Bertelsmann-Fintech Riverty hat Lust auf europäische Expansion
IM GESPRÄCH: ANDREAS BARTH
Riverty ist ein Fintech-Riese
Der CEO der Bertelsmann-Tochter hat Lust auf europäische Expansion – Bei Produktentwicklung dank KI einen Sprung gemacht
bg Frankfurt
Von Björn Godenrath, Frankfurt
Als Andreas Barth von den Bertelsmann-Chefs gefragt wurde, ob er zum Sommer 2024 als neuer CEO der Fintech-Tochter Riverty übernehmen wolle, da musste er nicht lange überlegen. Eine solche spannende Aufgabe in der Finanzindustrie wollte sich das Konzern-Eigengewächs nicht entgehen lassen, und er übernahm als Nachfolger von Jan Altersten zum 1. Juni 2024 die Führung der zuvor als „Arvato Financial Solutions“ firmierenden Einheit.
Mit gut 4.000 Mitarbeitern steht Riverty heute für jährliche Erlöse von rund 800 Mill. Euro - und wir wachsen zweistellig.
Gut 4.000 Mitarbeiter
Die hat über die Jahre eine stattliche Größe entwickelt: „Mit gut 4.000 Mitarbeitern steht Riverty heute für jährliche Erlöse von rund 800 Mill. Euro. Wir wachsen zweistellig und sind bislang in elf Ländern präsent. Neben dem deutschsprachigen Raum sind das vor allem Skandinavien und die Benelux-Länder“, so Andreas Barth im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Und wenn man so wie Riverty alles an technischen Plattformen und Lizenzen an Bord habe, dann könne man auch bald über eine geografische Ausweitung in weitere größere europäische Volkswirtschaften nachdenken.
Neue EU-Richtlinie hält Riverty auf Trab
Was Barth im Moment vor allem umtreibt, ist die Umsetzung der EU-Verbraucherkreditrichtlinie CCD2. Riverty ist unter anderem im Geschäft mit Ratenkrediten und „Buy Now Pay Later“ (BNPL) tätig – und die Ausweitung von BNPL vor allem bei jungen Konsumenten im Online-Shopping hatte vor geraumer Zeit die Aufseher auf den Plan gerufen, was in die CCD2 mündete. „Als kreditgebendes Institut müssen wir schon die Prozesse dahinter neu strukturieren, um alle Anforderungen zu erfüllen. Sprich, wir müssen unsere Kunden über die KYC noch besser mit zusätzlichen Daten kennenlernen.“
Leitungsportfolio über die Jahre gewachsen
Barth erwartet, dass die CCD2-Umsetzung zunächst dafür sorgen werde, dass die Anzahl an BNPL-Transaktionen möglicherweise sinken werde, man dann aber über Upselling (Kreditlinien und flexiblere Rückzahlungsoptionen) mittelfristig perspektivisch mehr rausholen kann. Im Verbund mit dem Factoring – B2B-Factoring ist die Wurzel der Fintech-Einheit von Bertelsmann – wickelt Riverty schon jetzt ein hohes Zahlungsvolumen ab: Monatlich werden 80 Millionen Transaktionen für über 20.000 Händler durchgeführt. Zum Factoring und zu ersten B2C-Zahlmethoden kamen über die Jahre Betrugsprävention, Kreditvermittlungsdienste, Forderungsmanagement und eben „Buy Now, Pay Later“ unter der Marke AfterPay hinzu.
Mit Bertelsmann im Rücken ließe sich bei M&A einiges stemmen
Das sind die Spielfelder, auf denen sich Riverty bewegt. Zukäufe könnten Barth zufolge durchaus auf die Agenda kommen, mit einem starken Eigentümer wie Bertelsmann könne man da schon was stemmen. Wobei vor allem solche Opportunitäten interessant seien, wenn man Technologie erwerben könne, die sich in Verbindung mit einem neuen Markt oder Land skalieren ließe.
Unsere KI-Strategie ist human centric: Der Kunde soll immer die Wahl haben, wie er kommunizieren möchte.
Wo KI zum Einsatz kommt
Weit oben auf der Agenda steht die Umsetzung einer KI-Strategie, die „human centric“ ausgerichtet ist. Dabei denkt Barth an den Inkassodienst, der so funktionieren solle, dass es mit einem menschlichen Antlitz abläuft. „Der Kunde soll immer die Wahl haben, wie er kommunizieren möchte.“ Zum Einsatz kommt KI primär in drei Bereichen: Im Risikomanagement, wo KI im Payment Betrugsmuster scannt, im Kundendienst als eigener Kanal oder unterstützend beim Kundenberater sowie im Coding. Da habe Riverty dank KI bei der Produktentwicklung einen Sprung hin zu schneller und besser gemacht – und es sei keinesfalls so, dass man nun weniger Software-Entwickler brauche, widerspricht Barth der These, dass KI die Jobs der Programmierer bedrohe.
Mit Erlösen von 800 Mill. Euro und hohem Wachstum gehört Riverty zu den deutschen Fintech-Größen. CEO Andreas Barth kann sich vorstellen, die Entwicklung mit gezielten Zukäufen zu beschleunigen. Mit einem Eigentümer wie Bertelsmann könne man schon was stemmen, so Barth im Gespräch mit der Börsen-Zeitung.