Skandal um Autofinanzierungen kommt Banken billiger
Skandal um Autofinanzierungen kommt Banken billiger
Autofinanzierungsskandal kommt billiger als gedacht
Britische Finanzaufsicht schätzt Kosten für die beteiligten Institute auf 11 Mrd. Pfund – Anfangs kursierten Schätzungen von bis zu 44 Mrd. Pfund am Markt
hip London
Die britischen Banken kommen im Autofinanzierungsskandal mit einem blauen Auge davon. Die Financial Conduct Authority schätzt die Kosten für die Entschädigung der Kunden auf 11 Mrd. Pfund. Gut 14 Millionen Betroffene könnten um die 700 Pfund pro Kopf bekommen. Am Markt kursierten zuvor weit höhere Zahlen.
Der Skandal um verdeckte Kommissionen für Autofinanzierungen wird die beteiligten Institute nicht so viel kosten wie ursprünglich befürchtet. Wie die britische Finanzaufsicht FCA mitteilt, rechnet sie mit insgesamt 11 Mrd. Pfund. Im April hatte sie noch eine Spanne von 9 Mrd. bis 18 Mrd. Pfund genannt. Durch die Branche geisterten zuvor Schätzungen von bis zu 44 Mrd. Pfund.
Die Aktien von betroffenen Instituten wie Lloyds Banking Group oder Close Brothers legten an der Londoner Börse zu. „Der Autofinanzierungsskandal erweist sich als weniger dramatisch als gedacht“, sagte Russ Mould, Investment Director bei AJ Bell. Statt mit einer Entschädigung von jetzt 700 Pfund pro Kopf rechnete die Financial Conduct Authority (FCA) zuvor mit 950 Pfund.
Positive Kursreaktion
Lloyds hat bereits 1,15 Mrd. Pfund zurückgestellt, um die Kosten zu decken. Der Gruppe gehört der herstellerunabhängige Autofinanzierer Black Horse. Aus heutiger Sicht wirke das vernünftig, sagte Mould. „Der Kursanstieg bedeutet, dass der Markt mit dem Ergebnis zufrieden ist und dass ein großer Unsicherheitsfaktor demnächst ausgeräumt ist.“
Man werde Konsequenzen und Auswirkungen des Vorgehens der FCA prüfen und den Markt gegebenenfalls darüber informieren, teilte Lloyds per Pflichtveröffentlichung mit. Autofinanzierungen sind für die Banken ein großer Markt. In Großbritannien werden vier von fünf Neuwagen auf Kredit gekauft. Zu den betroffenen Instituten gehören neben den bereits genannten Bank of Ireland UK, Barclays, Paragon und Santander UK. Barclays stieg 2019 aus dem Geschäft mit Autofinanzierungen aus.
Rückstellungen könnten reichen
Nach Schätzung des Bankenanalysten Edward Firth von Keefe, Bruyette & Woods (KBW) könnten in einigen Fällen zusätzliche Rückstellungen oder Rückschreibungen anfallen, allerdings nicht in wesentlichem Umfang. Gewisse Annahmen der FCA, etwa dass 85% der Betroffenen seit 2007 Entschädigung fordern werden, seien sehr konservativ. Am Ende könne das Ergebnis eher unter als über dem Basisszenario der FCA liegen.
Close Brothers müsse ihre Rückstellungen vielleicht um 42 Mill. Pfund aufstocken, heißt es in einer Einschätzung von KBW. Bisher bekannte Beispiele hätten jedoch gezeigt, dass die vom Institut gezahlten Kommissionen unter dem Durchschnitt lagen. Man habe deshalb den Eindruck, dass die bereits zurückgelegten 165 Mill. Pfund ausreichen könnten.
Vergleiche mit dem PPI-Skandal
„Viele Autofinanzierer hielten sich nicht an das Gesetz oder die Regeln“, sagte Nikhil Rathi, der Chef der Financial Conduct Authority. „Jetzt haben wir rechtliche Klarheit. Es ist Zeit, dass die Verbraucher fair entschädigt werden.“ In der City hatte man zuvor befürchtet, dass die Kosten an die des branchenweiten Skandals um den Verkauf nutzloser Restschuldversicherungen (Payment Protection Insurance, PPI) heranreichen werden. Sie wurden Kunden aufgeschwatzt, die Wohnimmobiliendarlehen wollten.
„Quantitative Easing für alle“
Die Entschädigungen für PPI summierten sich auf mehr als 38 Mrd. Pfund. Damals war in der City scherzhaft von „Helikoptergeld“ und „Quantitative Easing für alle“ die Rede. Lloyds kostete dieser Skandal 22 Mrd. Pfund. Die Gruppe ist einer der größten Hypothekenanbieter.
Einige „Non-Prime“-Kreditinstitute teilten der Aufsicht mit, dass sie keine Kommissionen nach Ermessen gezahlt oder Exklusivitätsvereinbarungen getroffen hätten. Sollte das der Fall sein, sei es weniger wahrscheinlich, dass sie Entschädigungen zahlen müssten, heißt es in der Konsultation der FCA.
„Wir machen uns weiterhin Sorgen
darüber, dass die Kosten zu hoch sind“, sagte Shanika Amarasekara, die Chefin der Finance & Leasing Association. Man werde das 360 Seiten starke Dokument der FCA in den kommenden Wochen durcharbeiten und „den besten Weg
ermitteln, um die Verbraucher zu entschädigen, die schlecht weggekommen sind, während wir den Autofinanzierungsmarkt stabil und wettbewerbsfähig
halten.“
Branche klagt über hohe Kosten
Die Aufsicht hatte Deals, bei denen der Autohändler eine Kommission auf Basis des Zinssatzes der Finanzierung erhält, erst 2021 untersagt. Die Discretionary Commission Arrangements (DCA) wurden den Kunden nicht offengelegt. In anderen Fällen waren die Kommissionen sehr hoch, etwa 35% der Kreditkosten oder 10% der Kreditsumme. Zudem gab es Fälle, in denen Exklusivitätsvereinbarungen mit einer Bank bestanden.
