Fintech

Mehrwert von Robo-Advisory überschaubar

Die Abhängigkeit von ETF-Anbietern erschwert den Robo-Advisors, Nachhaltigkeit in ihren Portfolios darzustellen, zeigt eine Studie des Fintechs Evergreen.

Mehrwert von Robo-Advisory überschaubar

Mängel bei Robo-Advisory aufgezeigt

Studie: Nachhaltigkeit im Portfolio zu stark abhängig von ETF-Produkten – Nur 15 Prozent der Anbieter haben ein ganzheitliches Geschäftsmodell

bg Frankfurt

Das im digitalen Assetmanagement tätige Fintech Evergreen hat erneut seine Studie "Asset-Management im Robo-Advisory" durchgeführt und dabei tiefer in die einzelnen Portfolien geschaut. Ein Fokus lag dabei auf den als nachhaltig beworbenen Modellen. "Dafür haben wir uns auch die MSCI-Daten der einzelnen hinterlegten Fonds und ETFs angeschaut und den CO2-Fußabdruck sowie den Anteil an fossilen Energieträgern untersucht", so Evergreen-CEO Iven Kurz.

Die Bestandsaufnahme zeigt, dass über 65% der Anbieter neben der klassischen Anlagestrategie eine zusätzliche Nachhaltigkeitsoption anbieten, bei der in der Regel die klassische ETF-Strategie mit nachhaltigen ETFs dupliziert wird. Robo-Advisor können dabei keine eigenen Nachhaltigkeitskriterien abbilden – ein Nachteil. Und nur 15% der Anbieter verfügen über ein ganzheitlich nachhaltiges Geschäftsmodell – wobei aber zwei Drittel der Robos den Begriff Nachhaltigkeit im Rahmen ihrer Markenkommunikation auf der Website nutzen. "Da Standards wie Taxonomien oder die SFDR-Offenlegungsverordnung für die meisten Robo-Advisor nicht greifen, bleibt Nachhaltigkeit in der Branche ein werbegetriebenes Thema", so das Fazit von Iven Kurz.

Evergreen

Das Problem dahinter ist, dass vermeintlich grüne ETF-Anlagen nicht so nachhaltig sind wie beworben. Evergreen verweist unter anderem auf die Studie "The Great Green Investment Investigation". Und da rächt sich für die Robos die Abhängigkeit von den ETF-Anbietern. Einige der Robos vertreiben aber auch Einzeltitel-Portfolios oder eigengemanagte Fonds, was die Stellschraube ist, um die Zusammensetzung der Produkte zu beeinflussen. Einige Anbieter investierten auch in aktive Fonds und hätten eine größere Bandbreite an Nachhaltigkeitskriterien zur Verfügung, heißt es in der Studie.

Auch das Thema Geschäftsmodell und Risiko-Rendite sowie die Auswirkungen der Zinswende auf die Portfolien werden in der Studie genauer untersucht. Im Kapitel "Zinsanstieg und Volatilität" steht am Anfang die bekannte Feststellung, dass risikoaverse Anleger anleihelastige Portfolios bekommen. Dabei würden viele Anbieter jedoch übersehen, dass Anleihen zinssensitiv sind – und dies einem schnell auf die Füße fallen könnte nach einer langen Niedrigzinsphase. Hinzu kommt ein oft übersehenes Währungsrisiko, was bei hohen US-Quoten die Option einer Absicherung auf die Agenda bringt.

Ganz grundsätzlich hinterfragt Evergreen auch, ob Robo-Advisor-Portfolios überhaupt einen Mehrwert liefern. Das Problem: Viele Robo-Advisor unterscheiden sich hinsichtlich der Risikofaktoren nicht signifikant von normaltypischen passiven Portfolios. So bevorzugten die meisten Anbieter eine passive Faktorallokation. Insgesamt reduzierten Robo-Advisor das passiv-typische US-Klumpenrisiko "in abweichenden Maßen". Insgesamt sei der Mehrwert der Portfolios hinsichtlich der Risikofaktoren im Vergleich zu einem einfachen marktbreiten Index aber trotzdem überschaubar.

Hinzu kommt der Kostenfaktor: Während für einen marktbreiten ETF Gesamtkosten (TER) von 0,20% bis 0,45% jährlich anfielen, seien die durchschnittlichen Kosten bei den Robo-Beratern deutlich höher – auch da neben den Fondskosten auch bei fast allen Anbietern Servicegebühren anfallen. Die Servicegebühr, die in expliziter Form nur von Robo-Advisorn erhoben werde, übertreffe bei über 90% der untersuchten Anbieter alle anderen Kostenkomponenten der Wertschöpfungskette, heißt es in der Studie. Die Gebühr sei somit teurer als das zugrunde liegende in der Regel wartungsarme Produkt. Das Fazit: Robo-Advisor seien als Erweiterung der Wertschöpfungskette zu betrachten. "Oftmals entfällt durch die hohe Servicegebühr der Vorteil der passiven Geldanlage, d. h. die geringen Kosten."

Ein wenig bissig fragt Evergreen: "Robo-Advisor nicht mehr als glorifizierte Dachfonds?" 92% aller Robos investieren Kundengelder direkt innerhalb des Kundendepots – lassen dabei aber außer Acht, dass mit der Nutzung operativer Fondshüllen Kosten eingespart werden könnten. "Für die Kunden ergeben sich außerdem steuerliche Vorteile, da Verkäufe innerhalb von Kundendepots steuerpflichtig sind, während Verkäufe innerhalb der operativen Fondshülle steuerlich nicht bewertet werden." So entstünden durch Umschichtungen und Rebalancing keine negativen steuerlichen Auswirkungen für Kunden. Auch seien Fondskosten generell von der Mehrwertsteuer befreit, während Servicegebühren mehrwertsteuerpflichtig sind und sich damit die Gebühren für Kunden deutlich erhöhten. 26 Robo-Advisor wurden in der Studie unter die Lupe genommen, für die Auswertung der Performance greift Evergreen auf Daten des Portals Geldanlage-digital.de zurück.

Die Robo-Advisor müssen lernen, eigene Nachhaltigkeitskriterien abzubilden, sonst duplizieren sie nur ETFs mit diesem Schwerpunkt – die mitunter nicht so sauber sind wie in Prospekten dargestellt. Nachhaltigkeit bleibe vorerst ein werbegetriebenes Thema, so Evergreen-CEO Iven Kurz in einer Branchenstudie.

Wertberichtigt Seite 2
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