Wirtschaftsprüfer BDO will an Grant Thornton vorbei
hip London – Der Wirtschaftsprüfer BDO will durch die Übernahme der in der Schifffahrts- und Transportbranche bekannten Moore Stephens zur Nummer 5 der Branche aufsteigen. Wie das Unternehmen mitteilt, befinden sich die Verhandlungen mit der Londoner Traditionsfirma bereits in einem fortgeschrittenen Stadium. Deloitte, EY, KPMG und PwC dominieren weltweit das Geschäft. Zusammen kämen BDO und Moore Stephens auf 590 Mill. Pfund Umsatz – mehr als Grant Thornton, die bisherige Nummer 5. Der Abstand zur kleinsten Big-Four-Gesellschaft ist allerdings immer noch enorm: KPMG kam zuletzt auf mehr als 2 Mrd. Pfund.Nach einer Reihe von spektakulären Pleiten und Bilanzskandalen wie dem Kollaps von Carillion, der Nummer 2 der britischen Bauwirtschaft, steht die Branche vor großen regulatorischen Veränderungen. John Kingman, der Chairman von Legal & General, leitet eine Untersuchung der Tätigkeit des weithin als zahnlos kritisierten Financial Reporting Council (FRC). Die Wettbewerbsaufsicht CMA will im Rahmen einer detaillierten Marktuntersuchung feststellen, ob der Wettbewerb unter den Abschlussprüfern funktioniert (vgl. BZ vom 11. Oktober). Zusammenschlüsse mittelgroßer Firmen gelten als Voraussetzung dafür, den Wettbewerbsdruck auf die Big Four zu erhöhen. BDO hatte sich vor fünf Jahren mit PKF zusammengetan. Moore Stephens fusionierte 2015 mit Chantrey Vellacott und akquirierte im vergangenen Jahr die Beratungsgesellschaft James, Brennan & Associates. Zweistelliges Wachstum”Wenn es je eine Zeit für Firmen gab, den Wachstumsturbo einzulegen, dann jetzt”, sagte Paul Eagland, Managing Partner bei BDO. Gemeinsam seien die beiden Firmen zudem besser positioniert, um mit wirtschaftlichen Verwerfungen durch den Brexit umzugehen. Man sei auch zu Gesprächen mit anderen Firmen bereit, wird Eagland im “Evening Standard” zitiert – ein Hinweis darauf, dass der Übernahmehunger noch nicht gestillt ist. “Moore Stephens ist ein sehr rentables Geschäft, das mehrere Jahre in Folge zweistelliges Wachstum geliefert hat”, sagte Simon Gallagher, sein Amtskollege bei Moore Stephens. Der Merger werde es der Firma ermöglichen, auf diesem Pfad zu bleiben. Es geht um die Büros in London, Birmingham, Reading, Bristol und Watford. Moore Stephens International hat mehr als 30 000 Mitarbeiter weltweit. Gegründet wurde das Unternehmen 1907 von Harold Moore and Albert Partridge. Seine Büros befanden sich direkt neben der Guildhall in der Londoner City.BDO (Binder Dijker Otte) mit Sitz in Brüssel beschäftigt weltweit 74 000 Mitarbeiter, davon 4 000 in Großbritannien, wo die Prüfer 17 Büros unterhalten. Die Londoner Zentrale befindet sich in der Baker Street. Nun soll ein zweites Büro in der City eingerichtet werden, um dem Wachstum Herr zu werden. Im vergangenen Jahr erlöste BDO, die lediglich den Abschluss einer FTSE-100-Gesellschaft – Randgold Resources – prüft, im Vereinigten Königreich 464 Mill. Pfund. Am Alternative Investment Market (AIM) ist das Unternehmen dagegen die Nummer 1.Zu den größeren Skandalen der jüngsten Vergangenheit gehörte neben Carillion der Kollaps der Warenhauskette British Home Stores (BHS). Einen Tag bevor das Unternehmen zum symbolischen Preis von einem Pfund an einen unerfahrenen Finanzinvestor verkauft wurde, hatte der PwC-Partner Steve Denison den Abschluss abgezeichnet. Ein Jahr später brach die Kette, die 11 000 Mitarbeiter beschäftigte, zusammen und hinterließ Pensionsverbindlichkeiten von mehr als 570 Mill. Pfund. Denison darf 15 Jahre lang keine Abschlüsse mehr prüfen. Er verließ PwC im Mai, nachdem er 33 Jahre für die Firma gearbeitet hatte. Für Aufsehen sorgte vergangenen Monat auch das schwarze Loch in der Bilanz der Mutter der Konditoreikette Patisserie Valerie, die per Ende März noch liquide Mittel von 28,8 Mill. Pfund ausgewiesen hatte. Geprüft wurde sie von Grant Thornton.