Banker wünschen Aufsichtsreform

Wirecard-Fall offenbart Bedarf an mehr BaFin-Kompetenzen - Stimmung hellt sich laut CFS-Index auf

Banker wünschen Aufsichtsreform

Nach dem Corona-Schock steigt die Laune in Deutschlands Finanzinstituten wieder. Dem Absturz des Stimmungsbarometers CFS-Index im Startquartal folgt ein kräftiger Anstieg. Eines anderen Schocks wegen, des Wirecard-Falls, sei eine Reform der Aufsicht vonnöten, sind sich die Finanzentscheider einig.fir/sp Frankfurt/Berlin – In der Diskussion über eine Reform der Finanzaufsicht infolge des Wirecard-Skandals vertritt die deutsche Finanzbranche eine eindeutige Meinung: Gut 85 % der vom Center for Financial Studies (CFS) befragten Führungskräfte sind von Reformbedarf überzeugt und drei Viertel der Ansicht, dass die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) weitere Befugnisse erhalten sollte, um für alle Finanzdienstleistungen zuständig zu sein. Im Falle Wirecards hat sie lediglich die Bank, nicht aber den Gesamtkonzern beaufsichtigt, der als Technologieunternehmen gilt. 58 % der Umfrageteilnehmer sprechen sich für eine Zusammenführung der auf BaFin und Bundesbank aufgeteilten Aufsicht über die weniger bedeutenden Institute aus, gut 36 % sind dagegen.CFS-Geschäftsführer Volker Brühl plädiert für eine Erweiterung der Kompetenzen und der personellen und technologischen Ressourcen, warnt aber vor Schnellschüssen, wenn es um die mögliche Umgestaltung der Finanzaufsicht geht. Die Aufregung über Wirecard dürfe nicht in Aktionismus und Vorverurteilungen münden. “Ein Bashing der BaFin und des Bundesfinanzministeriums hilft niemandem. Der Sachverhalt ist noch lange nicht aufgeklärt. Erst wenn alle Fakten bekannt sind, kann man die entsprechenden Schlussfolgerungen in einem Reformpaket umsetzen”, wird Brühl in der Mitteilung von Donnerstag zitiert. FDP fordert Hufeld-RücktrittAm Mittwoch hatte sich Finanzminister Olaf Scholz (SPD) bei einer nichtöffentlichen Anhörung vor dem Finanzausschuss des Bundestages zum Fall Wirecard neuerlich hinter die in der Kritik stehende Aufsichtsbehörde gestellt (vgl. BZ vom 30. Juli). Die Vorsitzende des Ausschusses, Katja Hessel (FDP), forderte dagegen den Rücktritt von BaFin-Chef Felix Hufeld. Geht es nach der FDP, könnte die Rolle der Behörde bei dem Bilanzskandal schon bald im Rahmen eines Untersuchungsausschusses behandelt werden. “An einem Untersuchungsausschuss zum Wirecard-Skandal führt eigentlich kein Weg mehr vorbei”, sagte FDP-Fraktionsvize Christian Dürr am Donnerstag. “Ich erwarte, dass nicht nur die Minister Scholz und Altmaier als Zeugen geladen werden, sondern auch die Bundeskanzlerin.”Laut CFS-Umfrage vertreten 70 % der Finanzentscheider die Ansicht, dass neue Technologien wie etwa künstliche Intelligenz der Aufsicht zu besseren Ergebnissen verhelfen können. Verstärkte Digitalisierung werde insbesondere dazu beitragen, die Betrugserkennung und -prävention voranzubringen, findet auch der Geschäftsführer von Frankfurt Main Finance, Hubertus Väth: “Nun gilt es, das Momentum zu nutzen. Vom bargeldlosen Zahlungsverkehr bis zu digitalen Schuldscheinen, vom forensischen Accounting bis zum Reporting an die Aufsicht, in Finanzsektor, Prüfung und Aufsicht ruhen noch erhebliche digitale Potenziale.”Die Stimmung in der Finanzbranche hat sich im zweiten Quartal deutlich aufgehellt, wie der vierteljährlich ermittelte CFS-Index zeigt (s. Grafik). Nachdem das Stimmungsbarometer im ersten Quartal wegen der Coronakrise um 15,8 auf 98,8 Punkte abgestürzt war, ist es nun um 8,1 auf 106,9 Punkte gestiegen. Somit sei auf den im Startquartal stärksten je verzeichneten Rückgang des Indexes seit Beginn der Erhebungen im Jahr 2007 der kräftigste je gemessene Anstieg gefolgt, teilte das CFS mit.Die Finanzinstitute rechneten in der Geschäftsentwicklung mit einem V-Szenario, also mit einer dem heftigen Einbruch folgenden raschen Erholung, und mit einem milden Verlauf der Kreditausfälle, kommentierte CFS-Direktor Andreas Hackethal die Ergebnisse. Die positive Entwicklung sei auch Folge der politischen Reaktionen auf die Coronakrise, ergänzte Lutz Raettig, Präsident der Finanzplatzinitiative Frankfurt Main Finance. Er erwarte weitere positive Impulse im Zuge der Verhandlungen über den Brexit, wird es doch seiner Ansicht nach während der deutschen Ratspräsidentschaft zu einer Einigung kommen.Der Stellenabbau in den Banken verlief im zweiten Quartal langsamer als im ersten. Für das aktuelle Quartal gingen die Vertreter der Finanzinstitute aber davon aus, dass er wieder leicht zunehme.