Finanzplatz

Deutsche Bank stärkt den Standort Paris

Der Brexit hat den Finanzstandort Paris gestärkt. Die Deutsche Bank etwa hat Geschäft von London in die französische Hauptstadt verlagert und plant den weiteren Ausbau. Frankreich-Chef Frank Krings erläutert seine Pläne.

Deutsche Bank stärkt den Standort Paris

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Nicht nur US-Banken wie J.P. Morgan setzen nach dem Brexit auf Paris. Auch die Deutsche Bank hegt für Frankreich Ambitionen und will dort ihre Marktanteile im Vergleich mit französischen und amerikanischen Banken steigern. „Wir haben in den vergangenen zwölf Monaten eine Reihe von kunden- und marktorientierten Leitungspositionen in Paris angesiedelt, deren Zuständigkeit über Frankreich hinausgeht und beispielsweise auch Teile des restlichen Europas oder den Mittleren Osten umfasst“, sagt Frank Krings. Er steht nicht nur an der Spitze von Deutsche Bank France, sondern ist als Chef auch für Westeuropa mit Ausnahme von Deutschland zuständig.

„Anfangs habe ich den im Juli 2020 geschaffenen Posten als Westeuropa-Chef der Bank noch in Verbindung mit meiner damaligen lokalen Vorstandsrolle von Luxemburg aus wahrgenommen“, berichtet er im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. „Es war aber vorgesehen, dass dieser, nach Abstimmung mit den zuständigen Aufsichtsbehörden, perspektivisch in Paris angesiedelt sein soll.“ Immerhin ist Frankreich die zweitgrößte Volkswirtschaft der Eurozone. Und: „Von der Marktkapitalisierung der Unternehmen her, die hier ihre Firmenzentrale haben, liegt Paris in der Europäischen Union an erster Stelle“, sagt Krings.

Kundschaft aus dem CAC 40

85% der im französischen Leitindex CAC 40 notierten Konzerne gehören zu den Kunden der Deutschen Bank. Sie hat seit 2013 sogar so viele Börsengänge in Frankreich begleitet wie keine andere Bank. „Von den sechs Spacs, die hier bislang an die Börse gekommen sind, haben wir vier in führender Funktion beraten – mehr als jede andere Bank“, erklärt Krings. „Französische Unternehmen, Institutionen und der öffentliche Sektor vertrauen uns, vielleicht gerade, weil wir international und keine reine Wall-Street-Bank sind.“

So hat die Deutsche Bank im Juni den Triebwerkshersteller Safran bei der bisher größten Ausgabe von Wandelanleihen in Frankreich in diesem Jahr beraten. Das Finanzinstitut war zudem an dem Übernahmeangebot des Umweltdienstleisters Veolia Environnement für seinen Konkurrenten Suez beteiligt und an der Kapitalerhöhung von Air France-KLM.

„Unsere Zielgruppe in Frankreich sind Unternehmen und Unternehmer sowie institutionelle Kunden wie Banken, Versicherungen, Pensionsfonds und Assetmanager einschließlich Private Equity“, sagt Krings. Hingegen stehe ein Einstieg ins Privatkundengeschäft in Frankreich nicht auf der Agenda. Dagegen ist inzwischen auch das Aktien-Research für mehrere Branchen in Paris angesiedelt: für die Schwerindustrie mit Unternehmen wie Siemens, Alstom und Knorr-Bremse, für den Luftfahrt- und Verteidigungssektor mit Schwergewichten wie Airbus und Safran sowie für den Bereich Hotellerie, Catering und Freizeit mit Konzernen wie Sodexo und Accor.

Derzeit beschäftigt die Deutsche Bank in Frankreich 220 Personen – weniger als in Luxemburg und in der Schweiz, dafür aber mit einer höheren Dichte an hochrangigen Führungskräften. Das Institut stelle in Paris für den Verkauf von Produkten des Bereichs Zinsen, Währungen und Unternehmensanleihen an institutionelle Kunden ein, erklärt Krings. In den Bereichen Fixed Income und Foreign Exchange habe die Bank die Marktanteile weltweit in den vergangenen Quartalen bereits gesteigert. Sie wolle auch in anderen Bereichen noch zulegen. In Paris dürfte die Zahl der Mitarbeiter jetzt auch im Private Banking steigen. Wie ihre amerikanischen Konkurrenten hat die Deutsche Bank dabei superreiche Kunden mit einem Vermögen von mehr als 100 Mill. Euro im Visier.

Verschiebungen wegen Brexit

Ein Teil der in den vergangenen Monaten in Paris angesiedelten Positionen war vorher in London ansässig. „In den letzten zwölf Monaten ist Paris als Knotenpunkt gestärkt worden“, sagt Krings. Die französische Hauptstadt habe als Standort von den Verbindungsmöglichkeiten mit der Bahn her einen Vorteil, da man schnell in Luxemburg, Brüssel und London sei, urteilt er. „Vor der Krise dominierte bei Geschäftsreisen das Flugzeug. Jetzt wird mehr Zug gefahren. Auch wenn sich Konferenzen per Zoom, Webex oder Teams während der Pandemie durchgesetzt haben, wünschen sich Kunden auch weiterhin persönliche Treffen – ebenso wie wir.“

Nach Angaben der Finanzplatzvereinigung Paris Europlace hat Paris seit dem Brexit-Votum von fast 200 Projekten für Neuinvestitionen oder Umzüge profitiert, die für rund 4000 direkte Arbeitsplätze stehen.