, dass die Transaktion zustande kommt”, sagt Efremidis. “Ein Verkäufer sucht Schnelligkeit, Zuverlässigkeit und einen akzeptablen Preis, nicht unbedingt den Höchstpreis. Genau das geben wir ihm. Wir haben Handschlag-Qualitäten.”Bis auf einen Restbetrag von 50 Mill. Euro seien die Eigenmittel voll investiert, sagt Efremidis. Damit sei Phase 1 des Unternehmensaufbaus nahezu abgeschlossen. Nächster Schritt sei, operativ an den Assets zu arbeiten und den Leerstand abzubauen. In Phase 3 stehe der Ausbau des Portfolios auf 3 Mrd. Euro an. Dafür brauche Godewind allerdings weiteres Eigenkapital, räumt Efremidis ein. Plausibler Zeitraum für eine Kapitalerhöhung sei das zweite Halbjahr 2019, in der ersten Jahreshälfte werde der Markt “definitiv” nicht angezapft. Ebenfalls ausgeschlossen sei ein Ausgabekurs unter dem IPO-Preis von 4 Euro.Der Boom im Wohnungssektor habe dazu geführt, dass leere Büroflächen in Eigentumswohnungen umgewandelt und Grundstücke mit Wohnungen statt mit Büros bebaut worden seien. Dadurch sei viel Leerstand verschwunden. Inzwischen sei der Bürosektor von starken Verknappungen geprägt: “Der Leerstand liegt bundesweit nur noch bei 3 %. Dabei spricht man schon bei 5 % von Vollvermietung.” In Innenstadtlagen sei die Büroflächennot so groß, “dass selbst eine Rezession den Büromarkt nicht treffen wird”. Anfangsdividende für 2019Die Finanzierung laufe hauptsächlich über Hypothekenbanken. Efremidis peilt einen Verschuldungsgrad (Loan to Value) von 45 % bis 55 % an. Den durchschnittlichen Zinssatz veranschlagt er auf ungefähr 1,5 %. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Zinsen für Value-Add-Portfolien stets etwas höher seien als bei langfristig vermieteten Immobilien. Auf mittlere Sicht strebt Godewind eine Investment-Grade-Einstufung an. “Bei 2 Mrd. Euro Portfoliovolumen hätten wir die notwendige Größe für ein Rating”, meint der Manager.Den Kursabsturz nach dem IPO – Godewind war im April 2018 als leerer Mantel an die Börse gekommen – führt Efremidis auf die hohen Zuteilungsquoten bei der Aktienplatzierung, die Verzögerung beim Aufbau des Portfolios und den Ausstieg eines großen Aktionärs, des US-Hedgefonds Och-Ziff Capital Management, zurück. Ihr Tief markierte die Aktie bei 2,76 Euro – ein Minus von 31 % im Vergleich zum Ausgabepreis. Inzwischen hat sich die Notierung wieder auf rund 3,60 Euro erholt.Für das laufende Geschäftsjahr soll es laut Efremidis eine Anfangsdividende geben. Viele Zukäufe würden erst im Laufe des Jahres konsolidiert, gehen also nicht für das ganze Jahr in die Ertragsrechnung ein. Für den Aktionär sei die Ausschüttung auf absehbare Zeit steuerfrei, da sie aus dem steuerlichen Einlagenkonto stamme, das mit 133 Mill. Euro gefüllt sei.