Xiaomi tritt in den USA die Flucht nach vorn an
sp Frankfurt – Der chinesische Smartphone-Anbieter Xiaomi will sich “in der nahen Zukunft” auf den US-Markt wagen und dabei Taktiken anwenden, die denen ähnlich sind, die das 2010 gegründete Unternehmen im Heimatmarkt zumindest zeitweise an die Spitze katapultierten. Das sagte der ehemalige Google-Manager Hugo Barra, der seit Herbst 2013 als Vice President von Xiaomi für deren Internationalisierung verantwortlich zeichnet, in einem Interview mit Bloomberg Television. Hintergrund der Ankündigung dürften die wachsenden Probleme im Heimatmarkt sein, wo Xiaomi auch die Konkurrenz neuer Anbieter spürt.Das Unternehmen könne es sich nicht leisten, den US-Markt weiter außen vor zu lassen, sagte Barra. Der Konzern werde in den USA wie im Heimatmarkt auf soziale Medien und andere Kanäle setzen, über die man direkt in Kontakt mit einem jungen Publikum komme. Xiaomi schaffte es in China innerhalb von nur drei Jahren nach ihrer Gründung gestützt auf cleveres Direktmarketing und Verkäufe über den eigenen Online-Shop auf Platz 1 und weltweit auf Rang 3 innerhalb der Smartphone-Branche. In der bisher letzten Finanzierungsrunde Ende 2014 wurde das Unternehmen von Investoren mit mehr als 40 Mrd. Dollar bewertet. Zuletzt musste Xiaomi, die mittlerweile auch smarte Fitnessbänder, Reiskocher, Luftreiniger oder Fahrräder unter der eigenen Marke verkauft, allerdings Rückschläge hinnehmen. Im vergangenen Jahr verfehlte die Firma das selbst gesteckte Ziel von 100 Millionen verkauften Smartphones deutlich und schaffte mit gut 71 Millionen Stück nur noch ein Wachstum von 5 %.Im zurückliegenden zweiten Quartal musste Xiaomi neben den Marktführern Samsung und Apple auch den chinesischen Rivalen Huawei und Oppo den Vortritt lassen. Während Xiaomi den Absatz von Smartphones nur geringfügig auf 15,5 Millionen steigern konnte und Marktanteile verlor, gelang Oppo mehr als eine Verdoppelung von Absatz und Marktanteil. Mit rund 18,5 Millionen verkauften internetfähigen Taschentelefonen bringt es Oppo mittlerweile auf 5,4 (i.V. 2,4) %, während Xiaomi auf 4,5 (4,7) % zurückfiel. Huawei bringt es mit 30,7 Millionen auf rund 9 (8) %. An der Spitze liegen Samsung mit 76,7 Millionen und Apple mit 44,4 Millionen Stück. Die Ankündigung Barras, den Einstieg in den US-Markt zu wagen, dürfte vor allem mit den Problemen im Heimatmarkt zu tun haben, wo Xiaomi nach Einschätzung des Marktforschers IDC im zurückliegenden Quartal nur noch 10,5 Millionen Smartphones verkaufte, was einem Einbruch um knapp 40 % entspräche. Patent statt PatentrezeptDas China-Geschäft dominiert, während der Einstieg in ausländische Märkte zaghaft vorankommt. Seit dem Erwerb von Patenten aus dem Portfolio von Microsoft in diesem Sommer ist Xiaomi immerhin besser gerüstet, um im US-Markt ein Kräftemessen mit Rivalen wie Apple zu wagen (vgl. BZ vom 2. Juni).Der Marktforscher GfK rechnet im laufenden Jahr mit einem Umsatzwachstum von rund 5 % im Smartphone-Markt. Für Nordamerika werden allerdings leichte Einbußen prognostiziert (siehe Tabelle).