Fondsmarkt

BlackRock entert Reich der Mitte

BlackRock wagt den Eintritt in den chinesischen Markt für Publikumsfonds in Eigenregie. Vor den Konkurrenten aus den USA und Europa hat das Haus dafür von der Aufsicht grünes Licht bekommen. Die Perspektiven sind verlockend.

BlackRock entert Reich der Mitte

Von Norbert Hellmann, Schanghai

BlackRock ist als weltgrößter Assetmanager nicht für kleckern, sondern für klotzen bekannt. Entsprechend wuchtig stellt sich nun auch der von Chinas Finanzregulatoren geebnete Einstieg in das Fondsgeschäft mit chinesischen Retailkunden dar. Kurz vor Erreichen des Stichtagsdatums am 10. September hat BlackRock den Abschluss ihrer Fondsgeldeinwerbung bekannt gegeben. Nun kann die Gesellschaft mit einem ersten Publikumsfonds loslegen, der 6,7 Mrd. Yuan (rund 880 Mill. Euro) auf die Waage bringt.

Tempo geht vor Volumen

Eigentlich hatte BlackRock von den chinesischen Behörden die Autorisierung erhalten, bis zu 8 Mrd. Yuan einzusammeln, aber das Haus scheint nun vielmehr darauf zu brennen, möglichst zeitig mit dem Vehikel loszulegen, um sein gegenwärtiges Alleinstellungsmerkmal zu sichern. Zwar gibt es eine ganze Reihe von großen global aufgestellten Assetmanagern aus den USA und Europa, die bei der Wertpapieraufsicht ebenfalls Anträge für ein vergleichbares Unterfangen eingereicht haben (siehe Grafik), jedoch ist der Platzhirsch BlackRock tatsächlich die erste Adresse, die grünes Licht bekommen hat.

Mit dem Rechtsstatus des „wholly foreign-owned mutual fund manager“ ist BlackRock jetzt anders als in früheren Zeiten vom Joint-Venture-Zwang befreit, mit dem die ausländischen Assetmanager und Investmentbanken bei ihren Ambitionen, sich eine Schnitte im chinesischen Wertpapiergeschäft zu sichern, in Schach gehalten wurden. Auch BlackRock war schon seit 2006 indirekt im chinesischen Fondsgeschäft unterwegs, aber eben nur mit einer Minderheitsbeteiligung im Rahmen einer Partnerschaft mit Bank of China Investment Management.

Nun aber geht es um den eigenen Markenauftritt bei voller Managementkontrolle und damit um die Chance, beim chinesischen Publikum mit der Aura des westlichen Markt-Know-hows zu glänzen, auch wenn es natürlich eigentlich um Expertise in Chinas turbulenten Festlandmärkten für Aktien und Bonds geht. Der neue BlackRock China New Horizon Mixed Securities Investment Fund wird denn auch von Alex Tang gesteuert, einem reichlich erfahrenen chinesischen Aktienspürhund.

Was das Timing des Entrees von BlackRock angeht, gibt es unterschiedliche Befindlichkeiten. Zweifelsohne liegt der US-Riese, was die Nachfrage nach Retailfondsprodukten bei chinesischen Privatanlegern betrifft, goldrichtig. Jahrzehntelang ist auf dieser Ebene wenig passiert, weil die berüchtigte Casino-Mentalität des chinesischen Kleinanlegers diesen dazu verführte, sein Glück auf eigene Faust mit spekulativen Aktienpicks zu versuchen. Allerdings haben spektakuläre chinesische Aktienmarktcrashs und zuletzt auch die Corona-Epidemie das Anleger-Mütchen reichlich gekühlt und mehr Sicherheitsdenken, interessanterweise auch gerade beim jüngeren Publikum, hervortreten lassen. Der renditehungrige chinesische Anleger scheint immer mehr dazu bereit, auf die Diversifizierungskünste eines Fondsprofis zu setzen.

Chinas Banken und Assetmanager sind gierig auf diesen Anlegertrend angesprungen, kreieren neue Fondsvehikel, was das Zeug hält, und unternehmen weitschweifige Marketing- und Vertriebsanstrengungen. Der Erfolg lässt sich an den seit 2020 boomenden Wachstumsraten im chinesischen Mutual-Fund-Geschäft festmachen. Im vergangenen Jahr haben die Publikumsfonds die Rekordsumme von 3,1 Bill. Yuan, das sind gut 400 Mrd. Euro, neu unter ihre Verwaltung gebracht. In diesem Jahr lag man Ende August bereits bei mehr als 2 Bill. Yuan, was einen neuen Jahresrekord erwarten lässt.

„Tragischer Fehler“

Die Nachfrage stimmt also. Wie aber sieht es mit Finanzmarktrisiken im Reich der Mitte aus? Chinas epochale Regulierungskampagne in der Digitalwirtschaft und der von ihr bewirkte massive Einbruch von Internet- und Technologieaktien hat insbesondere ausländische Investoren für das „politische“ China-Risiko sensibilisiert. Es geht um die Gefahr, dass die politisch motivierten Eingriffe der Regierung im Finanzmarktgeschehen und eine überbordende staatliche Offensive zur Kontrolle über die Privatwirtschaft neben der Tech-Szene weitere Sektoren erfasst und deren Aktien in die Tiefe reißt.

Der altehrwürdige Investmentguru George Soros hat sich dieses Themas nun in einem Meinungsstück im „Wall Street Journal“ angenommen und BlackRocks mit hohen eigenen Investitionen unterfütterte China-Expansion als „tragischen Fehler“ bezeichnet. Soros stellt dabei auf die neue „Uninvestierbarkeit“ des chinesischen Kapitalmarkts und seine Abhängigkeit von staatlicher Willkür ab. Er mutmaßt, dass BlackRock eine Menge eigenes Geld in den Sand zu setzen droht und nebenbei auch seinen neuen Fondskunden in China keinen Gefallen tun wird.

Während sich BlackRock mit einer Replik vornehm zurückgehalten hat, ist Chinas kampflustige Staatspresse auf das Thema angesprungen, um Soros als Chinahasser zu schmähen und BlackRock bei ihrem forschen China-Engagement herzlich willkommen zu heißen. Der US-Riese bekommt den Teppich ausgerollt. Nun muss er nur noch beweisen, dass dieser auch rutschsicher ist.