Immobilienmärkte als Risikoherd
Immobilienmärkte als Risikoherd
SAFE-Studie warnt vor Gefahren durch Kredite und schwache Risikovorsorge
wbr Frankfurt
Die Immobilienmärkte in Europa stehen unter Druck – und mit ihnen das gesamte Finanzsystem. Das Leibniz-Institut für Finanzmarktforschung SAFE hat in einer aktuellen Studie zentrale Schwachstellen bei der Immobilienfinanzierung identifiziert und warnt vor systemischen Risiken, die sich bei einem Zinsanstieg oder konjunkturellen Rückschlägen schnell zuspitzen könnten. Besonders im Fokus: die Kreditvergabepraktiken der Banken und die unzureichende Risikovorsorge bei Gewerbeimmobilien.
Laut der Studie sind in vielen europäischen Ländern die Immobilienpreise in den vergangenen Jahren stark gestiegen – angetrieben von einem historisch niedrigen Zinsumfeld und einer über Jahre anhaltenden Kreditexpansion. Zwar habe sich der Markt seit Ende 2022 deutlich abgekühlt, doch strukturelle Risiken bleiben bestehen. So hätten sich Kreditverpflichtungen vieler Haushalte auf hohem Niveau verfestigt, während steigende Zinsen die Tragfähigkeit unter Druck setzten.
Konzentrierte Kreditportfolios
Besonders kritisch bewerten die Autoren der Studie die Rolle der Banken. Zwar sei der direkte Anteil gegenüber der Kredite am Immobiliensektor in vielen Fällen noch beherrschbar, doch indirekte Risiken über stark konzentrierte Kreditportfolios, unrealistische Bewertungsannahmen und zunehmende Verflechtungen mit alternativen Finanzierungsstrukturen, etwa Fonds oder Projektentwickler, würden bislang unzureichend berücksichtigt.
Die Studie nennt drei Maßnahmen, mit denen politische Entscheidungsträger in Europa immobilienbezogene Risiken mindern, die Widerstandsfähigkeit des Bankensektors erhöhen und die langfristige Finanzstabilität fördern können. Erstens würden eine stärkere Regulierung etwa durch Kapitelpuffer bei der Kreditvergabe an den Immobiliensektor dazu beitragen, dass bei der Vergabe von Immobilienkrediten die tatsächlichen Risiken besser berücksichtigt werden. Die Datenkonsistenz und -transparenz im Euroraum sollte zweitens verbessert werden, um der Politik eine fundierte Entscheidungsfindung zu ermöglichen. Drittens sollte die EZB in der Geldpolitik Immobilienrisiken stärker berücksichtigen.
Viele Institutionen warnen
Auch internationale Institutionen wie der Internationale Währungsfonds (IWF), die Europäische Zentralbank (EZB) und die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) warnen in aktuellen Berichten vor den Risiken im Immobilien- und Finanzsektor. Der IWF verweist etwa auf eine massive Fälligkeit von Gewerbeimmobilienkrediten in den USA und Europa, die nur unter erschwerten Bedingungen prolongiert werden könnten. Die EZB warnt vor strukturellen Belastungen wie Homeoffice-Trends und ESG-Anforderungen. Die BIZ wiederum lenkt den Blick auf den wachsenden Einfluss privater Kreditfonds, die zunehmend Immobilienfinanzierungen übernehmen – oft mit geringer Regulierung und hoher Risikokonzentration.
Im Vergleich dazu hebt sich die SAFE-Studie durch ihre Analyse der europäischen Bankenpraxis und ihren Fokus auf die mikro- wie makroökonomischen Wechselwirkungen hervor. Sie liefert damit einen Beitrag zur Debatte über die Stabilität des europäischen Finanzsystems und ruft Politik wie Aufsicht zum Handeln auf.