Wirtschaftsprüfer

Rotation im Duopol

Ihre Optionen im Prüfermarkt kann die Deutsche Bank an zwei Fingern abzählen. Der Bilanzskandal um Wirecard wirft nicht nur ein Schlaglicht auf Defizite im Prüferwesen, sondern ebenso auf die Schwachstelle des Markts.

Rotation im Duopol

Von Bernd Neubacher, Frankfurt

Der Bilanzskandal um Wirecard wirft nicht nur ein Schlaglicht auf Defizite im Prüferwesen, sondern ebenso auf die Schwachstelle des Prüfermarkts. Deutlich geworden ist dies mit der am Donnerstag bekannt gegebenen Entscheidung der Deutschen Bank, das erst 2019 an EY vergebene Abschlussprüfermandat im Lichte des Wirecard-Skandals für 2022 neu auszuschreiben. Schon bevor das Auswahlverfahren begonnen hat, darf man getrost prognostizieren, dass das Institut seine Alternativen an zwei Fingern abzählen können dürfte: Entweder es erteilt PwC den Zuschlag – oder es beschließt, dass alles so bleiben soll, wie es ist. Denn die Hälfte der sogenannten Big Four ist vermutlich von vornherein aus dem Rennen. Deloitte gilt in der Branche als nicht schlagkräftig genug, um das komplexeste, damit aber auch spannendste Mandat im deutschen Finanzsektor zu wuppen. Für KPMG, unter anderem aus der Revisionsabteilung der Deutschen Bank hervorgegangen, dürfte es sich schon deshalb als schwierig erweisen, in den Doppeltürmen anzutreten, weil die Gesellschaft erst mit dem Testat für das Geschäftsjahr 2019 als Prüfer des Instituts abgetreten ist – ein neuerlicher Auftrag für 2022 dürfte mit den Bestimmungen zu Cooling-off-Perioden nur schwer vereinbar sein und würde auch die Idee der Prüferrotation konterkarieren.

Sofern Deutschlands größtes Kreditinstitut tatsächlich kurzentschlossen einen neuerlichen Wechsel forciert, um etwaigen Zweifeln an der Qualität des Testats vorzubeugen, bietet diese Konstellation PwC interessante Perspektiven in den anstehenden Preisverhandlungen. Das Schönste: Nachdem die Gesellschaft 2018 im Ausschreibungsverfahren unterlag, dürfte sich der Aufwand einer neuerlichen Bewerbung in Grenzen halten. Und dieser ist keineswegs von Pappe. Als die Allianz vor Jahren ihr Mandat ausschrieb, ließen Bewerber in rund 70 Landesgesellschaften des Versicherers Teams antanzen; Personal- und Reisekosten summierten sich auf siebenstellige Beträge. Im Falle der Deutschen Bank hatten Teams mit einer zweistelligen Zahl von Köpfen schon vor dem Jahreswechsel 2018 begonnen, sich vorzubereiten.

Sicherstellen müsste PwC allein, dass einem Prüfmandat der Deutschen Bank nicht diverse Aufträge zur Beratung des Instituts sowie entsprechende Ausschlussfristen entgegenstehen. In diesem Fall könnte man sich zudem vergüten lassen, dass Beratungsmandate im Vergleich mit Prüfaufträgen als deutlich lukrativer gelten. Freilich bringt auch die Prüfung Umsatz: EY-Vorgänger KPMG pflegte der Deutschen Bank an Prüfungshonoraren, für prüfungsnahe Dienstleistungen sowie an Honoraren für Steuerberatung alljährlich hohe zweistellige Millionenbeträge in Rechnung zu stellen.

Das Versagen von EY im Fall Wirecard kann PwC damit zu einem noch vor Jahresfrist nicht für möglich gehaltenen Aufschwung im Banken-Prüfermarkt verhelfen. Im Zuge der von der EU-Kommission verordneten Prüferrotation hatte ein ums andere Mal EY den Zuschlag erhalten. Zwar hatte die Gesellschaft mit den drei Buchstaben den Auftrag der DZBank an Land gezogen und auch in der Assekuranz reüssiert. Die Mandate von Helaba, KfW, Commerzbank und eben der Deutschen Bank aber waren allesamt an EY gegangen. Nun geht es teils retour: Neben der Deutsche-Bank-Fondstochter DWS hat sich im Lichte des Wirecard-Skandals auch die Commerzbank von EY wieder abgewandt, da sie sich rechtliche Schritte gegen den Prüfer vorbehält.

Als die Deutsche Bank 2018 EY als Prüfer auserkor, galt dies übrigens mit Blick auf Interessenkollisionen noch als die sauberere Option. Schließlich hatte Aufsichtsrat Norbert Winkeljohann erst wenige Monate zuvor nach vielen Jahren seinen Posten als Vorstandsvorsitzender von PwC Europe geräumt. Zumindest dieses Cooling-off dürfte nun als abgeschlossen gelten. Das Angebot an Prüfern aber bleibt knapp. Sollen der Deutschen Bank nach einem Wechsel nicht die Optionen ausgehen, sollte PwC sich und dem Markt einen Fehltritt wie den von EY bei Wirecard ersparen.