Retailinvestoren

Verhandlung über Anlegerregeln pausiert

Die Positionen der Mitgliedstaaten im Rat über künftige Regeln für Kleinanleger liegen weit auseinander. Deshalb drückt der polnische Ratsvorsitz nun die Pausentaste.

Verhandlung über Anlegerregeln pausiert

Verhandlung über Anlegerregeln pausiert

Polnischer Ratsvorsitz sagt Trilog ab – Mehrere Arbeitspapiere zu möglichen Erleichterungen kursieren

Seit zwei Jahren wird in der EU über einen Rechtsrahmen diskutiert, der dafür sorgen soll, dass sich private Kleinanleger bei ihren Engagements am Kapitalmarkt fair behandelt und ausreichend geschützt fühlen. Jetzt hat die EU-Ratspräsidentschaft vorerst die Pausentaste gedrückt. Die Positionen liegen noch auseinander.

fed Frankfurt

Die Schlussverhandlungen zwischen EU-Parlament und Ministerrat über die EU-Kleinanlegerregeln (Retail Investment Strategy) werden erst im Sommer fortgesetzt. Die amtierende polnische EU-Ratspräsidentschaft hat einen Termin für den so genannten Trilog am 3. Juni abgesagt und angekündigt, das Dossier unter ihrem Vorsitz nicht mehr aktiv vorantreiben zu wollen. Die Polen werden das Gesetzgebungsverfahren nun an die Dänen weiterreichen, die im zweiten Halbjahr die EU-Präsidentschaft inne haben. „In Anbetracht der unterschiedlichen Auffassungen der Mitgliedstaaten darüber, wie eine Vereinfachung des Textes erreicht werden kann, ist der Vorsitz zu dem Schluss gelangt, dass die Optionen noch nicht so weit entwickelt sind, dass der Rat einen endgültigen Standpunkt dazu festlegen kann", heißt es in einer internen Mitteilung an Vertreter der Mitgliedstaaten. Es sei daher nicht sinnvoll, sich bereits jetzt wieder mit den Unterhändlern des EU-Parlaments zu treffen.

Value for Money

Die Kleinanlegerregeln umfassen Vorgaben an Anbieter von Finanzprodukten. Dazu zählen Regeln, die sicherstellen sollen, dass ein angemessenes Preis-Leistungsverhältnis (Value for Money) gewahrt wird, unter anderem durch Vergleiche mit ähnlichen Finanzprodukten (Benchmarking) und mehr Kostentransparenz. Auch sind Maßnahmen zur Verbesserung der finanziellen Bildung vorgesehen. Ursprünglich hatte die EU-Kommission zudem ein Verbot von Vergütungen für den beratungsfreien Vertrieb von Finanzprodukten (Execution only) vorgesehen. Doch dieses partielle Provisionsverbot haben sowohl Rat als auch Parlament in ihren Fassungen gestrichen.

Nicht nur deshalb zählt die Retail Investment Strategy zu den umstrittensten Gesetzgebungsvorhaben der EU. Vor einigen Wochen hat die EU-Kommission bei der Vorlage ihres Fahrplans für die Spar- und Investitionsunion mit einer sibyllinischen Ansage überrascht: „Die EU-Kommission wird eine Einigung zwischen Parlament und Rat über die Strategie für Kleinanleger erleichtern. Die EU-Kommission wird jedoch nicht zögern, den Vorschlag zurückzuziehen, wenn die Verhandlungen die angestrebten Ziele der Strategie nicht erreichen.“ Seither ist unklar, ob die Kleinanlegerstrategie tatsächlich verabschiedet werden wird.

Jede Menge Änderungsvorschläge

Um im Gesetzgebungsprozess voranzukommen, haben die EU-Kommission sowie die Franzosen mit den Tschechen und auch die Niederländer zuletzt umfangreiche Vorschläge zur Vereinfachung der Regeln gemacht. In den zuständigen Ratsarbeitsgruppen werden diese Überlegungen aktuell kontrovers diskutiert. Die EU-Kommission hat beispielsweise angeregt, dass der in dem Gesetz vorgesehene Peer-Gruppen-Vergleich nur auf öffentlich zugänglichen Daten aufbauen soll. Die Niederländer werben wiederum dafür, bei bestimmten Kunden darauf zu verzichten, umfassende Informationen über deren Finanzlage einzuholen, etwa wenn nur ein relativ bescheidener Teil des Gesamteinkommens investiert werden soll. Franzosen und Tschechen schlagen unter anderem vor, darauf zu verzichten, von Beratern zu verlangen, dass sie die Fähigkeit des Kunden überprüfen, finanzielle Verluste abfangen zu können.

Forderung nach Rücknahme

Unbeschadet dieser Änderungsvorschläge wird die Kleinanlegerstrategie von der Finanzindustrie sehr kritisch beäugt. „Die EU-Kommission sollte endlich den Mut aufbringen, die Kleinanlegerstrategie zurückzuziehen“, fordert beispielweise der deutsche Fondsverband BVI. Wenig günstiger fällt das Urteil der Deutschen Kreditwirtschaft aus: Die Kleinanlegerstrategie müsse deutlich einfacher werden – oder vom Tisch.

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