ESG

Nur der Wandel ist beständig

Eine umfassende Transformation der Finanzinstitute ist nötig, damit Banken das enorme Potenzial der nachhaltigen Transformation heben können.

Nur der Wandel ist beständig

Kompetent und unabhängig begleitet die Börsen-Zeitung seit 70 Jahren das Geschehen im Finanzsektor. Dieser steht heute unter massivem Transformationsdruck. Die Börsen-Zeitung wird weiterhin viel zu berichten haben.

Das Gründungsjahr der Börsen-Zeitung, 1952, war sehr bedeutend für Europa: Die im Jahr zuvor gegründete Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) trat in Kraft. Der „Montanunion“ genannte, neue Wirtschaftsverband war eine der Säulen für die spätere Europäische Union (EU).

Auch dank der Montanunion erlebte die deutsche Wirtschaft das sogenannte Wirtschaftswunder. Damit florierte auch das Bankgeschäft. Um Finanzentscheider von Banken und allen anderen Unternehmen darüber börsentäglich auf dem Laufenden zu halten, erschien vor 70 Jahren, am 1. Februar 1952, in Frankfurt am Main erstmals die Börsen-Zeitung.

Eine wahre Mammutaufgabe

Die Leser der Zeitung waren in den vergangenen 70 Jahren stets über aktuelle Entwicklungen informiert: Gesetzesänderungen, Bankengründungen und -pleiten, Börsenrallys und -crashs, die wirtschaftliche Fortentwicklung Europas bis hin zur gemeinsamen Währung, die Finanzkrise etc. Keine Entwicklung war jedoch so fundamental wie die Digitalisierung unserer Gesellschaft – und damit auch des Finanzwesens. Sie begann nach dem Jahrtausendwechsel und nimmt seither zunehmend Fahrt auf. Ebenso einschneidend ist aktuell die nachhaltige Transformation.

Sie ist eine wahre Mammutaufgabe und verändert auch das Bankengeschäft umfassend. Der frühere Bundespräsident Richard von Weizsäcker hat einmal gesagt: „Die Zeit bringt unaufhaltsam neue Entwicklungen hervor, neue Gefahren und Chancen.“ Wir bei PwC Deutschland sehen in den derzeitigen Veränderungen vor allem gesamtwirtschaftliche Ertragspo­tenziale und Chancen. Diesen hochspannenden Prozess begleitet die Börsen-Zeitung mit ge­wohnter Kompetenz. Sie war, ist und bleibt ein Pflichtblatt für den Finanzmarkt.

Als Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft begleitet auch PwC die digitale und nachhaltige Transformation der Bankenwelt – in Transformationsprojekten und mit Analysen. So belegt die aktuelle Studie „Transforming European Banks“ von PwC und Strategy&, dass sich deutsche und europäische Banken dringend neu ausrichten müssen, um konkurrenzfähig zu bleiben. Warum dies nötig ist, zeigt unter anderem die bei europäischen Banken seit langem klaffende Lücke zwischen Erträgen und Kapitalkosten.

Der Handlungsdruck steigt also deutlich – insbesondere auf fünf Transformationsfeldern: Cost, Credit, Consolidation, Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Was bedeutet das?

Gesunde Volkswirtschaften brauchen gesunde, also profitable, Banken („Cost“). Der aktuelle PwC Strategy& Retail Banking Monitor zeigt allerdings, dass 2020 der durchschnittliche Gewinn pro Kunde im europäischen Privatkundengeschäft gesunken ist – nur jede vierte Bank hat ihn erhöht. Europas Privatkundenbanken konnten 2020 ihre operativen Kosten pro Kunde im Schnitt um rund 2% gegenüber 2019 senken. Bei deutschen Banken hingegen blieb die Kostenstruktur unverändert. Hier ist noch viel zu tun. Doch mit der richtigen Strategie können sie sich von Negativtrends abkoppeln.

Mit „Credit“ meinen wir das Kernprodukt der Banken. Es ist vor allem vom makroökonomischen Umfeld geprägt. Wie die meisten volkswirtschaftlichen Analysen rechnen wir damit, dass sich die europäische Wirtschaft in den kommenden ein bis drei Jahren erholen wird. Allerdings wird es – wie in den zurückliegenden zwei vom Coronavirus geprägten Jahren – weiter auf- und absteigende Branchen geben. Auch kommen womög­lich branchenspezifische In­solvenz­wellen auf Banken zu.

Differenzierte Branchen- und Portfolioanalysen, mitunter auch neue Kreditrisikobewertungen einzelner Branchen und Assetklassen, sind daher wichtiger denn je. Das darf allerdings nicht zulasten ihrer Flexibilität bei der Kreditvergabe gehen, insbesondere bei der Finanzierung innovativer, nachhaltiger Geschäftsmodelle. Denn hier haben die traditionellen Banken mit alternativen Kapitalgebern neue Konkurrenz.

Handlungsdruck be­steht auch hinsichtlich der Konsolidierung des Bankensektors („Consolidation“). Denn allein auf nationalen Märkten sind die nötigen Skaleneffekte und Effizienzgewinne durch Technologie- und Produktführerschaft kaum zu erreichen. Auch deshalb hat die Europäische Zentralbank (EZB) grenzüberschreitende Konsolidierungen er­leichtert. Viel Potenzial bieten daneben homogene Leistungsbündel, die Banken kostengünstig digital verkaufen.

Kluge Digitalisierung

Wesentliche Voraussetzung dafür ist kluge Digitalisierung, das vierte Handlungsfeld. Banken müssen eigene digitale Plattformen entwickeln und/oder sich in externe Ökosysteme einfügen, um ihren Kunden digitale, personalisierte und skalierbare Angebote zu machen. Damit ihnen dies gelingt, müssen Finanzinstitute die durch Covid-19 ausgelöste Digitalisierungsdynamik auch nach der Pandemie hochhalten. Die Einführung der Cloud ist dabei ein erster wichtiger Schritt.

Last but not least die fünfte Dimension: Nachhaltigkeit. Die ESG-Agenda (ESG steht für Environment, So­cial, Governance) der Europäischen Union intensiviert die Transformation der europäischen Wirtschaft in den kommenden Jahren extrem. Banken müssen sie finanzieren – sowie eigene Nachhaltigkeitsstrategien entwickeln und umsetzen. ESG ist ein Hebel, um sich gegenüber Instituten aus den USA und Asien einen Wettbewerbsvorteil zu erarbeiten.

Denn was manche Kapitalmarktprofis als Belastung sehen, kann im ESG-Kontext zum großen Fortschrittsbeschleuniger werden: die von der Europäischen Kommission angestrebte Klimaneutralität bis 2050. Die Banken der Eurozone haben dabei eine wichtige Schlüsselrolle als Finanzintermediäre: Sie finanzieren die Nachhaltigkeit ihrer Kunden und sind somit daran beteiligt, die Klimaziele zu erreichen. Flexible Technologiesysteme sind eine wesentliche Voraussetzung für Banken, um bestehende und künftige ESG-Anforderungen von Stakeholdern zu erfüllen und für ihre Kunden neue, „grüne“ Produkte zu entwickeln.

Kurzum: ESG gehört künftig zum Kern erfolgreicher Bankenstrategien. Dazu wird beitragen, dass Frankfurt am Main neben Montreal einer der Standorte für das 2021 gegründete International Sustain­ability Standards Board (ISSB) ist, das globale Mindeststandards für die finanzielle Nachhaltigkeitsberichterstattung erarbeitet.

Kompetente Berichterstattung

Es braucht eine umfassende Transformation der Finanzinstitute, damit Banken in Frankfurt am Main und anderswo das fraglos enorme Potenzial der nachhaltigen Transformation heben können.

Wir von PwC wünschen der Börsen-Zeitung, dass sie auch in den kommenden 70 Jahren für die Finanzbranche da ist, sie unabhängig informiert und inspiriert. Herzlichen Glückwunsch zum Jubiläum!

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