Corporate Finance AwardQualtrics-Verkauf

Ein Abschied mit Gewinn für SAP

Die Veränderungsgeschwindigkeit ist in kaum einer Branche so hoch wie im Softwarebereich. SAP hat mit dem Verkauf der US-Tochter Qualtrics auf neue strategische Leitplanken reagiert – und unter dem Strich noch einen Gewinn eingefahren.

Ein Abschied mit Gewinn für SAP

Corporate Finance Award: Die Preisträger (5)

Ein Abschied mit Gewinn für SAP

Auszeichnung in der Kategorie Large Caps geht für Qualtrics-Verkauf nach Walldorf

Von Sabine Reifenberger, Frankfurt

Als SAP Ende 2018 unter dem damaligen CEO Bill McDermott die Datenanalysefirma Qualtrics übernahm, schien das US-Unternehmen eine gute Ergänzung zum Portfolio zu sein. Doch es zeigte sich, dass die Nähe zu SAP für manche Qualtrics-Kunden ein Hindernis war, und auch die strategischen Präferenzen in Walldorf verschoben sich bald. Bereits rund zwei Jahre nach der Übernahme ging Qualtrics an die Börse, SAP gab einen Teil der Anteile ab. Gut vier Jahre nach der Akquisition leitete SAP im vergangenen Jahr den Verkauf der restlichen Beteiligung ein. Damit schufen die Walldorfer nicht nur Freiräume für Neues, sondern machten unter dem Strich auch noch Gewinn. Für die Transaktion erhält SAP in diesem Jahr den Corporate Finance Award der Börsen-Zeitung in der Kategorie Large Caps.

Ein Finanzinvestor hätte bei der Ankündigung des Qualtrics-Verkaufs im vergangenen Jahr vermutlich schon der entgangenen Chance nachgetrauert, als Qualtrics nach dem Börsengang zeitweise eine Marktkapitalisierung von 32 Mrd. Dollar auf die Waage brachte. Bei Bekanntwerden der Verkaufspläne im Januar 2023 erreichte die Bewertung gut 8,5 Mrd. Dollar. Unter Trading-Gesichtspunkten hätte man mehr rausholen können. „Aber das war nicht die Intention“, stellt Georg Kniese, Global Head of Corporate Development and M&A bei SAP, im Corporate-Finance-Award-Podcast der Börsen-Zeitung klar.

An Marktgegebenheiten anpassen

Vielmehr ging es SAP um eine stärkere Fokussierung. Manager berufen sich gern auf die Aussage, jede Strategie habe ihre Zeit – und die Zeit verlangte offenbar im Verkaufsjahr 2023 nach einer anderen Strategie als im Übernahmejahr 2018. „Diese Reise ist eine der Geschichten, die die Software-Industrie schreibt“, sagt Kniese. Themen seien nicht so langfristig planbar wie in anderen Branchen. Für ihn ist die Qualtrics-Transaktion ein Beispiel dafür, wie eine Firma sich neu ausrichtet und an Marktgegebenheiten anpasst. Dies ist für ihn eine der wichtigsten „lessons learned“ aus der Transaktion: In einer Industrie mit schnellen Taktzyklen und einem Umfeld, das sich dynamisch verändert, müsse man die eigene Strategie kontinuierlich anpassen.

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In die Strategie eines anderen passte Qualtrics 2023 gut: Der Finanzinvestor Silver Lake schlug im Konsortium mit dem kanadischen Pensionsfonds CPP Investments zu, binnen weniger Monate war die Transaktion unter Dach und Fach. Dabei war die Komplexität des transatlantischen Deals groß, denn die US-Börsennotiz von Qualtrics brachte regulatorische Anforderungen der dortigen Aufsichtsbehörden mit sich. Allein auf Verkäuferseite gab es am Ende drei „Gravitationsfelder“, erinnert sich Kniese: das Unternehmen Qualtrics selbst, den Mehrheitsaktionär SAP sowie ein regulatorisch gefordertes Independent Committee des Board of Directors, das Interessenkonflikte vermeiden soll. Jede dieser drei Parteien brachte noch Investmentbanker und Rechtsberater mit an den Tisch – in Meetings lag die Mindestteilnehmerzahl oft bei 25 bis 30 Personen. „Da kann man sich dann vorstellen, dass eben die Kommunikation unheimlich aufwendig wird.“

Strategie weiterentwickelt

Die Walldorfer versilberten ihren Qualtrics-Anteil letztlich mit einem Nettogewinn von 1,4 Mrd. Dollar. Positiver Nebeneffekt: Qualtrics hatte regelmäßig die Marge von SAP gedrückt, auch dieser unerwünschte Einfluss entfällt seit dem Verkauf. Kniese sieht für alle Beteiligten ein gutes Ergebnis durch den Verkauf: Das Angebot an die Kunden bleibe bestehen, Qualtrics könne sich außerhalb des Konzerns freier entwickeln. Und SAP behalte einen Nettogewinn übrig und könne sich auf die aktuell gültige Strategie konzentrieren, die einen starken Fokus auf künstlicher Intelligenz hat – auch das ein Thema, das vor drei Jahren noch deutlich weniger präsent war.

Für Kniese ist das ein weiterer Beweis dafür, dass Strategieanpassungen in der Software-Industrie dazugehören. Unternehmen müssten agil bleiben und handlungsfähig sein – „immer im Rahmen der aktuell gültigen Strategie“. Qualtrics habe sowohl beim Kauf als auch beim Verkauf in die Strategie gepasst: „Wir haben eben unsere Strategie weiterentwickelt.“

Zuletzt erschienen: Bilderbuchstart für Schott Pharma (12.4.)

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