Kreditwirtschaft reagiert mit Zurückhaltung

EZB verankert Klimarisiken in der Bankenaufsicht

Die EZB integriert Umwelt- und Transformationsrisiken fest in ihre Bankenaufsicht. Die Kreditwirtschaft zeigt Verständnis, mahnt jedoch zu praxisnaher Umsetzung und warnt vor überzogenen Kapitalanforderungen.

EZB verankert Klimarisiken in der Bankenaufsicht

EZB verankert Klimarisiken in der Bankenaufsicht

Umweltfaktoren beeinflussen künftig Kapitalregeln – Deutsche Kreditwirtschaft reagiert mit Zurückhaltung

wbr/Bloomberg Frankfurt

Auf die Ankündigung der Europäischen Zentralbank (EZB), Klima- und Naturrisiken dauerhaft in ihre Aufsichtspraxis zu integrieren, hat die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) zurückhaltend reagiert. Auf Anfrage der Börsen-Zeitung betont der Dachverband der Banken und Sparkassen, dass Kreditinstitute bereits seit Jahren im Eigeninteresse und auf Basis regulatorischer Anforderungen Klimarisiken in ihre Risikosteuerung einbinden. Die Branche habe dabei erhebliche Fortschritte erzielt, so die DK, und verweist auf die Anerkennung dieser Entwicklungen durch die EZB selbst.

Erhebliche Unsicherheiten

Gleichzeitig mahnt die DK zur Vorsicht: Die Erfassung von Klima- und Umweltrisiken sei komplex und mit erheblichen Unsicherheiten behaftet – insbesondere wegen fehlender historischer Daten und der langfristigen, dynamischen Entwicklung der Risiken. Eine Berücksichtigung dieser Faktoren bei Kapitalanforderungen müsse mit Augenmaß erfolgen. Zudem sei es unerlässlich, die unternehmerische Entscheidungshoheit bei der Kreditvergabe zu wahren.

Transformationswillige Firmenkunden sollten begleitet und nicht vorschnell ausgeschlossen werden. Der Ausschluss ganzer Sektoren dürfe nur als „ultima ratio“ in Betracht gezogen werden.

Aus Sicht der DK drohe eine gefährliche Schieflage, wenn die notwendige ökologische Transformation durch zu hohe Kapitalanforderungen behindert werde. Die Finanzierungsbereitschaft für emissionsintensive Branchen sei zwar mit wachsenden Risiken verbunden, gleichzeitig jedoch zentral für eine gelingende Transformation der Realwirtschaft.

Wendepunkt in der Praxis

Wie Bloomberg berichtet hat, markiert die Ankündigung der EZB einen Wendepunkt: Erstmals sollen Klima- und Naturgefahren in die Methodik des sogenannten aufsichtlichen Überprüfungs- und Bewertungsprozesses (SREP) integriert werden. Diese standardisierte Prüfung der Verlustabsorptionsfähigkeit von Banken könne künftig eigenständige Säule-2-Kapitalzuschläge auslösen – und hat das laut EZB bereits in Einzelfällen getan. Die betroffenen Institute wurden dabei nicht namentlich genannt.

Neben dieser grundsätzlichen Neuausrichtung wird künftig auch die sogenannte Übergangsplanung ein verbindlicher Teil der Aufsicht sein. Banken müssen systematisch bewerten, wie gut ihre Kreditnehmer den Übergang zu einer CO2-armen Wirtschaft meistern. Patrick Amis, Generaldirektor bei der EZB, betont gegenüber Bloomberg die Zielrichtung: Nicht der Rückzug aus CO2-intensiven Sektoren sei das Ziel, sondern deren strukturierte Finanzierung im Sinne der Transformation.

Die EZB stellt zudem klar, dass ihre Aufsichtspolitik unabhängig von politischen Strömungen erfolgte. Klima- und Umweltrisiken seien realwirtschaftlich relevant, wie Irene Heemskerk, Leiterin des EZB-Klimakompetenzzentrums, gegenüber der Nachrichtenagentur erklärt – ungeachtet parteipolitischer Entwicklungen. Auch andere europäische Zentralbanken, wie etwa die Bank of England, verschärfen derzeit ihre klimabezogenen Aufsichtsvorgaben.

Mehrjähriger Prozess

Der Schritt der Europäischen Zentralbank ist das Ergebnis eines mehrjährigen Prozesses. Seit 2019 entwickelt die EZB ihr Klimaaufsichtsframework schrittweise weiter: Zunächst mit einem Leitfaden und regulatorischen Erwartungen, dann über Selbstbewertungen der Banken (2021), einen Klimastresstest (2022) sowie erste Sanktionen bei Defiziten (2024). 2025 kommt nun die endgültige Verankerung in die kapitalwirksame Bankenaufsicht – der Übergang von freiwilligem Dialog zu verbindlicher Regulierung.

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