"Wir werden die Kosten anpassen"
Der Autozulieferer Continental bereitet als Reaktion auf die schwache Entwicklung wichtiger Automärkte Kostensenkungen vor. Die Vorbereitungen auf den Teilbörsengang der Antriebssparte sind davon nicht tangiert. Ob und wann der Börsengang stattfindet, hängt aber vom Marktumfeld ab, wie Finanzvorstand Wolfgang Schäfer unterstreicht. Herr Schäfer, nach der neuen Gewinnwarnung: Wie schwierig ist die Lage für Continental?Wir haben im zweiten Quartal ein solides Ergebnis erzielt. Und das trotz schwacher Märkte, von denen wir erwarten, dass sie auch im zweiten Halbjahr rückläufig bleiben. Wir erwarten statt einer in etwa gleichbleibenden weltweiten Autoproduktion gemessen an rund 94 Millionen Einheiten im Vorjahr einen Rückgang um rund 5 % für 2019. Von einer Belebung im zweiten Halbjahr, mit der wir zu Beginn dieses Jahres gerechnet haben, gehen wir nicht mehr aus. Auch verglichen mit dem schwachen zweiten Halbjahr 2018 sehen wir in China und in den USA noch weitere Rückgänge. Das wirkt sich auf unseren Umsatz aus und damit auf unsere gesamte Geschäftssituation. Der Freie Cash-flow war auch im zweiten Quartal negativ. Wie zuversichtlich sind Sie, was die Jahresziele angeht?Unsere angepassten Jahresziele wollen wir erreichen. Wenn man sich unseren bisherigen Free Cash-flow ansieht, dann liegt die wesentliche Diskrepanz verglichen mit dem Vorjahr im ersten Quartal. Da haben wir wegen des Working Capital deutlich unter dem Vorjahreswert gelegen. Mit dem Working Capital gehen wir aber in die richtige Richtung, was die Differenz von rund 100 Mill. Euro verglichen mit dem zweiten Quartal 2018 zeigt. Im zweiten Halbjahr müssen wir nun genauso viel Free Cash-flow generieren wie im zweiten Halbjahr des Vorjahrs, um unsere Guidance zu erreichen. Das zweite Halbjahr ist dabei saisonal bedingt stärker. Daher bin ich zuversichtlich, dass wir den im Gesamtjahr angestrebten Wert von 1,2 bis 1,4 Mrd. Euro erreichen können. Auf den rückläufigen Automarkt wollen Sie jetzt mit strenger Kostendisziplin und einer Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit reagieren. Was heißt das konkret?Wir sprechen intern über Programme, die einerseits Kosten senken und die Produktivität erhöhen sollen. Zum anderen schauen wir uns das Portfolio an. Dies werden wir nun mit den Arbeitnehmervertretern besprechen. Wir wollen die Kosten an die neuen Markteinschätzungen anpassen mit dem Ziel, unsere Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen und unsere Zukunftsfähigkeit zu sichern. Welche Bereiche werden betroffen sein und von welchem Umfang ist bei den Maßnahmen auszugehen?Das gesamte Unternehmen ist betroffen. Viele unserer Bereiche sind abhängig von der weltweiten Autoproduktion, die sich deutlich schlechter entwickelt als noch vor einem halben Jahr erwartet. Auch die Reifenersatzmärkte sind schwächer gewachsen, als dies im langfristigen Durchschnitt zu erwarten gewesen wäre. Wird der Automotive-Bereich stärker betroffen sein als die Rubber Group?Aufgrund des Rückgangs der Autoproduktion weltweit und ihrer größeren Abhängigkeit vom Erstausrüstungsgeschäft steht die Automotive Group stärker unter Druck als unsere Rubber Group. Hier ist die Abhängigkeit vom Erstausrüstungsgeschäft nicht so hoch. Wie wahrscheinlich ist ein Personalabbau und wie groß könnte der ausfallen?Wir diskutieren derzeit über Maßnahmen zur Kostensenkung, Effizienzsteigerung und zur Portfolioanpassung. Dem Ergebnis dieser Diskussionen will ich nicht vorgreifen. Sie beklagen einen zunehmenden Druck in Industriestandorten wie Deutschland mit ihren vergleichsweise hohen Energie-, Steuer- und Sozialkosten. Ist daraus zu schließen, dass es auch zu Maßnahmen wie Produktionsverlagerungen ins Ausland kommen könnte?Bei unseren Entscheidungen ziehen wir alle Faktoren, die relevant für einen Standort sind, in Betracht. Dazu gehören auch die Kosten. Kommen Werksschließungen in Betracht?Wie gesagt: Einen Maßnahmenplan erarbeiten wir in den kommenden Wochen. Bis dahin bitte ich um ein wenig Geduld. Wie viele Mitarbeiter beschäftigen Sie in Deutschland?Rund 62 500. Das ist gut ein Viertel unserer Gesamtbelegschaft derzeit. Wie kommen Sie denn mit den Maßnahmen zur Effizienzsteigerung in den sechs Geschäftseinheiten voran, in denen Sie vor knapp einem Jahr in einem öffentlich gewordenen Brief an Ihre Führungskräfte dringenden Handlungsbedarf sahen?Da sind wir gut unterwegs. Die Maßnahmen helfen uns auch im Moment, dass sich die Ergebnisse trotz des Drucks bei den Umsatzerlösen besser entwickeln, als vor einem Jahr zu erwarten gewesen war. Aber das reicht in der neuen Situation nicht aus, um wieder die Profitabilität zu erreichen, die wir anstreben. Was bedeuten die Sparpläne für die Vorbereitungen auf den geplanten Teilbörsengang der Antriebssparte?Auch in unserer Antriebssparte müssen wir uns auf die geringeren weltweiten Volumina einstellen. Aber wir sind weiterhin dabei, den Teilbörsengang vorzubereiten. Die Frage ist, wie das Marktumfeld dann ist. Ohne angemessene Bewertung werden wir einen Teilbörsengang von Vitesco Technology nicht durchführen. Eine Verzögerung oder Veränderung der Börsenpläne erwarten Sie nicht?Nein, wir wollen im ersten Quartal 2020 startklar für den IPO sein. Sie haben wegen des beschleunigten Umstiegs Ihrer Kunden auf die Elektromobilität Weichenstellungen beschlossen, etwa die noch stärkere Fokussierung im Antriebsgeschäft auf die E-Mobilität. Steht das auch in Verbindung mit den Sparplänen?Diese Entscheidung ist marktgetrieben. Wir sehen, dass die Nachfrage nach Teilen für die E-Mobilität in Europa und in China anzieht. Bislang galt, dass Sie sich nicht vor Ende 2020 festlegen wollten, ob Sie in die Fertigung von Festkörperbatteriezellen einsteigen. Warum haben Sie jetzt beschlossen, es nicht zu tun?Im Markt haben sich Trends verfestigt, die nahelegen, dass sich für uns kein attraktives Geschäftsmodell aufbauen lässt. Wir sehen zum einen, dass die Festkörperzelle erst Ende der kommenden Dekade und damit deutlich später als noch vor zwei Jahren erwartet serienreif sein wird. Zum anderen warten die Hersteller im Zuge eines noch stärkeren Trends in Richtung E-Mobilität natürlich nicht darauf, sondern stellen sich jetzt auf die Lithium-Ionen-Zellen ein. Sie bauen nun entsprechende Produktionskapazitäten auf. In diesem Umfeld können wir nicht erkennen, dass ein Geschäftsmodell mit für uns attraktiven Renditen bei der Technologie möglich ist. Das Interview führte Carsten Steevens.