10. Investmentfondstag

Eine Schneise für die Nachhaltigkeit

Das Thema Nachhaltigkeit ist in aller Munde, auch bei Anlegern. Sie brauchen aber Unterstützung, um sich in der Informationsflut zurechtzufinden. Labels und Ratings können helfen, reichen aber nicht aus.

Eine Schneise für die Nachhaltigkeit

tl Frankfurt – Institutionelle Anleger haben gegenüber Privatanlegern einen großen Wissensvorsprung beim Thema Nachhaltigkeit in der Vermögensanlage. Die Fondsanbieter sollten sich über ihre grundsätzliche Nachhaltigkeitsstrategie im Klaren sein, bevor sie sich in Fondsaktivismus – Stichwort Artikel-8- und Artikel-9-Fonds – stürzen. Das waren Kernaussagen auf der Podiumsdiskussion im Rahmen des 10. Investmentfondstags der Börsen-Zeitung.

Kürzel überfordern

Die Finanzberaterin Jennifer Brockerhoff beobachtet zwar, dass ihre Kunden es aus persönlicher Erfahrung wichtig finden, sich mit dem Thema Nachhaltigkeit zu beschäftigen. „Aber die meisten Menschen sind schon mit den ganzen Kürzeln überfordert.“ Thematisiert würden die angeblich schlechtere Rendite grüner Anlagen und das Greenwashing. „Berater müssen Übersetzungshilfe leisten. Das beginnt mit der Frage: Was heißt Nachhaltigkeit für einen selbst?“ Das Forum Nachhaltige Geldanlagen (FNG) habe in diesem Jahr eine Empfehlung veröffentlicht, wie in Kundengesprächen das Thema Nachhaltigkeit behandelt werden kann. Eine erste Hilfestellung sei auch die Klassifizierung der Fonds nach der Offenlegungsverordnung. Das Potenzial für nachhaltige Geldanlagen sei bei Privatkunden „gigantisch“. Vor allem Männer legten aber auch Wert auf Rendite, während sie gerade gut situierte Frauen darauf hinweisen müsse, nicht auf Rendite verzichten. Für Brockerhoff steht am Anfang eines Kundengesprächs die Frage: „Warum machen wir das? Weil der Fortbestand der Menschheit gefährdet ist.“ Sie betonte aber auch: „Ich missioniere nie. Wer ein konventionelles Produkt haben will, bekommt es auch.“ Über mangelnde Kundennachfrage nach nachhaltigen Produkten mache sie sich aber keine Sorgen.

„Die institutionellen Investoren haben einen Riesen-Wissensvorsprung vor den Endanlegerinnen“, findet Mike Judith, der bei der norwegischen Bank DNB die Luxemburger Kapitalverwaltungsgesellschaft leitet und in dieser Funktion auch das Geschäft mit internationalen Kunden verantwortet. „Die nachhaltigen Geldanlagen sind stark von institutionellen Anlegern dominiert.“ Diese verfügten auch über die Ressourcen für eine eingehende Analyse der Anbieter. Dabei gehe es um Transparenz und Konsistenz des nachhaltigen Ansatzes. Für jüngere Anleger werde die grüne Rendite immer wichtiger. Hilfestellung für den Endanleger gebe es durch unabhängige Zertifizierer, die für neue Transparenzstandards und für Mindestkriterien sorgten.

Wichtige Orientierungshilfe

Ratings, Labels und Tabellen sind für Roland Kölsch, Geschäftsführer der Qualitätssicherungsgesellschaft Nachhaltiger Geldanlagen (QNG), eine erste, wichtige Orientierungshilfe, aber weit davon entfernt, auf einen Blick erkennen zu können, was „dunkelgrün oder wenig nachhaltig“ ist.

Für eine Kapitalverwaltungsgesellschaft ist es nach Angaben der Unternehmensberaterin Sandra Reich schwer zu unterscheiden, was sie jetzt sofort tun muss und was sie in den kommenden drei bis fünf Jahren vielleicht zu erwarten hat. Sie fordert die Unternehmen auf, zuerst ihre (Nachhaltigkeits-)Strategie zu entwickeln, statt mit den Produkten zu beginnen. Wichtig sei es, die Anforderungen für Artikel-8- oder Artikel-9-Produkte nicht nur im nächsten Jahr zu erfüllen, sondern auch noch in den Jahren danach. Bei dieser Positionierung nehme sie bei Unternehmen „extremst unterschiedliche Qualitäten“ wahr. Die Kommunikation eines Unternehmens müsse zu den veröffentlichten Kennzahlen passen, forderte Reich. „Es ist nichts peinlicher, als nach einem Jahr festzustellen, dass statt der verkündeten Dekarbonisierung der CO2-Fußabdruck in meinem Portfolio größer geworden ist.“

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