„Unser Land braucht ein neues Denken“
„Unser Land braucht ein neues Denken“
Sparkassenpräsident Ulrich Reuter fordert einen neuen Gesellschaftsvertrag – CSU-Chef Söder für Einlagensicherung aktiv
Die Sparkassen fordern einen neuen Gesellschaftsvertrag für Deutschland. Die Kreditinstitute könnten die Befähigung zur Selbsthilfe beitragen, sagte Präsident Ulrich Reuter auf dem Sparkassentag. Übereinstimmend mit Bayerns Ministerpräsident Markus Söder kündigte er an, man werde die Einlagensicherung verteidigen.
Von Michael Flämig, Nürnberg
Die Sparkassen setzen sich für einen neuen Gesellschaftsvertrag in Deutschland ein. Es stimme, dass Deutschland Kapital brauche, sagte Sparkassenpräsident Ulrich Reuter vor 3.000 Teilnehmern des Deutschen Sparkassentags. In einem flammenden Plädoyer für Demokratie und gegen autokratische Regierungen rund um die Welt fügte er hinzu: „Vor allem braucht unser Land ein neues Denken.“
Als Stichpunkte eines neuen Gesellschaftsvertrags nannte Reuter Leistung, Verantwortung, Gestaltungsfreude und Gründergeist. Der bisherige Gesellschaftsvertrag sei der eines wohlhabenden, älter werdenden und saturierten Landes. Es sei darum gegangen, eine faire Verteilung des Wohlstandskuchens zu erreichen.
„Notfalls auch verpflichtend“
„Diese Zeit ist vorbei“, sagte Reuter. Nun gehe es darum, den Kuchen gemeinsam zu erwirtschaften, der später verteilt werden solle. Dazu müssten alle etwas mehr beitragen: „Manche durch mehr Kapital, auch durch Abgaben. Andere durch mehr Arbeit.“ Die Jüngeren seien vielleicht mit einem verpflichtenden Wehr- oder Gesellschaftsdienst dabei. Es sei besser, wenn dies eher freiwillig sei: „Aber notfalls muss man auch zur Pflicht rufen.“
Reuter sagte, die Sparkassen-Finanzgruppe können zu dieser Neuorientierung natürlich Geld beitragen. Aber aus ihrer Geschichte brächten die Sparkassen auch eine Mission mit, die das Land dringend brauche: die Befähigung zur Selbsthilfe: „Die Gründungsidee von Sparkassen ist es, alle Menschen, alle Unternehmen, so zu unterstützen, dass sie ihre ökonomischen Interessen weitgehend selbst wahrnehmen und damit ihre eigene Zukunft auch selbst sichern können.“
Es gehe also nicht um staatliche Fürsorge und auch nicht in erster Linie um Geldleistungen, betonte Reuter. Das Thema seien wirtschaftliche und soziale Teilhabe für möglichst alle: „Finanzdienstleistungen sind unser Weg dahin.“
Klare Kante gegenüber Brüssel
Für diese Aufgabe müsse das Vermögen der Sparkassen dauerhaft gesichert werden, sagte Reuter. Es dürfe nicht heute verbraucht werden, auch nicht zum Stopfen aktueller Haushaltslöcher. Außerdem müssten die Einlagen, die den Sparkassen anvertraut würden, absolut sicher sein: „Deshalb wollen wir nicht, dass ferne Bankkonzerne mit ihrer Geschäftspolitik weltweit indirekt in unsere Sicherungskassen greifen können.“ Man zeige daher gegenüber Brüssel klare Kante.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder betonte in seiner Rede ebenfalls, Deutschland dürfe nicht für Einlagen in anderen europäischen Staaten haften müssen: „Hände weg von Einlagensicherung, wo die Sparguthaben dann plötzlich zur Verfügung stehen.“ Wenn das Geld, das die Bürger ihrer Sparkasse gäben, am Ende Haftungsgegenstand für europäische Angelegenheiten sei, dann werde es sehr viele geben, die den Sparkassen das Vertrauen entzögen.
Söder: Sparkassen seriös
Söder lobte, gemeinsam mit den Volks- und Raiffeisenbanken gehörten die Sparkassen immer zu den seriösesten Instituten in der Bankenbranche: „Die Sparkassen waren nie der Auslöser der Krise, im Gegenteil, sie waren Stabilisator.“ Darum sei der Bestand des deutschen Sparkassenmodells für den Wirtschaftsstandort, aber auch für Europa existenziell.
Reuter lobte die kommunale Trägerschaft und die Kontrolle durch örtlich gewählte Repräsentanten: „Das ist Demokratie.“ Keine Behörde dürfe dies unmöglich machen und keine Bankenaufsicht erschweren.
Die Bindung an die Kommunen als Träger bringe die regionale Verankerung mit sich, die den ganz großen Unterschied ausmache, erklärte auch Söder: „Da wird nicht einfach verlagert, da wird nicht einfach irgendwo anders investiert.“ Zudem würden keine Geschäfte gemacht, die am Ende des Tages sehr überraschend seien. Die Regionalität führe zu Seriosität: „Deswegen muss die deutsche Politik in Europa und darüber hinaus auch ein Anwalt der Sparkassen sein.“