Zulieferindustrie steht unter Druck
Zulieferer leiden unter Kostenexplosion
Ruf nach Industriestrompreis wird lauter – Plädoyer für Fairness in der Lieferkette
ab Düsseldorf
Die deutsche Zulieferindustrie steht unter enormem Kostendruck. Den meist mittelständischen Unternehmen machen die gestiegenen Energiekosten in Kombination mit wachsendem Arbeitskräftemangel zu schaffen, wie Christian Vietmeyer, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Zulieferindustrie (ArGeZ), vor der Presse sagte. Zwar hat sich die Erwartungshaltung der deutschen Zulieferer für die kommenden sechs Monate von dem im Herbst erreichten Tiefstand – damals grassierte die Furcht vor einer Gasmangellage – wieder erholt. Im Saldo überwiegen aber unverändert die negativen Einschätzungen.
Wenngleich die konjunkturelle Lage weniger dramatisch als befürchtet sei, komme es nun auf industriepolitische Richtungsentscheide an. Um eine drohende Deindustrialisierung zu verhindern, müsse die Politik Antworten auf die wachsenden Wettbewerbsnachteile finden. „Spitzenqualität deutscher Zulieferer ist auch vor dem Hintergrund geringerer Stückzahlen ohne wettbewerbsfähige Energiepreise in der Breite nicht mehr darstellbar“, klagt Vietmeyer. Ohne Industriestrompreis seien die mittelständischen Zulieferer in ihrer Existenz bedroht, warnt der ArGeZ-Sprecher. Die Überlegungen hierzu seien in Berlin jedoch noch nicht weit gediehen, da es in der Ampel-Koalition unterschiedliche Sichtweisen gebe. „Uns gefällt nicht, dass das nicht schneller geht.“
Die Betriebe bewerten ihre aktuelle Lage jetzt spürbar schlechter als vor einem Jahr. Bezeichne heute etwa ein Drittel der Betriebe die eigene Lage als gut, war es vor Ausbruch des Ukrainekriegs noch mehr als die Hälfte. Das ganze Ausmaß der Verwerfungen lässt sich an den Zahlen für den abgelaufenen Turnus ablesen: Während der Umsatz in den in der ArGeZ zusammengeschlossenen Branchen 2022 um mehr als 14% stieg, ging die Produktion um 2,3% zurück.
Grund für diese Entwicklung sind die um mehr als 14% gestiegenen Erzeugerpreise. Die Kapazitätsauslastung ging um 1% auf 81% zurück. Vor diesem Hintergrund plädiert die ArGeZ für mehr Fairness in der Zusammenarbeit mit den Abnehmerindustrien. „Für Savings ist kein Spielraum mehr, vielmehr müssen die Kunden jetzt veränderte Realitäten anerkennen“, sagt Vietmeyer. Wenn die Kosten im Markt nicht mehr weitergegeben werden könnten, würden Liquidität und Eigenkapital abschmelzen, warnt der Verbandschef. Die Situation sei schwieriger als 2020/21, weil die staatlichen Coronahilfen, die damals stützten, heute zurückgezahlt werden müssten.