EZB startet Harmonisierungsrunde

Notenbank legt Konsultation zur Angleichung nationaler Wahlrechte in der Aufsicht kleinerer Banken vor

EZB startet Harmonisierungsrunde

Nach der Aufsicht über die Großbanken harmonisiert die EZB nun auch die Behandlung der Masse der kleineren Institute in Euroland, die primär der jeweiligen nationalen Aufsicht unterstehen. Deutsche Banken, die nach HGB bilanzieren, entgehen dabei einer Verpflichtung auf internationale Rechnungslegung.bn Frankfurt – Die Europäische Zentralbank (EZB) weitet die Harmonisierung der Aufsichtsregeln von den wichtigsten Banken auf kleinere Institute aus. Am Donnerstag haben die europäischen Bankenaufseher bindende Leitlinien für sieben nationale Optionen und Wahlrechte sowie gesetzlich nicht bindende “Empfehlungen” an die nationalen Aufseher für 43 weitere Sonderregeln, über die auf Einzelfallbasis entschieden wird, zur Konsultation gestellt. Heikles TerrainDie Angleichung der Regeln über die Gruppe der rund 130 direkt der EZB unterstellten Großbanken hinaus ist heikles Terrain. Schließlich fällt die Masse der sogenannten “weniger bedeutenden Banken” (Less Significant Institutions) nach wie vor primär unter die Aufsicht der nationalen Behörden. Jegliche Angleichung durch die EZB weckt da bei kleineren Banken vor allem in Deutschland Ängste, die Notenbank wolle über kurz oder lang alle nationalen Eigenheiten eliminieren. Andererseits war es von Beginn an Zweck der Bankenunion, den Wildwuchs nationaler Regelungen zu beschneiden. Auf Ebene der “bedeutenden” Großbanken ebnete die EZB bereits nicht weniger als 128 nationale Optionen und Wahlrechte ein, welche mitunter offenbar nicht zuletzt der Pflege einheimischer Lieblinge dienten, ohne damit freilich sämtliche Sonderregeln in Euroland abschaffen zu können. “In enger Kooperation”Entsprechend vorsichtig macht sich die EZB an die Reform der Optionen und Wahlrechte für die kleineren Banken Eurolands. Die Abschätzung habe “in enger Kooperation” mit den nationalen Aufsehern stattgefunden und sei vom Prinzip der Proportionalität geleitet worden, um übermäßigen Aufwand für die kleineren Institute zu vermeiden, betont die Notenbank. Jede einzelne Option habe man vorsichtig betrachtet, erklärte EZB-Generaldirektor Jukka Vesala am Donnerstag in einer Telefonkonferenz.Mit den Verbänden der Kreditwirtschaft habe sich die EZB über die Neuerungen noch nicht konkret ausgetauscht. Man freue sich aber darauf, dass dies in der nun anstehenden Konsultation geschehen werde. Diese läuft bis 5. Januar. Für den 17. November ist eine öffentliche Anhörung angesetzt. Publiziert werden sollen die neuen Vorgaben im Frühjahr kommenden Jahres.Die größten Auswirkungen erwartet Vesala infolge der Vereinheitlichung der Regeln zu latenten Steueransprüchen sowie zur Definition von Zahlungsausfällen. Sie dürfte Banken mit hohen Beständen fauler Kredite sowie umfangreichen latenten Steuerforderungen zusetzen. Wie in Finanzkreisen zu erfahren ist, hatten die Aufseher der Notenbank schon bald nach Einführung der europäischen Bankenaufsicht 2014 festgestellt, dass der für die Ermittlung latenter Steuerforderungen relevante Prognosezeitraum in Euroland stark divergierte, und zwar zwischen fünf Jahren in einigen Staaten bis hin zu 130 Jahren, wie im Fall einer griechischen Bank. Je länger dieser Zeitraum, umso höher der Betrag, den eine Bank aktiveren kann.Nationale Optionen und Wahlrechte hat die EZB drei Gruppen zugeordnet. Die erste umfasst solche Spezifika, für welche derselbe Ansatz wie im Falle der Großbanken gelten soll, weil die Aufseher eine Harmonisierung für nötig halten. Dies betrifft etwa Vorgaben zu Eigenmitteln, Kapitalanforderungen, Großengagements, Liquidität sowie Übergangsregelungen in der EU-Eigenkapitalrichtlinie, ferner die Definition von Zahlungsausfällen sowie die Behandlung latenter Steueransprüche. Die zweite Gruppe besteht aus Optionen und Wahlrechten, für die ein auf die kleineren Banken zugeschnittener Ansatz gelten soll, der dennoch für eine einheitliche Behandlung sorgt. So wollen die Aufseher kleineren Banken anders als Großbanken auch künftig die Kombination von Risiko- und Prüfungsausschuss erlauben. Auch bleibt den kleineren Banken eine Verpflichtung erspart, für aufsichtliche Zwecke internationale Rechnungslegungsvorschriften anzuwenden, wie es am Donnerstag hieß. Eine solche Verpflichtung auf IFRS wäre für viele deutsche, nach HGB berichtende Institute eine Horrorvorstellung, wie bekannt ist. Fristen laufen abFerner fallen in diese Gruppe etwa Regeln zur Befreiung von aufsichtsrechtlichen Vorgaben etwa im Falle von Liquiditätstransfers, zu Kapitalanforderungen bei Covered-Bond-Exposures sowie zu Institutssicherungssystemen – diese hat die EZB bereits in einem separaten Regelwerk behandelt. In der dritten Klasse finden sich Optionen und Wahlrechte, für welche die EZB eine Harmonisierung nicht für nötig hält. Es handelt sich um Eigenheiten infolge ohnehin auslaufender Übergangsregelungen oder bereits durch die Londoner Aufsichtsbehörde EBA geregelte Fragen. Wie es am Donnerstag hieß, will die EZB im Falle von zehn Optionen und Wahlrechten auf eine Harmonisierung verzichten, da diese auf auslaufende Übergangfristen zurückgehen. Weitere gut zehn Fälle stellt sie ins Ermessen der nationalen Aufsichtsinstanzen.