Koalitionsverhandlungen

EU-Einlagen­­sicherung kommt „wieder auf den Tisch“

Die Genossenschaftsbanken und die Sparkassen in Bayern fürchten, dass ihre Institutssicherungssysteme unter einer Regierung von Olaf Scholz in der EU-Einlagensicherung aufgehen und kündigen Widerstand an.

EU-Einlagen­­sicherung kommt „wieder auf den Tisch“

sck München – Vor dem Hintergrund der sich abzeichnenden Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP in Berlin haben die Verbände der Genossenschaftsbanken und der Sparkassen in Bayern ihren Widerstand gegen eine EU-Einlagensicherung bekräftigt. Jürgen Gros, Präsident des Genossenschaftsverbands Bayern (GVB), und Ulrich Reuter, Präsident des Sparkassenverbands Bayern (SVB), begründeten in einem gemeinsamen Pressegespräch am Freitag ihre Haltung damit, dass sich die Sicherungssysteme des genossenschaftlichen und des öffentlich-rechtlichen Kreditsektors bewährt hätten. „In Europa ist man auf dem Holzweg, wenn man alles gleichmachen will“, sagte Reuter. „Ich habe große Sorge, dass es eine große Affinität zur Bankenunion gibt“, erklärte Gros mit Blick auf die gestarteten Koalitionsverhandlungen in Bezug auf die Vergemeinschaftung der Einlagensicherung. Das Thema sei „wieder auf dem Tisch“.

Die Sparkassen sowie die Volks- und Raiffeisenbanken laufen gegen Versuche, die Einlagensicherung der EU-Mitgliedstaaten in einen Topf zu werfen, seit Jahren Sturm. Die beiden Regionalverbandschefs fordern, dass zunächst die Kreditrisiken in den Bilanzen von Banken mit grenzüberschreitenden Geschäften weiter abgebaut werden. „Eine Zentralisierung der Risiken über eine gemeinsame europäische Einlagensicherung ist abzulehnen“, so die Chefs von GVB und SVB. Institutssicherung stehe für Präventionsmaßnahmen, es handele sich nicht um eine Entschädigung, sagte Gros.

In den jeweiligen Sicherungs­systemen der Kreditgenossenschaften und der Sparkassen stammten die Einlagen zu 95% aus dem Inland. Reuter bezifferte die Rücklagen der bayerischen Sparkassen im Einlagensicherungssystem des Verbunds auf 600 Mill. Euro. Gros wollte keine Summe für die bayerischen Kreditgenossen nennen. Reuter zufolge sind die Systeme der beiden Bankensäulen EU-konform. Wer für ein EU-Einlagensicherungssystem sei, könne diesem freiwillig beitreten. „Mal sehen, wer das dann macht.“ Die Sparkassen und Genossenschaftsbanken seien aber nicht dabei. Sie lehnten das ab, dass andere Zugriff bekommen zu ihren eigenen Töpfen.

„Falscher Denkansatz“

Im November 2019 hatte Bundes­finanzminister Olaf Scholz sich für ein EU-Einlagensicherungssystem in Form einer Rückversicherung starkgemacht. Dafür nannte er seinerzeit mehrere Bedingungen, bis ein solcher Mechanismus zum Einsatz käme. Das sorgte damals für Aufsehen. Diese Hybrid-Version setzte sich aber nicht durch. Der SPD-Spitzenkandidat hat nach der Wahlniederlage der Union gute Chancen, als neuer Bundeskanzler die Nachfolge von Angela Merkel (CDU) anzutreten. Merkel lehnte eine EU-Einlagensicherung in der Bankenunion ab. Der öffentlich-rechtliche und der genossenschaftliche Kreditsektor in Deutschland befürchten, dass unter Scholz diese Haltung aufgeweicht wird.

In der EU sollte die Bankenbranche nicht ständig in Alarmbereitschaft gehalten werden, um sie auf mögliche Krisen besser vorzubereiten, so Gros. Das sei der „falsche Denkansatz“, damit würden Chancen vertan. Eine Industriepolitik für Banken sei ein gefährlicher Ansatz. Es entspreche einer französischen Denkweise.

Beide kritisierten überdies Pläne von SPD und den Grünen, das bisherige Provisionsberatungsmodell in Banken durch eine Honorarberatung zu ersetzen. Das bisherige System habe sich bewährt.

Wertberichtigt Seite 6