Ein Familientreffen unter schwierigen Vorzeichen
Ein Familientreffen unter schwierigen Vorzeichen
Chef Ulrich Reuter muss beim Sparkassentag mit Absagen zurechtkommen. Er geht offen damit um.
Von Michael Flämig, Nürnberg
Knapp 3.000 Menschen, das Convention Center der Messe Nürnberg ist in das rote Sparkassen-Licht getaucht, und mittendrin wuselt Ulrich Reuter: Es ist der Tag des Präsidenten des Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV). Kurz vor dem Beginn des 28. Deutschen Sparkassentags um 9.30 Uhr gilt es hier einen Vertreter einer Südtiroler Sparkasse vorzustellen, dort die Hände eines hochverehrten Vorstands zu schütteln. Familientreffen vor der ausladenden Bühne. Mehr noch: Zwei Tage lang wird die Gemeinsamkeit zelebriert – am offiziellen Versammlungsort, aber auch bei kleineren Treffen der Regionalverbände abends über die Stadt verteilt.
Reuter steht an diesen Tag auch vor einer schwierigen Aufgabe. Das Programm bietet zwar viele packende Vorträge über Demokratie und Autokratie, ist aber nicht ganz so voller Politikgrößen-Glanzlichter, wie es die Sparkässler von diesem Ereignis – das gewöhnlich nur alle drei Jahre stattfindet – erwarten. Der Bundeskanzler kommt nicht, weil die Reise Berlin–Nürnberg–Berlin zu lang für andere Termine wäre, tritt aber am Mittwoch beim „Tag der Bauindustrie“ in der Hauptstadt auf. Der Bundesfinanzminister als wichtigster Ansprechpartner der öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute weilt in Kanada. Letztlich verlegt der Ersatzkandidat, der Chef des Bundeskanzleramtes, auch noch kurzfristig seine Rede von Mittwoch auf Donnerstag.
Angespannt, aber nicht nervös
Der Sparkassenpräsident redet offen darüber. In seiner Begrüßungsrede schildert er die Widrigkeiten, man hätte gerne den Kanzler dabei gehabt. Und er erklärt: „Wenn wir vom ganzen Land Flexibilität erwarten, müssen wir sie auch selbst aufbringen.“ Schon am Tag vor der Veranstaltung weist er darauf hin, dass eine solche Veranstaltung mit drei Jahren Vorlauf geplant werde – also war noch mit der früheren Koalition gerechnet worden: „Das hätte die Abläufe vielleicht etwas leichter gemacht als bei einer Bundesregierung, die gerade seit 15 Tagen im Amt ist.“ Doch sein Team sei hervorragend, man bestehe solche Herausforderungen.
Reuter kennt den Sparkassentag sehr wohl als Teilnehmer, etwa 2023 in seiner Rolle als Sparkassenpräsident Bayerns. Aber nun ist der 62-Jährige erstmals der Chef in dieser Runde. Ob er aufgeregt ist? „Nervosität wäre das falsche Wort“, erklärte er schon am Tag vor dem Treffen: „Aber wenn man verantwortlich ist für eine solche Großveranstaltung, ist eine gewisse Anspannung nützlich.“ Dies schärfe den Blick für die Details.
„Auftrag zu harter Arbeit“
Klar ist auch: Reuter wollte diese Verantwortung, dies zeichnet seine Aufstiegs-Biografie aus. „Ich kam über den zweiten Bildungsweg“, erinnert er sich gerne: „Und immer dann, wenn es interessant wurde, hat man zu Beginn meiner beruflichen Entwicklung gesagt: Ab hier macht das jetzt jemand anders.“
Damit ist es nun vorbei. Mit seinem Aufrücken an die Verbandsspitze Anfang 2024, nachdem er zuvor drei Jahre lang den Sparkassenverband Bayern geleitet hatte, hat sich eine bemerkenswerte Konstellation ergeben. Auf den Sparkässler Helmut Schleweis folgte mit Reuter ein Landrat – auch wenn dieser lange beispielsweise als Vorsitzender der Verbandsversammlung in Bayern agierte. In einflussreichen Sparkassenverbänden Bayern und Baden-Württemberg sind ebenfalls Ex-Landräte am Ruder.
Reuter ist dennoch bei Themen der gesamten Finanzwirtschaft auskunftsfähig. Der Verwaltungsfachangestellte und promovierte Jurist begann seine Karriere in der Kanzlei Gleiss und Partner (1991 bis 1993), um bis 2001 für die Deutsche Bank zu arbeiten.
Wie geht es weiter mit den Sparkassen? „Wünsche formulieren bringt noch kein Ergebnis“, antwortet Reuter schon mal, wenn er auf mögliche strukturelle Änderungen in der Gruppe angesprochen wird. Aber die Sparkassen nimmt er in die Pflicht an diesem Tag. „Verstehen wir diesen Sparkassentag als Auftrag zu harter, gemeinsamer Arbeit“, so sein Appell an die 3.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer.