Aufsicht moniert Banken-Governance

EZB beklagt Kontroll- und Datenmängel - Sechs Institute genügen den Erwartungen im Prüfverfahren nicht

Aufsicht moniert Banken-Governance

Verschlechterungen in der Governance und bei operationellen Risiken von großen Banken beunruhigen die europäische Bankenaufsicht. Im alljährlichen Bewertungsverfahren der EZB-Kontrolleure, SREP, zeigt sich besonders hier Nachholbedarf. 6 von 109 geprüften Banken schaffen die Vorgaben nicht. fir Frankfurt – Die EZB-Bankenaufsicht (SSM) ist großteils mit der Kapitalausstattung der von ihr beaufsichtigten bedeutenden Banken zufrieden, beklagt aber Mängel in der internen Governance, deren Qualität sich verschlechtert habe. “Die Ergebnisse zeigen, dass die Leitungsorgane in einer großen Zahl von Fällen nicht effektiv sind und die internen Kontrollen schwach ausfallen”, teilte die EZB am Dienstag anlässlich der Vorstellung der Ergebnisse des aufsichtlichen Überprüfungs- und Bewertungsprozesses (SREP) mit.Im Zuge von SREP beurteilt die EZB-Aufsicht die Tragfähigkeit des Geschäftsmodells, die interne Governance, Kapitalrisiken sowie Liquiditätsrisiken. Jeden dieser vier Bereiche benotet sie und errechnet einen Gesamtwert, der zwischen 1 (am besten) und 4 (am schlechtesten) liegt. Hausaufgaben für 91 Banken 91 von insgesamt 109 untersuchten Banken müssen mit qualitativen Maßnahmen nachbessern, um Mängel zu beheben, sagte der Chef der EZB-Bankenaufsicht, Andrea Enria, in einer Pressekonferenz anlässlich der Präsentation der SREP-Ergebnisse. Das sind acht Institute mehr als 2018. In fast jedem dritten Fall sind Schwächen in der internen Governance zu beheben (siehe Grafik). Hier hätten sich die im SREP ermittelten Noten in den vergangenen Jahren insgesamt verschlechtert. 76 % der Banken seien mit 3 bewertet worden, im Vergleich mit 67 % im Jahr zuvor. Zugleich erreichten nur noch 18 % einen Wert von 2, wohingegen das 2018 noch jede vierte Bank schaffte. Schwache Datenqualität Die Mängelliste innerhalb der Governance führen – teils schwere – Defizite in internen Kontrollfunktionen an (24 %). In jeweils etwa jedem fünften Fall schwacher Governance erwiesen sich darüber hinaus Leitungsorgane als nicht effektiv genug, ist das Risikomanagement ineffizient und zeigen sich Mängel in der Risikoinfrastruktur inklusive Reporting und Datenaggregation. “Das hat mich überrascht”, bekannte Enria. “Viele Erkenntnisse haben mit Daten zu tun – Datenqualität und die Fähigkeit zur Datenaggregation etwa.” Das weise häufig auf größere Probleme in den betreffenden Banken hin. Darüber hinaus seien Vergütungssysteme noch häufig so angelegt, dass sie zu sehr auf kurzfristige Profitabilität abstellten statt auf Nachhaltigkeit, beklagte Enria. Ein weiterer Punkt, der ihm sauer aufstieß, ist die Geldwäschebekämpfung. Kontrollen und Prozesse seien noch unzureichend. Bereits kurz nachdem Enria sein Amt Anfang vergangenen Jahres angetreten hatte, forderte er im EZB-Jahresbericht von den vom SSM beaufsichtigten Instituten unmissverständlich eine “exzellente strategische Steuerung” mit Weitblick ein. Eine Governance, unter der kurzfristiges Gewinnstreben und Geldwäsche möglich seien, sei nicht weiter akzeptabel.Nun machte er erneut unmissverständlich deutlich, dass er Governance-Probleme als Ursache vielfältigen Übels betrachtet. “Um es kurz zu sagen: Wir sind besonders beunruhigt über Governance. Eine schwache Governance kann Quelle vieler anderer Probleme in einer Bank sein.” So habe der SREP nicht nur eine Verschlechterung der Governance, sondern auch der operativen Risiken offenbart – 77 % der Banken schnitten hier mit 3 ab im Vergleich mit 63 % im Jahr davor. Als Ursache dafür seien vor allem Verhaltensrisiken und IT- und Cyberrisiken anzusehen. Mit entsprechenden Wechselwirkungen: “Die meisten operativen Risiken entstammen Verhaltensrisiken, die wiederum häufig auf Governance-Probleme zurückgeführt werden können”, erklärte Enria. Erträge unter KapitalkostenIn Reaktion darauf wollen die Aufseher den Fokus ihrer Tätigkeit deshalb verstärkt auf interne Governance und operative Risiken richten. Der dritte Bereich, den sie stärker in Augenschein nehmen wollen, ist die Nachhaltigkeit der Geschäftsmodelle. Hier beklagt der SSM die mangelnde Profitabilität. Die Erträge lägen in den meisten bedeutenden Instituten unter den Kapitalkosten. Dennoch sei er mit dem Gesamtniveau der Kapitalausstattung der vom SSM beaufsichtigten Institute “weitgehend zufrieden”, bemerkte Enria. Als positiv stellte er zudem die besser bewerteten Liquiditätsrisiken sowie die gestiegene Assetqualität heraus. Seit der SSM Ende 2015 die Arbeit aufnahm, habe sich das Volumen an faulen Krediten der bedeutenden Institute von 1 Bill. Euro fast halbiert. Ende September 2019 betrug es den Angaben zufolge 543 Mrd. Euro. TransparenzoffensiveDie SREP-Anforderungen und -Empfehlungen für das harte Kernkapital liegen wie im Jahr zuvor bei 10,6 %. 6 der 109 geprüften Banken wurden dabei nicht den Erwartungen gerecht – sie erreichten nicht die Säule-2-Empfehlung. Diese ist SREP-Bestandteil und eigentlich nicht verbindlich. Die Aufsicht erwartet dennoch, dass sie eingehalten wird. Säule-2-Anforderungen belaufen sich im Schnitt auf 2,1 %, Säule-2-Empfehlungen auf 1,5 % der risikogewichteten Assets. Vier der sechs Banken hätten die Mängel bereits behoben, sagte Enria. Die verbliebenen beiden Institute wurden aufgefordert, dies innerhalb einer vorgegebenen Zeitspanne nachzuholen. Erstmals machte die EZB-Aufsicht aggregierte Daten zum Geschäftsmodell und Informationen zu den Säule-2-Anforderungen der einzelnen Banken öffentlich. 108 Banken stimmten der Offenlegung zu oder hatten die Anforderungen auf ihren Homepages veröffentlicht. Eine Bank, deren Name nicht genannt wurde, verweigerte sich.