Commerzbank

Genug gekuschelt!

Oberflächlich betrachtet, enthalten die bislang öffentlichen Eckdaten des Strategie-Updates der Commerzbank wenig Neues. Vor Monaten waren bereits Pläne durchgesickert, die auf den Abbau von plus/minus 10 000 Stellen und eine Halbierung der...

Genug gekuschelt!

Von Anna Sleegers, Frankfurt

Oberflächlich betrachtet, enthalten die bislang öffentlichen Eckdaten des Strategie-Updates der Commerzbank wenig Neues. Vor Monaten waren bereits Pläne durchgesickert, die auf den Abbau von plus/minus 10 000 Stellen und eine Halbierung der Filialzahl hinausliefen. Daher überrascht es schon ein bisschen, wie vehement Stefan Wittmann, Verdi-Gewerkschaftssekretär mit Sitz im Aufsichtsrat der Commerzbank, gegen den neuen Vorstandschef Manfred Knof Front macht.

Noch vor der für Mittwoch anberaumten Strategiesitzung des Aufsichtsrats tobte er sich über die Nachrichtenagentur dpa und den Branchennewsletter Finanz-Business aus. „Man hat den Eindruck, es ist diesem Vorstand völlig egal, was das mit den Beschäftigten macht“,wetterte er da. Angesichts der nach seinen Berechnungen zur Disposition stehenden 7000 Vollzeitstellen in Deutschland (die Commerzbank selbst spricht von jeder dritten Stelle) fordert er, dass betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen werden müssten.

Das gehört sich auch so für einen Gewerkschafter. Leser des „Manager Magazins“ werden sich jedoch erinnern, dass derselbe Herr Wittmann noch im August erstaunlich viel Verständnis dafür aufbrachte, dass es ohne den Abbau einer hohen vierstelligen Zahl von Jobs vermutlich nicht gelingen kann, die Commerzbank zukunftsfähig zu machen.

Spätestens bei Wittmanns Worten: „Jetzt muss es darum gehen, die richtigen Instrumente auszuhandeln, damit Härten für die Belegschaft vermieden werden“, sollten die Investoren hellhörig werden. Nach mehr als anderthalb Jahren Stillstand scheint man sich bei der Gewerkschaft nun darauf einzustellen, dass tatsächlich etwas ins Rollen kommt bei der Commerzbank.

Bislang drängte sich der Eindruck auf, dass es der Arbeitnehmerseite stets gut gelang, Sand ins Getriebe zu streuen, wenn der Vorstand sich mal wieder das Thema Effizienz vorgenommen hatte. Deutlich wurde das etwa, als Knofs Vorgänger Martin Zielke im September 2019 den Abbau von 4 300 Vollzeitstellen verkündete: Sage und schreibe 12Monate danach waren dazu noch nicht einmal Gespräche mit den Gremien der Arbeitnehmer aufgenommen worden. Inzwischen ist es zwar gelungen, in diesem Punkt eine Einigung zu erzielen. Die Konsenskultur ist gleichwohl extrem ausgeprägt bei der Commerzbank. Davon zeugt auch das in zwei Altersteilzeitprogrammen zum Ausdruck kommende Werben um die freiwillige Bereitschaft der Babyboomer, aus freien Stücken zu gehen. Menschlich mag man das sympathisch finden, ein guter Nährboden für Veränderung ist es nicht.

Genau hier setzt der neue Chef, dem als erstem in dieser Position kein Stallgeruch anhaftet, an, wenn er öffentlich einen „kulturellen Wandel“ verspricht, mit dem er eine „am Erfolg orientierte Leistungskultur“ stärken wolle. Hieß Kulturwandel bei der Deutschen Bank, mit eisernem Besen im Investment Banking zu kehren, sollten sich bei der Commerzbank die Arbeitnehmervertreter besser warm anziehen. Darüber täuscht auch die in Ikea-Deutsch gehaltene Mitarbeiterbotschaft (O-Ton: „Ihr könnt mir glauben, auch ich hätte mir einen anderen Weg gewünscht“) nicht hinweg, in der Knof den Mitarbeitern nach allen Regeln des Changemanagements Wertschätzung zollt, sie um Geduld bittet und Fairness verspricht.

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