Rechnungslegung

Risikovorsorge könnte Banken das Jahr verhageln

Nach Einschätzung des Chefs des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW) bilden die Bankbilanzen die Unsicherheit in Folge des Ukraine-Kriegs und der globalen Lieferkettenschwierigkeiten noch nicht ab.

Risikovorsorge könnte Banken das Jahr verhageln

lee Frankfurt

Trotz steigender Zinsen könnte sich die Gewinnentwicklung der deutschen Banken und Sparkassen schneller eintrüben als gedacht. Darauf deutet zumindest die Erwartung des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW) einer steigenden Kreditrisikovorsorge im Schlussquartal hin. Deutsche Banken müssten derzeit mit ungewöhnlich schwer zu kalkulierenden Risiken umgehen, sagte IDW-Vorstandssprecher Klaus-Peter Naumann der Börsen-Zeitung. Neben den anhaltenden Lieferkettenproblemen sei hierfür auch der Krieg in der Ukraine maßgeblich: „Er findet nicht nur in unmittelbarer Nähe zu Deutschland statt, sondern zeichnet sich auch durch einen unsicheren Ausgang aus. Das Ausstiegsszenario ist derzeit nicht abzusehen.“

Im Sommer hatte der Bankenausschuss wegen des Ukraine-Kriegs bereits eingefordert, dass Finanzinstitute in den Halbjahresabschlüssen die potenziellen Folgen eines Gasstopps aufzeigen und transparent machen, welche Annahmen sie dabei zugrunde legen (BZ vom 19. Juli). Da sich die Unsicherheit zwischenzeitlich eher erhöht als reduziert habe, geht Naumann davon aus, dass die Risikovorsorge für das Kreditgeschäft weiter steigen muss.

Preisverfall bei Anleihen

Eine weitere Belastung für die Bankbilanzen stellen die Folgen der abrupten Zinswende an den Anleihemärkten dar. 2022 war ein von nahezu historischem Preisverfall geprägtes Anleihejahr, was an Portfolios der Banken nicht spurlos vorübergegangen sein sollte. Den Banken ist es nicht gestattet, sich den aus Buchverlusten resultierenden Ergebnisbelastungen durch eine Umbuchung der Papiere zu entledigen, wie der Bankenfachausschuss des IDW in einem „fachlichen Hinweis“ unterstreicht. Hintergrund dieser Klarstellung ist die unterschiedliche Behandlung von Anleihen, die dem Umlaufvermögen oder der Liquiditätsreserve zugeordnet sind und jenen, die dem Anlagevermögen zugerechnet werden. Unter der Bedingung, dass Letztere bis zur Endfälligkeit gehalten werden können, ist es nicht erforderlich, rein zinsbedingte Preisveränderungen in der Bilanz abzubilden. Sofern die Wertpapiere für den Handel oder zur Liquiditätssicherung angeschafft wurden, müssen sie dagegen Mark-to-Market bewertet werden, was angesichts der Marktentwicklung in diesem Jahr zu erheblichen Ergebnisbelastungen führen kann.

„Die Zuordnung von Finanzinstrumenten zum Anlagevermögen, zum Handelsbestand oder zur Liquiditätsreserve folgt ihrer Zweckbestimmung beim Bilanzierenden“, heißt es in dem bereits Ende November veröffentlichten Hinweis. Neben „objektiven“ Eigenschaften des Finanzinstruments seien für die Ermittlung der Zweckbestimmung auch subjektive Kriterien maßgeblich. Eine Zuordnung von Wertpapieren zum Anlagevermögen setze voraus, dass der Bilanzierende in der Lage ist, sie so zu verwenden, dass sie dauernd dem Geschäftsbetrieb dienen.

Anleihen und andere Wertpapiere, die unter Umständen gebraucht werden, die Zahlungsbereitschaft aufrechtzuerhalten, müssten dementsprechend dem Umlaufvermögen oder der Liquiditätsreserve zugeordnet werden, wie der Bankenfachausschuss klarstellt. Neben der Absicht müssen die Institute demnach auch wirtschaftlich dazu in der Lage sein, die Wertpapiere bei Zuordnung zum Anlagevermögen dauerhaft zu halten. Eine Umwidmung aus dem Umlaufvermögen bzw. der Liquiditätsreserve sei nur dann möglich, wenn sich der vom Bilanzierenden verfolgte Zweck nachweislich geändert hat.

Noch schwieriger ist es, Anleihen aus dem Handelsbestand umzuwidmen. Diese ist laut § 340e Abs. 3 Satz 3 HGB nur ausnahmsweise zulässig, etwa weil schwerwiegende Beeinträchtigungen der Handelbarkeit, dazu führen, dass die Handelsabsicht aufgegeben wird. Diese Regelung hatte im Anschluss an die Finanzkrise von 2008/09 viele Kreditinstitute vor den Problemen bewahrt, die etwa verbriefte Immobilienkredite auf ihren Büchern hatten, die zwar werthaltig, de facto aber unverkäuflich geworden waren. Die jüngsten Einbrüche an den Anleihemärkten rechtfertigten dieses Vorgehen dagegen nicht, konstatiert der Bankenfachausschuss: „Ein Preisverfall allein beeinträchtigt nicht die Handelbarkeit.“

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