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Euro-Banker fordern mehr Abstand von Aufsicht

Nicht bloß Lorenzo Bini Smaghi, früheres Mitglied des EZB-Direktoriums und Aufsichtsratschef der französischen Société Générale, findet, dass die europäische Aufsicht sich zu sehr einmischt.

Euro-Banker fordern mehr Abstand von Aufsicht

Bloomberg – Die Führungskräfte der europäischen Banken zeigen sich zunehmend frustriert über die ihrer Meinung nach übermäßige Einmischung und unangemessenen Forderungen der obersten Finanzaufsichtsbehörde der Region. In der Bankenwelt gibt es schon länger Kritik an der von Andrea Enria geleiteten Bankenaufsichtsbehörde unter dem Dach der EZB, aber jetzt werden die Banker zunehmend lauter. Dazu gehören Beschwerden über eher alltägliche Probleme wie lästige Datenanfragen, aber auch die bedeutendere Debatte über die Möglichkeit der Ausschüttung von Dividenden und Boni in schwierigen Zeiten sowie über den Grad der Einmischung der Aufsicht, so mit der Angelegenheit vertraute Führungskräfte.

Angesichts der zunehmenden Unzufriedenheit wandte sich Lorenzo Bini Smaghi, Aufsichtsratsvorsitzender der französischen Société Générale und ehemaliges Mitglied des EZB-Direktoriums, im Oktober schriftlich an die EZB, um gegen die Teilnahme von Aufsehern bei Aufsichtsratssitzungen zu protestieren. Dies geht aus einem Dokument hervor, in das Bloomberg Einblick hatte. Der Italiener argumentierte, dass dies die Wirksamkeit der Managementgespräche beeinträchtige.

„Meines Wissens nimmt keine andere Behörde in den wichtigsten fortgeschrittenen Volkswirtschaften bei ihrer Aufsichtstätigkeit an Aufsichtsratssitzungen und in Ausschüssen teil“, schrieb er. „Weder die Federal Reserve noch die Bank of England, die Schweizerische Nationalbank oder die Finma. Einige europäische Aufsichtsbehörden haben diese Vorgehensweise in der Vergangenheit angewandt, mit offenbar sehr geringem Nutzen und ernsthaften Bedenken seitens der beaufsichtigten Unternehmen.“

Nach fast einem Jahrzehnt der Aufsicht durch die EZB, die den Einheitlichen Aufsichtsmechanismus als Teil der Reaktion Europas auf die Staatsschuldenkrise eingerichtet hat, überstanden die Banken die Pandemie dank einer besseren Kapitalausstattung und starker staatlicher Un­terstützung weitgehend unbeschadet. Und obwohl die Branche letztlich auch von dem jahrelangen Druck der EZB profitierte, faule Kredite abzubauen und das Risikomanagement zu verbessern, argumentieren Banker, dass sie jetzt zu weit gehe.