Banken

Eine starke Stimme für den Finanzplatz

Für den nachhaltigen Umbau unserer Wirtschaft spielen Banken eine zentrale Rolle, etwa bei der Finanzierung der grünen Transformation.

Eine starke Stimme für den Finanzplatz

Wie er denn den publizistischen Anspruch der Börsen-Zeitung definiere, wurde Ernst Padberg anlässlich des 65-jährigen Bestehens in einem Interview mit dem eigenen Blatt gefragt. Die Antwort des langjährigen Herausgebers an den damaligen Chefredakteur Claus Döring und den seinerzeitigen Stellvertreter Bernd Wittkowski war ebenso einfach wie allgemeingültig. Der Anspruch sei die Konstante, sagte Padberg, um etwas später zu ergänzen: „Auf Schnickschnack verzichten wir. Ein bisschen Unterhaltungswert kann aber nicht schaden.“

Damit ist schon viel gesagt über die „Zeitung für die Finanzmärkte“, wie sich die Börsen-Zeitung seit 2001 im Untertitel selbst bezeichnet. Die Kombination aus fokussierter Leserschaft, optischer Konstanz, redaktioneller Gründlichkeit und analytischer Tiefe macht sie heute zu einem herausragenden Medium in Deutschland – und zur einzigen Tageszeitung, die ausschließlich auf den Finanzsektor ausgerichtet ist.

Börsengeschäft fördern

Gegründet wurde das Blatt, um dazu beizutragen, das „Börsengeschäft zu beleben und zu fördern“. So heißt es im Editorial der ersten Ausgabe vom 1. Februar 1952. Die Deutsche Bank war am Start der Börsen-Zeitung nicht ganz unbeteiligt. Ihr damaliges Teilbankeninstitut, die Hessische Bank, gehörte zu der 1949 entstandenen „Interessengemeinschaft Frankfurter Kreditinstitute“, die noch heute existiert. Die Geschäftsführung hatte damals Georg Stein inne, langjähriger Syndikus unserer Filiale Frankfurt. Die Interessengemeinschaft bildete mit den Verleger-Familien Lehmann und Keppler die Herausgebergruppe der „Wertpapier-Mitteilungen“, die An­fang 1952 ihr Verlagsprogramm um eine Tageszeitung ergänzte.

Auch wenn die Kapitalmärkte in den vergangenen 70 Jahren nationale Grenzen längst übersprungen haben, hat die Börsen-Zeitung ihren Fokus auf den Finanzplatz Deutschland nie aus den Augen verloren. Im Gegenteil: Bei aller globalen Dimension müsse man weiterhin nicht nur standpunkt-, sondern auch standortorientiert Flagge zeigen, sagte Padberg in dem eingangs zitierten Interview.

Zweifellos bietet das noch junge Jahr 2022 dazu genügend Themen und Anlässe. Angesichts der aktuellen Lage in Deutschland ist es wichtig, nicht nur die Coronakrise zu meistern. Die neue Regierung muss die für unser Land dringend benötigten Reformen zügig angehen. Sie wird schnell überzeugende Lösungen entwickeln müssen, um die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie zu überwinden und gleichzeitig die nachhaltige Transformation unserer Gesellschaft zu beschleunigen, insbesondere im Hinblick auf Klimaschutz und Digitalisierung.

Viel grundsätzliches Lob

Aus der Wirtschaft kommt bisher viel grundsätzliches Lob für den Koalitionsvertrag von der SPD, dem Bündnis 90/Die Grünen und der FDP. Dass die Ampel-Regierung unter Bundeskanzler Olaf Scholz ein Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz geschaffen hat, ist ein richtiges Signal – denn Ökologie und Ökonomie sollten gemeinsam gedacht werden. Nachhaltiges Wirtschaften ist eine Jahrhundertaufgabe, die einen Schulterschluss von Politik, Unternehmen und Finanzwirtschaft erfordert. Der Investitionsbedarf für diese Transformation ist gewaltig. Es wird entscheidend sein, inwiefern es gelingt, privates Kapital zu mobilisieren. Hierfür braucht Europa einen leistungsfähigen Kapitalmarkt.

Insbesondere die Banken können und wollen hierbei eine aktive und verantwortungsvolle Rolle übernehmen. Wir haben in den kommenden Jahren die Chance, Deutschland zu einem weltweit führenden Standort für nachhaltige Finanzierungen zu entwickeln. Auch hierfür finden sich ermutigende Bekenntnisse im Koalitionsvertrag. Allerdings: Nach unserer Einschätzung fehlen noch konkrete Maßnahmen, um diese Ziele zu erreichen. Dazu gehören finanzielle Anreize und ausgleichende Maßnahmen, um die Transformation zu einer emissionsfreien Wirtschaft zu beschleunigen.

Bereits jetzt zeigt sich, vor welchen Herausforderungen die neue Bundesregierung steht. Die Problematik der steigenden Energiepreise wird sich noch weiter verschärfen, wenn Deutschland aus der Kohleverstromung aussteigt. Die Koalitionäre werden Maßnahmen auf den Weg bringen müssen, die die Verbraucher gezielt entlasten und für Unternehmen Planungssicherheit schaffen.

Dass die neue Bundesregierung außerdem die Digitalisierung besonders vorantreiben will, etwa durch die Modernisierung der Verwaltung, eine flächendeckende Versorgung mit Glasfaseranschlüssen und modernen Mobilfunkstandards, ist ebenfalls positiv. Allerdings bleiben die Koalitionäre hier in vielen Aspekten ebenfalls noch vage oder verweisen auf bereits laufende, europäische Initiativen. Da auch die Finanzbranche ihr Geschäftsmodell weiter digitalisieren will und muss, werden wir die neuen Initiativen der Bundesregierung intensiv begleiten und unterstützen.

Die Ampel-Koalition will ihre Projekte ohne Steuererhöhungen umsetzen. Das ist ein gutes Signal für die Wirtschaft und die Bürger. Damit die Wirtschaft sich gut von Corona erholen kann, wären Sonderabschreibungen für bestimmte Zukunftsinvestitionen ausgesprochen sinnvoll, weil sie sehr zielgerichtet wirken. Auch wenn sich der Koalitionsvertrag nicht ausdrücklich dazu bekennt, das Steuerniveau stabil zu lassen, hoffen wir, dass sich die Parteien an die mündlich getroffenen Absprachen halten. Hoffnungsvoll ist schließlich auch, dass die Regierung die nationale Schuldenbremse sowie die europäischen Defizitregeln nicht grundsätzlich in Frage stellt – trotz der geplanten Investitionsoffensive.

Europa braucht starke Banken

Für den nachhaltigen Umbau unserer Wirtschaft spielen Banken eine zentrale Rolle, etwa bei der Finanzierung der grünen Transformation. Deshalb müssen deutsche und europäische Finanzinstitute konkurrenzfähig bleiben – und stark genug, um Unternehmen bei ihrem Wandel zu begleiten. Doch viele der aktuellen Regulierungsvorhaben könnten für europäische Banken Wettbewerbsnachteile bringen – etwa gegenüber US-Instituten und Tech-Giganten, die Finanzdienstleistungen anbieten.

Das gilt vor allem für die Umsetzung der finalen Basel-III-Reformen. Wir begrüßen zwar ausdrücklich den von der Europäischen Kommission veröffentlichten Gesetzesentwurf, der einige europäische Besonderheiten berücksichtigt. Allerdings sind diese Anpassungen, beispielsweise für Kredite an Firmenkunden ohne externes Rating, zum Großteil zeitlich begrenzt. Somit ist weiterhin davon auszugehen, dass Kreditinstitute wegen der neuen Regeln künftig mittelfristig deutlich mehr Eigenkapital vorhalten müssen. Dieses Kapital würde an anderer Stelle fehlen und die Versorgung der Realwirtschaft mit Krediten beeinträchtigen.

Ebenfalls kritisch sehen wir den europäischen Abwicklungsfonds, der immer höhere Beiträge von den Banken verlangt. Bisher hat der Fonds von den Banken 52 Mrd. Euro eingesammelt, allein deutsche Banken zahlen jährlich etwa 2 Mrd. Euro ein. Diese Mittel werden nicht genutzt, liegen volkswirtschaftlich gesehen brach und verringern die Kapazitäten von EU-Banken zur Kreditvergabe für Investitionen in den digitalen und grünen Umbau der Wirtschaft.

Zu begrüßen ist, dass die neue Bundesregierung künftig stärker für faire Bedingungen im Wettbewerb mit den großen digitalen Plattformen eintreten will. Auch das Bundeskartellamt soll im Umgang mit diesen Plattformen an Schlagkraft gewinnen. Die Weichen werden hierfür in Brüssel gestellt, beispielsweise mit dem Digital Markets Act. Die Ampel-Koalitionäre haben erkannt, dass auch bei Finanzinnovationen wie Kryptowährungen gleiche Wettbewerbsbedingungen zwischen traditionellen und neuen Geschäftsmodellen notwendig sind. Gerade für die Bankbranche ist dieser Grundsatz wichtig: „gleiche Dienstleistungen, gleiche Risiken, gleiche Regeln“.

Ein weiteres positives Signal ist, dass der Koalitionsvertrag explizit die Kapitalmarktunion nennt – ebenso wie die Vollendung der Bankenunion, die immer noch auf sich warten lässt. Bisher war es nicht möglich, einen Kompromiss zur europäischen Einlagensicherung zu finden. Aber es gibt kleine Fortschritte. So unterstützt die Bundesregierung die Idee, die europäische Einlagensicherung als Rückversicherung auszugestalten. Das ist der richtige Weg. Wir hoffen auf weitere Annäherungsschritte, damit die Bankenunion endlich ihre volle Kraft entfalten kann. Sie ist die Voraussetzung für eine Kapitalmarktunion, ohne die die anstehende Transformation der Wirtschaft nicht gelingen kann. Wir brauchen einen einheitlichen europäischen Finanzbinnenmarkt, um zusätzliches Kapital zu mobilisieren und den „European Green Deal“ möglich zu machen.

Auf den Prüfstand stellen

Um es zusammenzufassen: Vieles weist bei der neuen Regierung in die richtige Richtung. Manches bleibt indes noch vage. Das gilt etwa für die Frage, wie der gewaltige Umbau, der vor uns liegt, finanziert werden kann. Umso wichtiger wird sein, dass wir alle und gerade auch die Medien das Handeln der Regierung in den kommenden Monaten immer wieder auf den Prüfstand stellen und mit dem abgleichen, was im Koalitionsvertrag versprochen wurde.

Zugleich ist ein unvoreingenommener Blick notwendig, ob die Unternehmen und vor allem auch wir Banken alles tun, um Deutschland und Europa zukunftsfest zu machen. Es bedarf also starker publizistischer Stimmen, die kritisch und sachkundig die Fortschritte würdigen und die Versäumnisse aufzeigen. Eine Stimme wie die Börsen-Zeitung, die fest zu unserem Banken- und Finanzplatz steht und nicht jedem Zeitgeist hinterherläuft – auch und gerade in ihrem 70. Lebensjahr.

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