Liquiditätsflüsse

Bundesbank hofft auf Comeback des privaten Interbankenmarkts

Seit der Finanzkrise haben die Zentralbanken die grenzüberschreitenden Liquiditätsflüsse dominiert. Ökonomen der Bundesbank verleihen in einer im aktuellen Monatsbericht veröffentlichen Studie der Hoffnung den Ausdruck, dass die privaten Banken diese Aufgabe wieder übernehmen werden.

Bundesbank hofft auf Comeback des privaten Interbankenmarkts

Bundesbank hofft auf Comeback des privaten Interbankenmarkts

Studie analysiert die grenzüberschreitenden Liquiditätsflüsse systematisch – Jüngste geldpolitische Straffung der EZB macht sich bereits bemerkbar

lee Frankfurt

Die Deutsche Bundesbank hofft, dass die aktuelle geldpolitische Straffung und der damit einhergehende Abbau der Überschussliquidität die Geschäftsbanken wieder in die Lage versetzen, ihre volkswirtschaftliche Rolle wahrzunehmen. Eine Untersuchung, deren Ergebnisse die Bundesbank in ihrem aktuellen Monatsbericht veröffentlichte, verdeutlicht, wie makroökonomische Veränderungen die grenzüberschreitenden Liquiditätsflüsse insbesondere seit der Finanzkrise von 2008 verändert haben.

Die Studienautoren gingen einerseits der Frage nach, wie externe Schocks und andere Entwicklungen im In- und Ausland die grenzüberschreitenden Transaktionen Deutschlands und damit den entsprechenden Zu- und Abfluss an Liquidität beeinflusst haben. Andererseits interessierten sich die Ökonomen dafür, welche Akteure des Bankensystems den hierfür notwendigen Zahlungsverkehr gewährleisteten. Zum Bankensystem zählt neben den Geschäftsbanken auch die Bundesbank.

Um die grenzüberschreitenden Liquiditätsflüsse systematisch zu analysieren, stellten die Autoren die Salden der Zahlungsbilanz so dar, dass die Richtung der Liquiditätsflüsse erkennbar ist. Als mögliche Einflussfaktoren auf die grenzüberschreitenden Liquiditätsflüsse untersuchten sie neben der Konjunktur auch die Geldpolitik und die Unsicherheit der Marktteilnehmer. In dieser Betrachtungsweise kommt es vor allem darauf an, wie sich die Situation im Ausland im Vergleich zur Situation in Deutschland darstellte.

Zuflüsse in nervösen Märkten

Die Ökonomen bedienen sich hierbei einer Schätzung, die auf einem sogenannten bayesianischen vektorautoregressiven Modell (BVAR) beruht. Die Liquiditätszuflüsse nach Deutschland sind demnach etwa dann höher, wenn die Konjunktur im Ausland dynamischer ist und die Nachfrage nach deutschen Produkten steigt. Die Geldpolitik führt dann zu Zuflüssen nach Deutschland, wenn die Europäische Zentralbank (EZB) restriktiver agiert als andere Zentralbanken.

Eine hohe Nervosität an den Finanzmärkten führt tendenziell ebenfalls zu stärkeren Zuflüssen, weil Deutschland zumindest im europäischen Kontext als sicherer Hafen gilt. Ausnahmen stellten die Weltfinanzkrise und später der Ausbruch der Corona-Pandemie dar. In beiden Fällen setzte eine so starke Verunsicherung ein, dass die Kapitalflucht in Richtung USA einsetzte und Deutschland Liquiditätsabflüsse verzeichnete.

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Bis 2008/09 hatte die Liquiditätsversorgung fast ausschließlich in der Hand der Geschäftsbanken gelegen. Als der Interbankenmarkt und die Kreditversorgung zu versiegen drohten, übernahmen die Zentralbanken erstmals die Aufgabe, durch geldpolitische Maßnahmen grenzüberschreitend Mittel bereitzustellen. Dieses Muster setzte sich in der europäischen Staatsschuldenkrise fort und wiederholte sich in deutlich verstärkter Form in der Coronakrise.

Zuletzt sorgte die geldpolitische Straffung für eine Eindämmung der Liquiditätsabflüsse. “Es wäre zu begrüßen, wenn dabei auch die strukturelle Überschussliquidität so weit abgebaut wird, dass der private Interbankenmarkt im europäischen Zahlungsverkehr wieder an Bedeutung gewinnen kann”, schreiben die Autoren der Studie.

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