Physische und Swap-basierte Replikation sind keine Gegensätze

Beide Techniken bieten günstige Kostenstruktur und Transparenz

Physische und Swap-basierte Replikation sind keine Gegensätze

Die öffentliche Diskussion über die unterschiedlichen Techniken, die Anbieter von Exchange Traded Funds (ETF) nutzen, um die Entwicklung von Börsenindizes abzubilden, erinnert gelegentlich an ein Fußballspiel: Jede kleine Veränderung in der Aufstellung, also in der Zusammensetzung der Produktpalette, löst eine Diskussion über einen Sieg für die eine oder die andere Replikationstechnik aus. Nimmt ein Anbieter physisch replizierender ETF Swap-basierte Produkte in sein Portfolio auf, gilt die physische Replikation plötzlich als veraltet. Ist es umgekehrt, wird dies als Abkehr von der Swap-basierten Methode interpretiert. Tatsächlich gibt es ein Gegeneinander unterschiedlicher Replikationstechniken weder in der Praxis noch in der Theorie. Beides wird gebrauchtInvestoren, insbesondere die bedeutenden und gut informierten institutionellen Investoren, wollen und brauchen sowohl Swap-basierte als auch physisch replizierende ETF. Denn beide Replikationsmethoden bieten spezifische Vorteile und können ihre Stärken für unterschiedliche Märkte oder Anlegerwünsche ausspielen. Wenn man also eine Analogie aus der Sportwelt bemühen möchte, um das Verhältnis der Replikationstechniken zueinander zu erklären, dann diese: Physische und Swap-basierte Replikation stehen sich nicht als Angehörige gegnerischer Mannschaften gegenüber. Sie sind vielmehr verschiedene Teile einer Mannschaft, die dank ihrer spezifischen Fähigkeiten jeweils besonders gut für bestimmte Positionen und Strategien geeignet sind. Deshalb gibt es ETF-Anbieter, die von Anfang an beide Replikationstechniken angeboten haben.Gerade die großen institutionellen Investoren haben längst verstanden, dass die beiden Replikationsmethoden keine Gegensätze sind. Um dies nachvollziehen zu können, ist ein differenzierter Blick darauf nötig, wie die Replikationstechniken im Detail funktionieren.Grundlegendes Merkmal der physischen Replikation ist, dass ein entsprechender ETF die Bestandteile des von ihm abgebildeten Index direkt in seinem Bestand hält. Grundsätzlich besteht dabei die Möglichkeit, dass der ETF sämtliche Indexbestandteile besitzt. Dies ist die sogenannte volle Replikation. Indexanpassungen werden hierbei identisch zum Index selbst umgesetzt. Liquidität bestimmt MethodeBei der Frage, welche Replikationsmethode für einen Index am besten geeignet ist, kommt es insbesondere auf die Liquidität und damit auf die Verfügbarkeit der im Index enthaltenen Titel an. Die volle Replikation eignet sich sehr gut für liquide Indizes – der Dax, der Euro Stoxx 50 und der S & P 500 sind Musterbeispiele für solche Indizes. Sofern die Aktien liquide gehandelt werden können, spielt die Anzahl der im Referenzindex enthaltenen Aktien dabei nur eine untergeordnete Rolle. Das zeigen die Beispiele des MSCI World, der mehr als 6 000 Aktien aus 23 Ländern umfasst, und des MSCI Emerging Markets, der immerhin mehr als 800 Aktien aus über 20 Ländern beinhaltet. Erfahrene ETF-Anbieter können auch solche Aktienindizes, die eine Vielzahl an Titeln enthalten, physisch sehr gut voll replizieren – und zwar mit einem niedrigen Tracking Error. Somit ist also eine geringe Abweichung der ETF-Entwicklung von der Entwicklung seines Referenzindex gewährleistet.Setzt sich ein Index aus vielen Wertpapieren zusammen, die schwer handelbar, also illiquide sind, dann kann die physische Replikation allerdings aufwendig und vergleichsweise teuer werden. Um den Aufwand zu begrenzen und die Liquidität zu erhöhen, können bei komplexen Indizes daher Optimierungstechniken zum Einsatz kommen: Der ETF kauft dann nicht alle im Index enthaltenen Papiere, sondern nur solche, die maßgeblich für die Indexentwicklung sind. Auch hierbei sind die Details entscheidend. Für den Investor kann es zum Beispiel einen großen Unterschied bedeuten, ob ein Anbieter fast alle im Index enthaltenen Aktien oder nur einen kleinen Teil davon erwirbt – denn bei geringerer Abbildungsqualität ist der Tracking Error meist größer.Ein genereller Pluspunkt der physischen Replikation: Viele Investoren schätzen, dass diese Abbildungsmethode besonders einfach zu verstehen und damit auch für Anleger ohne großes Hintergrundwissen transparent ist. Ein weiterer Vorteil der physischen Replikation ist die Möglichkeit, durch Wertpapierleihe Zusatzerträge zu erzielen. Hierbei verleiht der ETF von ihm gehaltene Wertpapiere an andere Marktteilnehmer und erhält dafür ein Entgelt. Außerdem stellt der Entleiher Sicherheiten, die den Wert der verliehenen Wertpapiere in der Regel übersteigen und in einem vom Entleiher getrennten, auf den Namen des Fonds lautenden Depot gehalten werden. Das zusätzliche Risiko durch die Wertpapierleihe können ETF-Anbieter durch strenge und transparente Kriterien zum Wert und zur Qualität der zu hinterlegenden Sicherheiten sowie eine sorgfältige Auswahl der Entleiher minimieren. Zugleich ermöglicht die Wertpapierleihe Erträge, die den Anlegern zugutekommen und somit letztlich die Gesamtkosten des ohnehin günstigen Anlageproduktes ETF weiter drücken.Diese Möglichkeit bieten ETF, die ihren Referenzindex synthetisch, also mit Hilfe von Swaps abbilden, in der Regel nicht. Dafür weisen sie eine Reihe anderer Vorzüge auf. Diese leiten sich vor allem daraus ab, dass Swap-ETF nicht direkt in die Indexbestandteile investieren. Vielmehr schließen sie eine Swap-Vereinbarung mit einer Gegenpartei ab. Diese verpflichtet sich darin, dem ETF die Performance des abgebildeten Index zu liefern. Der ETF wiederum liefert an die Gegenpartei entweder die Rendite eines von ihm gehaltenen Asset-Portfolios (unfunded Swap) oder er liefert sein Barvermögen und erhält dafür neben der Indexrendite auch Sicherheiten, die in der Regel den Wert des Kontrahentenrisikos übersteigen. Dadurch wird das bei einer Swap-Vereinbarung entstehende Kontrahentenrisiko des Fonds, welches laut Ucits-IV-Richtlinien auf 10 % begrenzt ist, faktisch ausgeschaltet. Steuer- und KostenvorteileEin Vorteil von Swap-ETF: Transaktionskosten können reduziert und Steuernachteile beim Kauf von Indextiteln teilweise ganz vermieden werden, da der ETF diese nicht selber im Bestand halten muss. Liefert der Swap-ETF an den Swap-Partner sein Barvermögen und erhält dafür neben den Sicherheiten die Indexperformance, entstehen daraus keine Transaktionskosten für den ETF. Bei der Unfunded-Swap-Variante werden die Transaktionskosten zwar nicht komplett vermieden, aber immerhin stark reduziert. Denn dieser erwirbt Wertpapiere für das Asset-Portfolio, die in Bezug auf Transaktionskosten und Abgaben möglichst optimal sind. Da dieses Asset-Portfolio nicht im Gleichklang mit Veränderungen in der Zusammensetzung des Referenzindex angepasst werden muss, sind in der Regel auch insgesamt weniger Transaktionen notwendig als bei einem physisch replizierenden ETF. Rendite wird berechenbarerDie Swap-Konstruktion ermöglicht es deshalb theoretisch, bereits im Vorhinein die gesamte Kostenbelastung des ETF anzugeben. Einzelne Anbieter setzen dies bereits in der Praxis um, indem sie den sogenannten Drag Level ausweisen, der umfassend die gesamte Kostenbelastung eines ETF für das folgende Jahr ausweist. Vor allem für professionelle Anleger ist dies ein hoch geschätzter Vorteil, da es die Unsicherheit bezüglich der Renditeabweichung gegenüber dem Referenzindex deutlich reduziert.Beide Replikationstechniken sind somit geeignet, Investoren alle Vorteile zu bieten, denen das Anlageinstrument ETF sein starkes Wachstum in den vergangenen Jahren verdankt: eine günstige Kostenstruktur und hohe Transparenz. Investoren sollten sich daher stets fragen, welche Strategie sie verfolgen, welche Märkte sie in ihrem Portfolio abbilden wollen – und dann den dazu passenden ETF mit der optimalen Replikationstechnik wählen. Dann wird aus dem vermeintlichen Gegeneinander von physischer Replikation und Swap-basierter Replikation fast automatisch ein Miteinander, bei dem jeder Portfoliobestandteil seine individuellen Stärken ausspielen kann – ganz wie bei einer gut zusammengestellten Fußballmannschaft.Und genau wie im Fußball sind gute Ergebnisse dadurch zwar nicht garantiert, die Wahrscheinlichkeit dafür wächst aber zumindest deutlich. Denn beide Replikationsmethoden bieten individuelle Vorteile, die sich der Investor zunutze machen kann – je nachdem, welche Strategie er gerade verfolgt und welche Märkte er in seinem Portfolio abdecken möchte.—-Von Dag Rodewald, Leiter Vertrieb UBS ETF Deutschland bei UBS Global Asset Management