Fußballplatz trifft Kapitalmarkt

Von Bernd Wittkowski, Frankfurt Börsen-Zeitung, 1.8.2015 Die Konferenz "Anstoß am Finanzplatz - Das Phänomen Fußball" hat zunächst zwei Erkenntnisse gebracht. Erstens: Im Frankfurter Stadtteil Niederrad möchte man nicht tot überm Zaun hängen; der...

Fußballplatz trifft Kapitalmarkt

Von Bernd Wittkowski, FrankfurtDie Konferenz “Anstoß am Finanzplatz – Das Phänomen Fußball” hat zunächst zwei Erkenntnisse gebracht. Erstens: Im Frankfurter Stadtteil Niederrad möchte man nicht tot überm Zaun hängen; der Lärm der – in diesem Fall – startenden Flugzeuge ist jedenfalls dann unerträglich, wenn er nicht von der Geräuschkulisse von 50 000 Zuschauern im Stadion übertönt wird. Zweitens ist aus ebendiesem Grund die in Flughafennähe gelegene Commerzbank-Arena für Vortrags- und Diskussionsveranstaltungen unter freiem Himmel denkbar ungeeignet. Die rund 240 Teilnehmer, darunter zahlreiche Banker, die sich am Freitag zu dem von der FAZ veranstalteten und vom Marketingverein Frankfurt Main Finance unterstützten Forum nach dem Motto “Fußballplatz trifft Kapitalmarkt” eingefunden hatten, bekamen immer nur die Sätze mit, die in der kurzen Zeit zwischen zwei Abflügen gesprochen wurden.”Woher soll das Geld kommen?” So lautete die für die Bundesliga im Allgemeinen und für Eintracht Frankfurt im Besonderen entscheidende Frage. Nun herrscht da kein akuter Notstand, wie spätestens mit der Präsentation von Christian Seifert in Erinnerung gerufen wurde. Der Geschäftsführer der Deutschen Fußball Liga (DFL) wies darauf hin, dass sich der Umsatz der Bundesliga-Proficlubs in den zehn Jahren bis zur Saison 2013/14 auf 2,45 Mrd. Euro verdoppelt habe, womit die Bundesliga global nach wie vor auf dem zweiten Platz hinter der englischen Premier League (3,9 Mrd. Euro) liege. Auch angesichts der Personalkostenquote von 49 % des Umsatzes (Italiens Serie A: 70 %) sei die deutsche Liga sogar die wirtschaftlich gesündeste.Durch den neuen TV-Vertrag stößt die Premier League jetzt freilich in eine andere Dimension vor, und die finanziellen und damit womöglich auch die sportlichen Wettbewerbsverhältnisse verschieben sich. Auf umgerechnet 1,3 Mrd. Euro belaufen sich dort in der neuen Saison die nationalen Fernsehumsätze, hierzulande ist es gut die Hälfte. Die Relation war vor zehn Jahren kaum anders (554 Mill. zu 290 Mill. Euro), doch der absolute Abstand wächst gewaltig. Eine bessere Vermarktung, etwa durch attraktivere Anstoßzeiten, kann in Deutschland schnell auf unvermutete Hindernisse stoßen, wie Seifert deutlich machte: etwa weil wegen der Messe “Katz & Hund” die Parkplätze am Dortmunder Stadion belegt sind.Das zusätzliche Potenzial aus TV-Einnahmen scheint mithin begrenzt zu sein, zumal die Bundesliga bereits in 209 (!) Länder übertragen wird – “das Flächenwachstum ist abgeschlossen”, sagte Seifert. Wo also soll das Geld dann herkommen? Zum Beispiel von Banken respektive Finanzinvestoren als Sponsoren und vom Kapitalmarkt. Wichtige Voraussetzungen wie die “enorme Professionalisierung” der Fußballwelt und auch die Etablierung transparenter Corporate-Governance-Strukturen seien in den vergangenen Jahren geschaffen worden, weiß Lutz Raettig, der Aufsichtsratsvorsitzende der Morgan Stanley Bank und Sprecher des Präsidiums von Frankfurt Main Finance. Doch sei die Branche bisher in der Phase des Experimentierens. “Private-Equity-Firmen sind noch nicht über die Liga hergefallen.” Auch der “knallhart durchgerechnete” Einstieg des US-Investors KKR bei Hertha BSC Berlin für rund 60 Mill. Euro im vorigen Jahr sei wohl erst mal ein Testlauf.Ein stärkeres Engagement der Banken kann sich Raettig jedenfalls vorstellen, lebe das Klima der Stadt doch sehr von Kommunikation und Vernetzung, wofür der Fußball die passende Plattform biete. Insbesondere auch eine stärkere Identifikation Frankfurter Investmentbanker mit der Eintracht hält Raettig für realistisch, jedenfalls wenn die Banker gute Kundenbetreuer seien – dann müssten sie nämlich auch das Interesse ihrer Kunden am Fußball teilen.Das hörte Axel Hellmann, Finanzvorstand beim “Club des Finanzplatzes”, gerne. Eine Handvoll Banken hält 37 % an der Eintracht Frankfurt Fußball AG. Generell sieht Hellmann für das Fußballengagement der Banken allerdings noch “eine Menge Wachstumspotenzial”, und gerade in Frankfurt liege eine enge Partnerschaft mit dem Finanzplatz nahe. Einem Börsengang des Clubs steht er indes mit einer “gewissen kritischen Distanz” gegenüber. Aus kaufmännischer Sicht wäre es sehr gewagt, sich auf diese Weise “vom Erfolg von elf Mann auf dem Rasen abhängig zu machen”, seien doch die Erlösströme nicht hinreichend kalkulierbar. Zudem dürften die Banken gerade im Zentrum des Kapitalmarktes besonders hohe Maßstäbe für einen Börsengang anlegen. Gegen WM 2018 in RusslandHertha-Finanzchef Ingo Schiller wies in der Podiumsdiskussion darauf hin, dass frühere Börsengänge von Fußballclubs auch nicht unbedingt Erfolgsgeschichten gewesen seien – während Raettig die Anlageklasse für Assetmanager als “durchaus interessant” erachtete; übergewichten würde er sie im Portfolio jedoch nicht. Die Eintracht setzt derweil auf ein Genussscheinmodell. Papiere über 10 Mill. Euro sollen “möglichst anonym und lautlos”, nicht öffentlich platziert werden. Die Interessenten wollten nicht durch die Presse geistern, so Hellmann. Noch scheinen die Interessenten aber nicht gerade Schlange zu stehen.Ein weitaus wichtigeres Thema hatte eingangs der Veranstaltung Peter Beuth (CDU), der hessische Minister des Innern und für Sport, in seinem Grußwort angesprochen. Er plädierte indirekt dafür, Russland wegen des Vetos gegen ein UN-Tribunal zum Abschuss eines Passagierflugzeugs der Malaysia Airlines (Flug MH 17) mit 298 Todesopfern die Fußballweltmeisterschaft 2018 zu entziehen. Eine fröhliche, unbelastete WM in Russland sei undenkbar, solange Moskau die Aufklärung des Abschusses blockiere. Die Vorstellung, dass eine niederländische Nationalmannschaft dort antrete, hielte er unter diesen Umständen für unerträglich, so Beuth. Etwa zwei Drittel der Opfer des Abschusses waren niederländischer Nationalität. ——–Woher soll das Geld kommen? Ein stärkeres Engagement der Banken gilt als vorstellbar.——-