Bankenregulierung zum Abgewöhnen

Von Bernd Wittkowski, Frankfurt Börsen-Zeitung, 7.2.2017 Zu einem Hintergrundgespräch über den Legislativvorschlag der EU-Kommission zur Überarbeitung wesentlicher bankaufsichtlicher Regeln, in der Fachwelt bekannt als "CRR/CRD Review", hatte der...

Bankenregulierung zum Abgewöhnen

Von Bernd Wittkowski, FrankfurtZu einem Hintergrundgespräch über den Legislativvorschlag der EU-Kommission zur Überarbeitung wesentlicher bankaufsichtlicher Regeln, in der Fachwelt bekannt als “CRR/CRD Review”, hatte der Bundesverband deutscher Banken (BdB) für Montag die Presse in Frankfurt eingeladen. Das 90-Minuten-Seminar hätte auch unter der Überschrift “Regulierung zum Abgewöhnen” stehen können, und das lag sicher nicht an den Referenten Dirk Jäger, Geschäftsführer Bankenaufsicht und Bilanzierung des BdB, und Thomas Lorenz, Direktor im Geschäftsbereich Recht, die durchaus kompetent in einer Buchstabensuppe von MREL und TLAC, BRRD und SRMR oder NSFR, SREP und IRRBB u. v. m. herumrührten. Falls Ihnen nicht jede Abkürzung absolut vertraut erscheinen sollte, liebe Leserinnen und Leser: Machen Sie sich nichts daraus, Sie sind vermutlich in guter Gesellschaft.Doch auch ohne schon jedes Detail etwa der geplanten Regeln zum “Interest Rate Risk in the Banking Book” – dafür steht zum Beispiel “IRRBB” – zu kennen, wurde bei dieser Veranstaltung einmal mehr deutlich: Banken, die gehofft hatten, die Regulierungsflut habe ihren Höhepunkt überschritten, mögen weiterträumen. Allein das “Risk Reduction Package”, wie der Vorschlag der EU-Kommission vom November auch genannt wird und das die Umsetzung des Basel-III-Rahmenwerks vervollständigen soll, garantiert, dass es Regulierern wie Regulierten (und uns) bei einem möglichen Inkrafttreten 2019 wegen unterschiedlicher Anwendungszeitpunkte mindestens bis 2023 nicht langweilig wird. Schließlich gibt es auch noch eine Reihe von Themen, die aus Brüsseler Sicht besonderer Behandlung bedürfen, bei denen also die für internationale Banken entwickelten Regeln für den EU-Kontext anzupassen sind.Ob die kleineren Institute, für die unter dem Stichwort “Proportionalität” Erleichterungen bei administrativen Lasten und Offenlegungsanforderungen in aller Politiker Munde sind, wirklich darauf setzen können, von den schlimmsten Regulierungsexzessen verschont zu bleiben, scheint dabei noch nicht ausgemacht. Zum einen wäre bei dem von der Kommission geplanten Schwellenwert einer Bilanzsumme von 1,5 Mrd. Euro immer noch eine Vielzahl deutscher Institute, die nach hiesigen Maßstäben als eher “klein” gelten, gleichwohl von den strengen Regeln betroffen: die Mehrzahl der 396 Sparkassen und etwa 120 der knapp 1 000 Genossenschaftsbanken. Zum anderen wird aktuell in Europa darüber diskutiert, die bisher nur für die 30 global systemrelevanten Banken geltende Anforderung an die Verlustabsorptionsfähigkeit (Total Loss Absorbing Capacity – TLAC) auf alle Banken auszudehnen, was insoweit nicht gerade eine Entlastung kleiner Häuser wäre.Das ist die eine Seite der Bankenregulierung. Die andere: Nicht alles, aber vieles, was diesbezüglich derzeit von Basel bis Brüssel diskutiert wird, steht sozusagen unter “Entfesselungsvorbehalt”. US-Präsident Donald Trump will die Regulierung zumindest in Teilen zurückdrehen und hat konkret das Dodd-Frank-Gesetz, mit dem Washington auf die Finanzkrise reagiert hatte, auf den Prüfstand gestellt. Was BdB-Hauptgeschäftsführer Michael Kemmer am Montag bewog, vor einem “Wettbewerb der Laschheit” zu warnen. Die Stabilität des Weltfinanzsystems könne nur eine international abgestimmte Regulierung gewährleisten.Die aber ist nun in hohem Maße in Frage gestellt – nach den Wahlen dieses Jahres vielleicht sogar in Europa. Auch diesseits des Atlantiks sind vermutlich nicht alle in jeder Hinsicht traurig darüber. BRRD, SRMR & Co. könnte man dann ja immer noch beim Scrabbeln verwenden. ——–Vieles, was zurzeit von Basel bis Brüssel diskutiert wird, steht unter “Entfesselungsvorbehalt”.——-