Konferenz im Frankfurter Techquartier

Nächste Stufe der künstlichen Intelligenz fällt Banken schwer

Datenauswertung und maschinelles Lernen haben viele Banken und Finanzfirmen längst drauf. Doch der Einsatz einer generativen künstlichen Intelligenz, die neue Inhalte erschafft, hat die Experimentierstube noch nicht verlassen, wie Aufsicht und Finanzbranche im Frankfurter Techquartier erklären.

Nächste Stufe der künstlichen Intelligenz fällt Banken schwer

Nächste Stufe der KI fällt Banken schwer

Während viele Daten- und Analyseverfahren bereits etabliert sind, verorten Aufsicht und Branche schöpferische Algorithmen noch in der Experimentierstube

jsc Frankfurt

Ein kreatives Programm, das Softwareingenieure bei ihrer Arbeit unterstützt, ein Algorithmus, der aus einem Wust von Marktdaten hilfreiche Berichte für Bankkunden formuliert, ein Werkzeug, das Risiken bewertet und dabei um die Ecke denkt – die Liste möglicher Anwendungen einer künstlichen Intelligenz (KI) sei "mannigfaltig", führt Bernd Leukert aus, Vorstand für Technologie, Daten und Innovation der Deutschen Bank. Doch teste die Bank künstliche Intelligenz für bestimmte Anwendungen. Einen "Big Bang", also eine abrupte und breite Einführung, gebe es nicht, sagte er am Donnerstag in einer Abenddiskussion des Bundesverbands deutscher Banken im Frankfurter Techquartier.

Auch Rupert Schaefer, Exekutivdirektor für Strategie, Policy und Steuerung der deutschen Finanzaufsicht BaFin, sieht die KI in einem frühen Stadium. Verfahren zur Auswertung großer Datenmengen (Big Data) seien zwar ebenso schon im Einsatz wie lernende Algorithmen (Machine Learning), etwa in operativen Aufgaben wie dem Risikomanagement, im Hochfrequenzhandel oder im Portfoliomanagement. Anders sehe es für die sogenannte generative KI aus, die etwa Gespräche führen kann oder eigenständige Texte formuliert und Inhalte erstellt, also kreativ ist. "Da haben wir nicht den Eindruck, dass man sehr weit in der Umsetzung gekommen ist."

Die Branche zieht mit

Wird der Begriff der künstlichen Intelligenz hingegen weiter gefasst, sind die Fortschritte bereits deutlich sichtbar. Rund zwei Drittel befragter Banken, Versicherer und weiterer Finanzdienstleister setzen verschiedene Verfahren bereits in der Praxis ein, hob Andreas Hufenstuhl, Partner für Big Data und Advanced Analytics der Prüf- und Beratungsgesellschaft PwC, in der Runde weiter hervor.

Er verwies auf eine Umfrage der Berater: Verwaltung von Kanälen in sozialen Medien, Vertriebsanalysen, Betrugsmanagement, Geldwäscheprüfung und vertiefte Datenanalysen zählen demnach zu den verbreiteten Praxisfällen. "Das ist nicht mehr im Experimentierstatus, sondern sie sind schon im operativen Tagesgeschäft angekommen", sagte Hufenstuhl über die verschiedenen Anwendungen.

Lob für EU-Rahmenwerk

Die EU-Kommission bereitet derzeit ein Rahmenwerk für künstliche Intelligenz vor. Es führt etwa ein Beschwerde- und Auskunftsrecht für Verbraucher ein, verbietet umstrittene Einsatzfelder wie die Gesichtserkennung weitgehend und schafft eine neue Kategorie für die generative KI. Ziel sei es, nicht einzelne Anwendungsfälle im Detail zu regeln, sondern Prinzipien zum Umgang mit der KI einzuführen, sagte Jan Ceyssens, der in der EU-Kommission für digitales Finanzwesen zuständig ist. Noch vor der Europawahl im Juni werde der "AI Act" voraussichtlich verabschiedet.

Ein einheitlicher Rechtsrahmen sei wesentlich, lobte Deutsche-Bank-Vorstand Leukert. "Insofern waren wir in Europa in einer Vorreiterrolle." Nun komme es darauf an, international einheitliche Regeln zu schaffen, was eine politische Bereitschaft voraussetze. Die Deutsche Bank setze auf Partnerschaften mit Google und Nvidia und blicke optimistisch auf die neue Technik. Nicht nur die Bank, die gesamte Gesellschaft profitiere davon.

Doch auch die Bedenken sind groß: Unternehmen müssten sich an schnellere Zyklen in der Software-Entwicklung anpassen, warnte PwC-Partner Hufenstuhl, da mithilfe künstlicher Intelligenz auch das Programmieren viel einfacher sei. Zugleich müssten Unternehmen die Belegschaft mitnehmen und nicht zu viel in die Hände einer KI legen. "Gerade im Kontext der generativen KI ist es sehr wichtig, dass wir den Menschen nicht aus der Schleife herausnehmen."

"KI ist eine Versuchung"

Sowohl Trägheit als auch ein exzessiver Einsatz der KI können ein Problem sein, wie die Diskussion zeigte. Die "Legacy" präge, bemerkte BaFin-Exekutivdirektor Schaefer süffisant über Prozesse der Aufsicht. "Papier gibt es bei uns schon noch." Doch sollte KI nicht aus Bequemlichkeit für alles Mögliche verwendet werden, warnte wiederum Leukert. Der Einsatz von Rechenleistung koste Geld. "Die Nutzung von KI ist auch eine Versuchung."

Datenauswertung und maschinelles Lernen haben viele Banken und Finanzfirmen längst drauf. Doch der Einsatz einer generativen künstlichen Intelligenz, die neue Inhalte erschafft, hat die Experimentierstube noch nicht verlassen, wie Aufsicht und Finanzbranche im Frankfurter Techquartier erklärten.

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