"Bei weitem nicht so schlimm wie 2008"

Positive Töne bestimmen den ersten Tag der City Week in London - Covid-19 möglicher Katalysator für ESG

"Bei weitem nicht so schlimm wie 2008"

hip London – Trotz der Coronavirus-Pandemie und des herannahenden Endes der Brexit-Übergangsperiode haben positive Töne den ersten Tag der City Week bestimmt, die in diesem Jahr nur virtuell stattfinden konnte. Die aktuelle Krise sei “bei weitem nicht so schlimm wie 2008”, sagte Luke Ellis, der CEO des Hedgefondsbetreibers Man Group. Damals habe man nicht gewusst, ob es in Zukunft noch Banken oder Finanzmärkte geben würde.Eine der großen Hoffnungen der Square Mile ist das zunehmende Interesse an nachhaltigen Geldanlagen “Covid-19 könnte diesen Trend noch verstärken”, sagte David Schwimmer, der Chef der London Stock Exchange Group. Der Betreiber der Börsen von London und Mailand will als Anbieter von ESG-Daten daran partizipieren. Für die Vergleichbarkeit von Klimadaten sind ihm zufolge Konsistenz und Kohärenz erforderlich. “Das Wachstum, das wir in Hongkong und Asien beobachten, stimmt uns positiv”, sagte Schwimmer. “Zweifellos fasst ESG dort Fuß.” Saker Nusseibeh, der Chef des Vermögensverwalters Federated Hermes, erinnerte derweil daran, dass das Abhaken bestimmter Datenpunkte beim nachhaltigen Investieren nicht alles ist. “Wenn es nur darum geht, Geld zu verdienen, ist es wahrscheinlich am besten, nach Las Vegas zu gehen, und einen professionellen Poker-Spieler zu engagieren”, sagte Nusseibeh.City-Minister John Glen stellte ein “ambitioniertes Programm für aufsichtsrechtliche Reformen” vor. “Unser Ziel ist ein System, das flexibler und robuster ist und den Interessen der Branche und Großbritanniens insgesamt dient”, sagte Glen. In der nächsten Phase werde man überlegen, wie Großbritannien das Beste aus dem EU-Austritt machen könne. Und der ehemalige Chairman von Barclays und Standard Life, Gerry Grimstone, der mittlerweile als Staatssekretär im Wirtschaftsministerium der Regierung Investitionen im Ausland einwerben soll, verbreitete Optimismus zu den Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten über ein Freihandelsabkommen. Man wolle die Integration der Finanzmärkte weiter vertiefen und “der Welt ein Beispiel dafür geben”, wie reife Volkswirtschaften miteinander Handel treiben, sagte Grimstone. Mit Blick auf den vollen Kalender und die begrenzten Kapazitäten wolle man derzeit allerdings nicht auch noch Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen mit der Volksrepublik China aufnehmen.Mehr als 200 Konferenzteilnehmer hielten bis zum späten Nachmittag durch. “Die Branche hat eine Menge, auf das sie stolz sein kann”, sagte Hannah Gurga, Chief of Staff beim Branchenverband UK Finance. Es habe während der Pandemie zwar Probleme gegeben, aber die Systeme seien nicht zusammengebrochen. “Die Krise war im Grunde ein riesiges Experiment, was das Arbeiten von zu Hause angeht.” Zugleich habe sie die Wichtigkeit von persönlichen Treffen und der persönlichen Zusammenarbeit deutlich gemacht. All das dürfte sich in “flexibleren und agileren” Arbeitsverhältnissen widerspiegeln.”In Sachen Zukunft der Arbeit sind wir 20 Jahre vorangegangen”, sagte Peter Harrison, der Chef des Assetmanagers Schroders. Derzeit seien etwa 15 % bis 20 % der zuvor üblichen Mitarbeiterzahl im Büro. “Sehr positiv” wäre aus seiner Sicht, wenn diese Zahl wieder auf 50 % bis 60 % steigen würde. “Als Händler fühlt man sich sehr unwohl, wenn man von zu Hause arbeitet”, sagte Harrison. Er mache sich ein wenig Sorgen um die Innovationskraft, aber alles in allem sei die Produktivität “fast besser” als zuvor. Bei der Man Group sind Ellis zufolge derzeit nur 10 % der Belegschaft im Büro. Die Produktivität leide darunter nicht. In Zukunft werden es vielleicht nicht mehr als 60 % bis 70 % sein, sagte Ellis. “Das bedeutet aber nicht unbedingt, dass man eine Menge Bürofläche einsparen kann. Denn man muss Raum schaffen, damit die Leute zurückkommen und zusammen arbeiten können.” Die Pandemie berge eine Menge Herausforderungen für die City und werde sie für die absehbare Zeit beschäftigen.