Im InterviewLouise Street, World Gold Council

„Robuste Schmucknachfrage“

Ein robustes Interesse an Goldschmuck sowie weiter starke Käufe der Notenbanken treiben die Goldnachfrage an, erläutert Louise Street, Analystin des World Gold Council.

„Robuste Schmucknachfrage“

Im Interview: Louise Street

„Robuste Schmucknachfrage“

Käufer blenden hohen Goldpreis aus – World Gold Council verweist auf Rolle der Notenbanken

Ein robustes Interesse an Goldschmuck sowie weiter starke Käufe der Notenbanken treiben die Goldnachfrage an, erläutert Louise Street, Analystin des World Gold Council.

Frau Street, was sind aus Ihrer Sicht die bemerkenswertesten Entwicklungen der Goldnachfrage im ersten Quartal?

Nun, im ersten Quartal konnten wir ein spürbares Wachstum der Goldnachfrage im Vorjahresvergleich um 3% feststellen, wobei der OTC-Handel in dieser Betrachtung einbezogen wird. Eine der bedeutendsten Antriebsquellen für das Wachstum der Nachfrage sind dabei die Goldkäufe durch die Notenbanken, die seit ein paar Jahren sehr stark sind. Im ersten Quartal hatten wir 290 Tonnen, was einen neuen Rekord für ein erstes Quartal darstellt. Die Schmucknachfrage hat sich angesichts des hohen Goldpreises ebenfalls recht robust dargestellt, insbesondere im Januar und Februar. Demgegenüber war die Investment-Nachfrage, die sowohl ETFs als auch die Nachfrage nach Barren und Goldmünzen umfasst, schwach, sie gab nämlich um 28% nach. Das ist auf die ETFs zurückzuführen, die Nachfrage nach Barren und Goldmünzen war stärker. Diese Käufe waren vor allem in Ländern wie China und der Türkei stark, wo es derzeit nur wenige attraktive Assetklassen gibt. Die OTC-Nachfrage, die sich nur schwer erfassen lässt, hat den Markt offenbar ebenfalls gestützt, sie ist seit einigen Quartalen robust. Und bei der Nachfrage aus dem Bereich Industrie und Technologie hat es eine deutliche Erholung gegeben.

Welche Zentralbanken haben sich besonders durch Goldkäufe hervorgetan?

Prominent waren sicherlich die Goldkäufe durch die chinesische Notenbank, sehr aktiv waren aber auch Indien sowie die Türkei. Grundsätzlich sind es vor allem die Zentralbanken aus den Emerging Markets, die hier aktiv werden.

Die Goldkäufe durch Notenbanken werden nicht immer öffentlich bekannt gegeben. Ist der World Gold Council in der Lage, sich hier ein umfassendes Bild zu verschaffen?

Wir greifen auf die offiziellen Statistiken des Internationalen Währungsfonds zurück, aber auch auf den Branchendienst Metals Focus, der neben den öffentlich verfügbaren Daten über viele vertrauliche Informationsquellen verfügt. Wir führen auch viele Gespräche mit Metals Focus, um die Informationen zu überprüfen, so dass wir zuversichtlich sind, einen umfassenden Überblick zu haben.

Warum kaufen die Zentralbanken derzeit so umfangreich Gold?

Wir führen in jedem Jahr eine Umfrage unter den Notenbanken durch. Als Gründe werden uns dabei genannt die Performance von Gold in Krisenzeiten, die Rolle von Gold als Absicherung in Phasen hoher Inflation, die Diversifizierung von Zentralbankreserven, die ständige Liquidierbarkeit von Gold und die Tatsache, dass es bei Gold keine Ausfallrisiken gibt.

Recht bemerkenswert sind die nach wie vor zu beobachtenden Mittelabflüsse aus Gold-ETFs trotz des hohen Preisniveaus bei dem Edelmetall. Warum ist das so?

Institutionelle Investoren, die Gold-ETFs kaufen, haben in der Regel eine andere Sichtweise der Dinge als Retail-Anleger, die Barren und Münzen erwerben, was sich übrigens recht häufig beobachten lässt. Bei einigen Barren- und Münz-Investoren gibt es derzeit zum einen Gewinnmitnahmen, doch es gibt nach wie vor ein gesundes Maß an Zukäufen. Zum anderen sehen wir insbesondere in Europa einen starken Fokus der institutionellen Anleger auf die Entwicklung des Zinsniveaus, nämlich gegenwärtig ein Re-Investment in Staatsanleihen. Sollten nun aber bald die Leitzinsen sinken, sind die Aussichten gut, dass die Investoren in die Goldanlage zurückkehren.

Reagieren die Privatanleger, die Barren und Münzen bevorzugen, auch stark auf die Zinsentwicklung?

Wir stellen fest, dass im ersten Quartal vor allem Privatanleger aus den westlichen Ländern Gewinne mitgenommen haben. Das weicht davon ab, was wir normalerweise sehen. Denn westliche Investoren kaufen auch eher in eine Rally hinein. Hinsichtlich der Nachfrage nach Barren und Münzen ist anzumerken, dass sich diese auch in westlichen Ländern auf einem durchaus stabilen Niveau befindet, trotz gewisser Gewinnmitnahmen. Dies ist unter anderem auf Deutschland zurückzuführen. Demgegenüber zeigen sich die Käufe von Barren und Münzen im Nahen Osten und in Asien fest, wohl als Absicherung gegen Krisen und Inflationsgefahren. Und, wie gesagt, in Ländern wie China und der Türkei gibt es derzeit weniger attraktive Alternativen zur Goldanlage.

Sorgen die Gründe, die Sie zuletzt genannt haben, auch für die feste Schmucknachfrage, die ja in erster Linie aus Ländern wie China und Indien kommt?

Es handelt sich in der Tat ebenfalls um diese Faktoren, die in Ländern wie der Türkei auch die Schmucknachfrage beeinflussen.

Das Interview führte Dieter Kuckelkorn.

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