Zölle bremsen die Dynamik von Healthineers
Zölle bremsen die Dynamik von Siemens Healthineers
Trotz exzellenten ersten Halbjahrs formuliert der Vorstand die Gewinnprognose vorsichtiger – US-Politik kostet bis zu 300 Mill. Euro – Segment Imaging floriert
Siemens Healthineers hat die Erwartungen der Investoren im zweiten Quartal in Folge klar übertroffen. Die Belastung infolge der Zölle in voraussichtlicher Höhe von 200 bis 300 Euro vor Steuern zwingen den Medizintechnikkonzern jedoch, die Prognose für das Ergebnis je Aktie vorsichtiger zu fassen.
mic München
„Das Healthineers-Team hat den erfolgreichen Start in das Geschäftsjahr mit einem exzellenten zweiten Quartal fortgesetzt.“ Mit diesem Satz eröffnete der Vorstandsvorsitzende Bernd Montag die Zahlenpräsentation zum zweiten Quartal. Das vergleichbare Umsatzwachstum habe mit 6,8% deutlich über der für das Geschäftsjahr 2024/2025 erwarteten Bandbreite von 5 bis 6% gelegen. Im ersten Halbjahr stehen nun 6,3% zu Buche. Das bereinigte operative Ergebnis (Ebit) stieg im Quartal um 19% auf 982 Mill. Euro, im Halbjahr beträgt das Plus 15%.
Umsatzprognose unverändert
Das erste Halbjahr sei so stark gewesen, dass man über eine optimistischere Fassung der Prognose hätte nachdenken können, machte Finanzvorstand Jochen Schmitz klar: „Ohne die Veränderungen im Zollumfeld hätten wir heute über das Erreichen des oberen Endes der beiden Prognosebandbreiten gesprochen.“ Aber angesichts der US-Zollpolitik fasst Siemens Healthineers, obwohl die Umsatzprognose unverändert blieb, die Vorhersage für den Gewinn vorsichtiger. Der Konzern erweitert die Bandbreite für das bereinigte unverwässerte Ergebnis je Aktie auf 2,20 bis 2,50 Euro. Zuvor hatte der Konzern 2,35 bis 2,50 Euro angepeilt.

Der Aktienkurs war mit einem Plus von 2% auf 48,42 Euro in den Xetra-Handel gestartet, hatte aber im Laufe des Vormittags nachgegeben. Die Anleger stuften alle Aktien im europäischen Gesundheitsbereich niedriger ein, nachdem der Sektor bereits am Vortag in den USA abgestraft worden war. Die Healthineers-Analysten hielten dennoch an ihren Kurszielen, die bis rund 70 Euro reichen, fest.
Höhere Kosten 2025/2026
Montag zufolge hat Siemens Healthineers in die Prognose sowohl die aktuell gültigen Sonderzölle in Höhe von 10% eingerechnet als auch die ab Juli geltenden 20% auf die Lieferung europäischer Waren in die USA. Berücksichtigt seien auch Zölle für China, Kanada und Mexiko sowie die Zölle auf US-Waren nach China.
Diese Belastungen addierten sich im Turnus 2024/2025 auf 200 bis 300 Mill. Euro vor Steuern, rechnete Schmitz vor. Bereits ergriffene Maßnahmen zum Ausgleich der Zollbelastung – es war auch von Preiserhöhungen die Rede – seien bereits eingerechnet. Diese übrigbleibende Belastung entspreche einer Wirkung von etwa 0,15 Euro auf das Ergebnis je Aktie. Ohne weitere Maßnahmen würde sich die Belastung im kommenden Geschäftsjahr verdoppeln, sagte Schmitz. Der Konzern werde auf einem Kapitalmarkttag am 17. November über die Mittelfristziele informieren, kündigte Montag an.
Fertigung unter der Lupe
Montag betonte, die Situation rund um die Zölle sei noch sehr volatil: „Daher wäre es verfrüht, strukturelle Entscheidungen hinsichtlich unserer Fertigungskapazitäten zu treffen.“ Aktuell produziere Healthineers nicht alle Produkte in allen Regionen. Wenn es auf Dauer zu hohen Zöllen zwischen der EU und den USA komme, dann müsse Healthineers schauen, dass man die Produkte in drei Regionen und nicht nur in zwei Regionen herstelle: „Aber von so einer Entscheidung sind wir weit weg.“ Die wesentlichen Produktions- und Entwicklungsstandorte liegen in Deutschland, USA, China, Indien, Großbritannien sowie der Slowakei.
Zölle treffen nur Waren
Der Siemens-Healthineers-Chef betonte zugleich, dass sich die Zölle auf Waren konzentrierten: „Daher betreffen sie in der Hauptsache nur den Equipment-Teil unseres Geschäfts“. Das seien in den Sparten Varian, Imaging und Advanced Therapies rund 55% des Umsatzes. Die Sparte Diagnostics mache nur etwa 10% des Umsatzes mit dem Verkauf des Produkts Atellica. Services in den drei erstgenannten Sparten beziehungsweise Reagenzien in der Sparte Diagnostics sei deutlich weniger von Zöllen getroffen, sagte Montag. Healthineers mache 36% der weltweiten Umsätze in den USA.

Im zweiten Quartal habe Imaging ein exzellentes Quartal erzielt, betonte Schmitz. Zu dem vergleichbaren Wachstum von 8,7% habe insbesondere die molekulare Bildgebung und die Computertomografie überdurchschnittlich beigetragen. Die Marge sei um 2,2 Prozentpunkte auf 22,4% gestiegen, beflügelt von einem Sondereffekte in Höhe von 0,5 Punkten.
China legt leicht zu
Auf Konzernebene habe der Margenzuwachs von 1,5 Prozentpunkten auf 16,6% zu einem Anstieg des bereinigten Ergebnisses je Aktie von nur 0,01 Cent auf 0,56 Euro geführt, weil im Vorjahr die Steuerquote niedriger und das Finanzergebnis besser gewesen sei. In China habe der Umsatz auf dem niedrigen Niveau des Vorjahres leicht zugelegt. Im Halbjahr gibt es noch einen Rückgang um 3%.
Im angelaufenen dritten Quartal werde der Umsatz im Rahmen der Gesamtjahresbandbreite von 5 bis 6% zulegen, prognostizierte Schmitz. Die Segmente würden entsprechend den Annahmen für das Geschäftsjahr wachsen, jedoch könnten Imaging und Advanced Therapies etwas über den Prognosebandbreiten liegen. Die Margen seien voraussichtlich im Vorjahresvergleich in allen Segmenten unverändert.