InterviewRebecca Harding, DSR Bank

„Einlagen bei uns gelten als Vermögenswerte und nicht als Schulden“

Die DSR Bank würde die europäische Verteidigung durch günstige Finanzierung und schnelle Anpassung von Lieferketten erheblich stärken. Welcher Meilenstein bei der Gründung der Rüstungsbank bevorsteht, erklärt Rebecca Harding als Chief Economist der DSR Bank.

„Einlagen bei uns gelten als Vermögenswerte und nicht als Schulden“

IM INTERVIEW: REBECCA HARDING

„Einlagen bei uns gelten als Vermögenswerte“

Die Mitgründerin der DSR Bank stellt Erreichung eines Meilensteins für den Nato-Gipfel Ende Juni in Aussicht – Rüstungsbank nimmt auch First Loss Pieces

Die durch die russische Bedrohung ausgelöste Zeitenwende betrifft auch den Finanzsektor. Und bei der Finanzierung des Rüstungssektors könnten die Banken bald um ein wichtiges Element bereichert werden. Denn in Gründung befindet sich mit der DSR Bank ein multilateral aufgestellter Spezialist, der, mit staatlichem Kapital gefüttert, einen starken Hebel zur Mobilisierung von privatem Kapital bieten kann. Rebecca Harding erklärt als Chief Economist der DSR Bank im Interview der Börsen-Zeitung, wie die Mechanik zur Rüstungsfinanzierung im Verbund funktionieren kann.

Frau Harding, wie ist der Stand bei der Entwicklung der DSR Bank, und welche Hürden müssen noch überwunden werden?

Die Defense, Security, and Resilience Bank (DSR Bank) soll als multilaterale Bank die Sicherung und schnelle Anpassung kritischer Lieferketten ermöglichen und gleichzeitig Staaten die langfristige, günstige Finanzierung von Rüstungsinvestitionen bieten – gestützt durch ein AAA-Kreditrating. Dazu befinden wir uns derzeit mit allen relevanten Entscheidern aus den europäischen Mitgliedstaaten und der EU in fortgeschrittenen laufenden Gesprächen. Das Konzept trifft auf breite Zustimmung auf politischer und fachlicher Ebene. Erste Schritte zur Gründung – wie die Bildung einer Gruppe von Gründungsstaaten und Charta-Verhandlungen – sind eingeleitet worden. Die nächsten Meilensteine umfassen die Verabschiedung der Bankcharta, was auf dem Nato-Gipfel Ende Juni in Den Haag geschehen soll.

Was sind die Vor- und Nachteile einer multilateralen Entwicklungsbank?

Die DSR Bank wird Kapital durch eigene Anleihen mit AAA-Rating zu günstigen Konditionen bereitstellen und mittels Garantien an Kreditbanken die Finanzierung von Unternehmen in der Verteidigungsindustrie erleichtern – insbesondere kleinere und mittelständische Zulieferer sowie Defence-Tech-Start-ups werden davon profitieren. Durch die bereits im Gründungsvertrag verankerte Garantiefähigkeit löst sie die zentrale politische Herausforderung: die schnelle Anpassung europäischer Lieferketten durch die Mobilisierung kurzfristigen Betriebskapitals. Aus Sicht der nationalen Haushaltsführung gelten Einlagen bei der Bank als Vermögenswerte und nicht als Schulden, was die Staatsverschuldung nicht erhöht – ein bedeutender Vorteil in Zeiten hoher und zunehmender öffentlicher Verschuldung.

Das ist natürlich ein wichtiger Punkt bei der Beschaffung von Finanzierungsmitteln.

Das ist so. Die DSR Bank bietet zudem einen Hebel für gemeinsame Beschaffung, stärkt die industrielle Basis in allen Mitgliedstaaten und kann durch entsprechende Kreditkriterien die Interoperabilität von Verteidigungssystemen sowie die politische Einigkeit innerhalb der Nato- und Indopazifik-Allianzen fördern.

Wie sind die EU-Alternativen und dabei vor allem die Rearmament Bank zur Verteidigungsfinanzierung zu beurteilen?

Vor dem Hintergrund des anhaltenden russischen Angriffskrieges in der Ukraine und weiterer geopolitischer Verschiebungen ist es zu begrüßen, dass derzeit unterschiedliche Konzepte und Ideen zur Stärkung unserer Verteidigungskapazitäten diskutiert und geprüft werden – dies bringt uns insgesamt in der Diskussion nach vorne. Der große Vorteil der DSR Bank gegenüber den derzeitigen europäischen Komplementen liegt in ihrer strukturellen Einfachheit: Um als wirksames Instrument zur Effizienzstärkung der europäischen Lieferketten schnell zu funktionieren, werden zunächst nur wenige nationale Regierungen zur Gründung benötigt, und es besteht kein Bedarf an Aufnahme von privatem Kapital. Die DSR Bank verfolgt zudem keinen reinen EU-zentrierten Ansatz wie andere Konzepte und will langfristig die volle Beteiligung von Nicht-EU-Staaten wie UK, USA, Kanada, Südkorea, Japan oder Australien erreichen, was die Wirkung und Finanzkraft deutlich stärken würde.

Die EIB scheint kein geeignetes Vehikel für Rüstungsfinanzierung zu sein, oder?

Die EIB und ähnliche Institutionen sind bisher nicht auf Verteidigung spezialisiert, was die Anpassung der Governance und die Akzeptanz von Rüstungsfinanzierungen komplex macht und politisiert; zudem fehlt die Flexibilität eines eigenständigen Mandats, wie es die DSR Bank vorsieht.

Wie steht es denn um die Governance-Struktur bei der DSR – sowohl auf Gesamtbankebene als auch operativ bei Kreditentscheidungen?

Für die DSR Bank werden die gleichen regulatorischen und verhaltensbezogenen Compliance-Vogaben gelten, die für jede globale Bank gelten. Jedoch erwarten wir aufgrund ihres globalen Charakters, dass sie letztendlich die Baseler, EBA/ESMS- und FCA-Vorschriften und Standards wird einhalten müssen.    

Was die DSR Bank sehr wertvoll machen kann bei Club Deals zur Rüstungsfinanzierung, ist ihre Offenheit für First-Loss-Komponenten – was aber ein starkes Risikomanagement erfordert.

Operativ braucht es ein starkes Risikomanagement mit klaren Kreditrichtlinien, Due-Diligence-Prozessen und unabhängigen Kontrollgremien, um Fehlallokationen zu verhindern. Gerade die Nutzung von First-Loss-Elementen zur Hebelung privaten Kapitals ist sinnvoll, setzt aber voraus, dass Risiken strikt überwacht und kontrolliert werden.

Sollen die USA wirklich einbezogen werden und wenn ja, mit Vetorecht?

Der Fokus der DSR Bank liegt zunächst darauf, die europäische Verteidigung zu stärken. Diese reicht bereits jetzt über die Grenzen der EU hinaus – denken wir beispielsweise an Großbritannien. Langfristig ist der Plan, eine breite Allianz aus transatlantischen und Indopazifik-Staaten zu gewinnen – einschließlich der USA –, die notwendig sind, um die Bank wirklich als globale Institution zu etablieren. Klar ist jedoch: Jedes Land, das sich einmal beteiligen möchte, wird sich an die Regeln halten müssen, die durch die Gründungsmitglieder in der Urkunde der Charta festgelegt wurden.

Wie schnell kann eine Banklizenz erlangt werden?

Dies wird schlussendlich damit zusammenhängen, wo sich der Hauptsitz der Bank befinden wird – etwas, das im Rahmen des politischen Willensprozesses diskutiert wird.

Die Fragen stellte Björn Godenrath.

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