Die Erträge sollen auf breiterer Front zulegen
Von Bernd Neubacher, Frankfurt
Nach einer Ergebniswende im vergangenen Jahr dank entfallener Einmalbelastungen, Einsparungen und einer florierenden Investmentbank sieht sich die Deutsche Bank auf Kurs, ihre 2019 für Ende 2022 ausgegebenen Ziele, darunter eine materielle Eigenkapitalrendite von 8%, zu erreichen. „Ein wirklich sehr guter Start ins neue Jahr hat uns in dieser Zuversicht für unser Geschäft ganz und gar bestärkt“, sagte Vorstandschef Christian Sewing am Donnerstag bei Präsentation vorläufiger Zahlen für das vergangene Jahr. „Wir werden weiterhin keine Kompromisse bei den Kosten und beim Risikomanagement machen“, kündigte er an: „Und wir werden auf der Ertragsseite einen Gang höher schalten.“
Erstmals seit fünf Jahren weist die Bank fürs vorangegangene Jahr wieder einen Gewinn aus, den sie unter ihren Aktionären verteilen kann. Nach Steuern und vor Minderheitsanteilen weist das Haus ein Ergebnis von 624 Mill. Euro aus nach einem Verlust von 5,27 Mrd. Euro im Jahr davor. Analysten hatten im Konsens nur 245 Mill. Euro erwartet. Mit Erträgen von rund 24 Mrd. Euro, rund 4% mehr als 2019, lag das Institut im vergangenen Jahr, wie im Schlussquartal mit 5,45 Mrd., auf Linie mit der Konsensprognose.
Nach einem pandemiebedingten Boom im Investment Banking, der sich im laufenden Jahr abschwächen dürfte, steht die Bank nun vor der Aufgabe, ihr Ertragswachstum auf ein breiteres und zugleich solideres Fundament zu stellen. Wie es am Donnerstag hieß, soll die Unternehmenskundenbank ihre Erträge im laufenden und im kommenden Jahr ohne Sondereffekte um durchschnittlich 4% auf 5,5 Mrd. herauffahren und die Privatkundenbank um 2% auf dann 8,3 Mrd. Euro. Vom Assetmanagement wiederum, wo auch die Anteile an der Fondstochter DWS aufgehängt sind, wird eine Ausweitung der Erträge um 100 Mill. auf 2,3 Mrd. Euro für 2022 erwartet.
In der Unternehmensbank setzt das Management dabei unter anderem auf das Geschäft im zwischen Kleinunternehmern und Mittelstand angesiedelten Segment sowie auf eine vermehrte Zusammenarbeit mit der Investmentbank. Die Retail-Sparte soll unterdessen in den beiden Jahren ihr Provisionsergebnis weiter ausbauen. Im laufenden Jahr würden in der Unternehmens- sowie in der Privatkundenbank weitgehend stabile Erträge angestrebt, zu denen im Zinstief eine Ausweitung des Kreditgeschäfts, Preisinitiativen sowie Wachstum im Zahlungsverkehr beitragen sollten, wurde später aus einer Konferenz mit Analysten berichtet.
Im Investment Banking jedenfalls, das seine Erträge 2020 um 32% ausbaute und seinen Vorsteuergewinn auf 3,17 Mrd. Euro gut versechsfachte, dürfte die steile Ertragsdynamik 2021 nach Einschätzung des Managements etwas abflachen. In der konzernweit ertragsstärksten Sparte rechnet die Bank mit 8,5 Mrd. Euro. Dies wären knapp 800 Mill. Euro weniger als im vergangenen Jahr, zugleich allerdings immer noch gut 800 Mill. Euro mehr, als Analysten dem Institut bislang 2021 zugetraut haben. Schon 2020 hat die Sparte leicht besser abgeschnitten als erwartet. Sewing insistierte am Donnerstag darauf, dass der jüngste Ertragsschub überwiegend nachhaltig sei, da er auf den Gewinn von Marktanteilen im Beratungs- und Emissionsgeschäft zurückgehe.
Eine Frage der Kosten
Ihrem Ziel einer materiellen Eigenkapitalrendite von 8% aber könne sich die Bank auch schon „allein über die Kostenseite“ nähern, hielt er mit Verweis auf die Ankündigung fest, die bereinigten Kosten bis Ende 2022 auf 16,7 Mrd. Euro zu drücken. Im vergangenen Jahr kam das Haus bei bereinigten Kosten von noch 19,5 Mrd. Euro auf eine Eigenkapitalverzinsung von 0,2%.
Im letzten Jahresviertel hat die Bank mit einem Vorsteuergewinn von 175 Mill. Euro die Erwartungen deutlich hinter sich gelassen – prognostiziert worden war im Konsens ein Minus von 168 Mill. Euro. Die Diskrepanz sei vollständig auf eine rückläufige Risikovorsorge zurückzuführen, erklärten die Analysten von Citigroup am Donnerstag. Binnen Jahresfrist haben sich die Rückstellungen für Verluste im Kreditgeschäft im Schlussquartal des Pandemiejahres um gerade einmal 2% erhöht, und zum Vorquartal fielen sie um 8%, wie sie vorrechneten. Ihre Verkaufsempfehlung für den Wert erneuerten sie: „Insgesamt ein ordentliches Zahlenwerk, das aber kaum zu extrapolieren ist“, hieß es.
Finanzvorstand James von Moltke geht mit Blick auf die Risikovorsorge gleichwohl von einer leichten Entspannung im laufenden Jahr aus. Ende 2020 entsprach ihr Volumen mit 41 Basispunkten des Kreditportfolios der im Frühjahr vom Management angekündigten Spanne von 35 bis 45 Basispunkten. Von Moltke verweis auf eine hohe Qualität des Risikomanagements im Konzern, aber auch des Kreditbuches, das in weiten Teilen auf Baufinanzierungen im Inland entfällt (siehe Grafik).
Tatsache ist allerdings auch, dass die Bank außerhalb ihrer Paradesparte der Investmentbank im vergangenen Jahr operativ auf der Stelle trat. So nahm die Unternehmensbank im Zinstief 2% weniger ein, auch wenn sich ihr Vorsteuerergebnis infolge ausbleibender Wertminderungen auf 561 Mill. Euro versechsfachte. Die Einnahmen der Privatkundenbank stagnierten, den negativen Effekt aus dem Verkauf der Postbank Systems bereits herausgerechnet. Eine Kostenreduktion um 7% glich eine höhere Risikovorsorge in der Sparte mehr als aus und sorgte letztlich dafür, dass das Massengeschäft seinen Vorsteuerverlust auf 124 Mill. Euro mehr als halbierte. Ein um 11% sinkender Aufwand erlaubte unterdessen dem Assetmanagement trotz eines Ertragsrückgangs um 4% ein um 16% auf 544 Mill. Euro verbessertes Bruttoergebnis. Die Abbaueinheit verringerte ihren Fehlbetrag von 3,17 Mrd. auf 2,2 Mrd. Euro.
Kräftig Rückenwind
Kräftig Rückenwind erhielt der Konzern allerdings durch Sonderfaktoren. So führten allein der Fortfall einmaliger Belastungen in Form nicht wiederkehrender Wertberichtigungen auf Firmenwerte und geringere Aufwendungen für Restrukturierungen sowie sonstige Umbaukosten zu einer Ergebnisentlastung von insgesamt 1,8 Mrd. Euro. Für einen positiven Swing von nicht weniger als 2,2 Mrd. Euro sorgte zudem die Steuerposition der Gesellschaft, die für das Schlussquartal nach Auflösung von Rückstellungen für Rechtsstreitigkeiten sowie Steuereffekten im Zusammenhang mit aktienbasierten Vergütungen sogar eine Gutschrift von 14 Mill. Euro ausweist. Von einer ähnlich niedrigen Steuerquote im laufenden Jahr auszugehen wäre sehr optimistisch, erklärte Finanzvorstand von Moltke.
Die Bank strebt „natürlich für 2021 einen Gewinn an“, wie Sewing erklärte. Auch strebt das Institut, das Dividendenzahlungen für 2020 wie schon für 2019 ausgeschlossen hat, an, bereits im kommenden Jahr die Aktionäre am Ergebnis von 2021 zu beteiligen, wie Finanzvorstand von Moltke erklärte. Die Bank hat angekündigt, ab kommendem Jahr, die Genehmigungen unter anderem der Aufseher vorausgesetzt, über Dividenden und Aktienrückkäufe 5 Mrd. an die Aktionäre auszuschütten.
Deutsche Bank | ||||
Kennzahlen nach IFRS | ||||
4. Quartal | Gesamtjahr | |||
in Mill. Euro | 2020 | 2019 | 2020 | 2019 |
Zinsüberschuss | 2565 | 3266 | 11526 | 13749 |
Risikovorsorge im Kreditgeschäft | 251 | 247 | 1792 | 251 |
Zinsüberschuss nach Risikovorsorge | 2313 | 3019 | 9734 | 13026 |
Provisionsüberschuss | 2459 | 2339 | 9424 | 9520 |
Ergebnis aus Fair-Value-Bewertung finanzieller Vermögenswerte/Verpflichtungen | 516 | −95 | 2465 | 193 |
Ergebnis aus Fair-Value-Bewertung über die sonstige erfolgsneutrale Eigenkapitalveränderung | 86 | 23 | 323 | 260 |
Ergebnis aus zu fortgeführten Anschaffungskosten bilanzierten finanziellen Assets | − 4 | − | 324 | − |
Ergebnis aus nach der Equity-Methode bilanzierten Anlagen | 38 | 23 | 120 | 110 |
sonstige Erträge | − 208 | − 208 | − 154 | − 668 |
Personalaufwand | 2475 | 2691 | 10471 | 11142 |
Sachaufwand und sonstiger Aufwand | 2449 | 3317 | 10259 | 12253 |
Wertminderungen auf Geschäfts- oder Firmenwert und sonst. Immaterielle Assets | − | − | − | 1037 |
Restrukturierungsaufwand | 103 | 387 | 485 | 644 |
Verwaltungsaufwand insgesamt | 5027 | 6395 | 21216 | 25076 |
Ergebnis vor Steuern | 175 | − 1293 | 1021 | − 2634 |
Steuern (minus: Steuergutschrift) | − 14 | 191 | 397 | 2630 |
Nettoergebnis | 189 | − 1483 | 624 | − 5265 |
Minderheitsanteile | 42 | 35 | 129 | 125 |
Den Deutsche-Bank-Aktionären und Ergänzungskapital zurechenbares Konzernergebnis | 147 | − 1518 | 495 | − 5390 |
Ergebnis je Aktie (verwässert, Euro) | 0,07 | − 0,72 | 0,07 | − 2,71 |
durchschnittliche materielle Eigenkapitalrendite nach Steuern (%) | 0,4 | − 12,6 | 0,2 | − 10,9 |
Aufwand-Ertrag-Relation (%) | 92,2 | 119,6 | 88,3 | 108,2 |
Anteil der Risikovorsorge am Kreditvolumen, in Basispunkten | 23 | 23 | 41 | 17 |
Bilanzsumme (Mrd. Euro) | − | 1325 | − | 1298 |
harte Kernkapitalquote (CET1, fully loaded), in Prozent zum Periodenende | − | 13,6 | − | 13,6 |
Leverage Ratio (%) | − | 4,7 | − | 4,2 |
Mitarbeiter (Vollzeitäquivalent) | − | 84659 | − | 87597 |
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