Immobilienweise fordern Regulierungsstopp
kb Frankfurt
Die Immobilienwirtschaft kämpft weiterhin mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie. Dies gelte insbesondere für den Handel, aber auch Stadthotels, also Segmente, deren Zukunft höchst unsicher sei. Dies geht aus dem Frühjahrsgutachten des Rats der Immobilienweisen im Auftrag des ZIA hervor, das am Dienstag an den parlamentarischen Staatssekretär im Bundesbauministerium, Sören Bartol, übergeben wurde. Für viele Einzelhandelsbetriebe, die im vergangenen Jahr vom Lockdown und aktuell von starken Zutrittsbeschränkungen betroffen waren und sind, stelle sich die derzeitige Lage ausgesprochen schwierig dar. „Insolvenzen, Filialschließungen und Entlassungen stehen weiterhin auf der Tagesordnung – die Auswirkungen auf die Innenstädte sind immer noch dramatisch und reißen Lücken ins Stadtbild“, betonte Andreas Mattner, Präsident des Zentralen Immobilienausschusses (ZIA), bei der Vorstellung des Gutachtens.
Den Bau von 400000 Wohnungen jährlich, wie es im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung steht, verbindet der Präsident des Spitzenverbandes der Immobilienwirtschaft mit dem Bundeskanzler persönlich, sie seien eine „Lebensversicherung“ gegen Regulierung. Jede weitere Regulierung wie etwa Mietendeckel würde das Erreichen des Ziels verhindern, weshalb Mattner einen sofortigen Regulierungsstopp fordert.
Ob die von der Regierung geplanten jährlich 400000 Wohnungen tatsächlich in der Legislaturperiode gebaut werden, darüber geht die Einschätzung der Sachverständigen etwas auseinander. Prof. Harald Simons, Mitglied des Vorstands der Empirica AG, hält das Ziel in diesem Zeitraum für kaum erreichbar, da Projekte, die erst jetzt angeschoben würden, erst in der nächsten Legislaturperiode zum Tragen kämen. Für ZIA-Präsident Mattner ist das Ziel theoretisch erreichbar. Das Thema sei „extrem konditioniert“, weshalb die derzeitige Regierung angesichts ihrer Selbstverpflichtung durchaus eine Chance habe. Im Jahr vor der nächsten Bundestagswahl werde sich aber zeigen, ob das Ziel erreicht wird. Zuletzt sind trotz hoher Nachfrage 2021 rund 315000 Wohnungen gebaut worden, dies sind lediglich knapp 3% mehr als die 306000 neuen Wohnungen im Jahr davor.
Um dennoch das Ziel zu erreichen, beabsichtige die Politik eine Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren, nicht zuletzt durch die Digitalisierung der Verwaltung, den Abbau von Bürokratie sowie durch modulares und serielles Bauen, zählt Prof. Lars P. Feld von der Universität Freiburg, nach seiner Einschätzung valide Ansätze auf, um Wohnraum schneller verfügbar sowie das Bauen billiger zu machen. Feld sieht jedoch etliche Hindernisse: „Dem stehen jedoch punktuelle Maßnahmen zum Erreichen der Klimaschutzziele entgegen. So kommen weitere Auflagen für die energetische Sanierung oder die Solarpflicht auf Dächern von Wirtschaftsimmobilien hinzu. Im Rahmen der im Koalitionsvertrag angekündigten Bau-, Wohnkosten- und Klimachecks muss die Politik diese Zielkonflikte auflösen, damit Regulierung und Bürokratie die angestrebte Dynamik im Wohnungsbau nicht bremsen.“
Unterdessen sind die Mieten bei Neuverträgen um 3,7% und Preise für Eigentumswohnungen von ihrem ohnehin hohen Niveau um 14,3% weiter gestiegen. Dies sei überraschend und beängstigend, so die Gutachter, die aber keine Immobilienblase sehen.