Lieferketten

Viele Wege, ein Ziel

Im deutschen Markt für Lieferkettenfinanzierung haben sich diverse Fintechs als Plattformbetreiber aufgestellt. Ihre Strategien unterscheiden sich aber vor allem in der Frage, ob die Anbieter Partner der Unternehmen oder der dort teilnehmenden Banken sein wollen.

Viele Wege, ein Ziel

bn Frankfurt

Im deutschen Markt für Lieferkettenfinanzierung haben sich diverse Fintechs als Plattformbetreiber aufgestellt. Die größeren unter ihnen heißen CRX Markets, Taulia oder Traxpay. Kleinere Anbieter wie Crossinx wuppen dabei mit rund 50 Leuten nicht mehr als eine Bilanzsumme von gut 3 Mill. Euro. Für die zwei Personen beschäftigende Frankfurter Tochter der britischen C2FO musste die Mutter indes wegen bilanzieller Überschuldung im vorvergangenen Jahr eine Patronatserklärung mit Rangrücktritt zugunsten der Gesellschaft abgeben. Ebenfalls im vorvergangenen Jahr meldete Trustbills, eine Hamburger Auktionsplattform für Handelsforderungen, Insolvenz an. An der Plattform hatten auch Deutsche Bank und DZBank Beteiligungen erworben.

Das Ziel der Anbieter: Größenvorteile realisieren. Die Strategien auf dem Weg dorthin unterscheiden sich aber vor allem in der Frage, ob die Anbieter Partner der Unternehmen oder der dort teilnehmenden Banken sein wollen. So versteht sich das Münchener Fintech CRX Markets, das unter anderem Nestlé, Lufthansa, Daimler, MAN und Covestro zu seinen Kunden zählt, als neutral und ist bei Finanzierungsrunden daher bestrebt, keine Bank in den Eignerkreis zu holen, die schon als Zwischenfinanzierer auf der Plattform agiert. Am US-Anbieter Taulia, aktiv in den Vereinigten Staaten, Großbritannien, Deutschland, Bulgarien und Australien, hat sich dagegen im Juli vergangenen Jahres J.P. Morgan be­teiligt. Wenige Wochen zuvor hatte das Fintech über eine Kooperation mit Unicredit informiert. Im März sollte Taulia von sich reden machen, da sich unter den auf der Plattform auftretenden Finanzierern auch Greensill Capital getummelt hatte. J.P. Morgan, UBS und Unicredit stellten den Kaliforniern 6 Mrd. Dollar Liquidität bereit, damit diese kreditwürdige Kunden des zahlungsunfähigen Einhorns Greensill Capital künftig selbst finanzieren konnten.

Als Partner der Banken präsentiert sich auch Traxpay, an welcher im vergangenen Jahr die Deutsche Bank eine Beteiligung von unter 3% erworben hat. Auch wenn die Bank als Teilnehmer der Plattform einen Kredit nicht vergibt, kann sie auf diese Weise zweifach mitverdienen: entweder weil sie Traxpay einen Kunden vermittelt und dafür eine Provision erhält, oder weil sie als Anteils­eigner vom Volumen dort profitieren. Teilnehmende Banken umgarnt Traxpay mit dem Versprechen, dass Geschäft dort nicht meistbietend versteigert wird und die Kundenbeziehung – und vor allem auch die Kundendaten – nicht beim Plattform­betreiber landen, sondern bei der Bank verbleiben, welche ein Unternehmen der Plattform zugeführt hat. Dahinter steht das Kalkül, dass man am schnellsten wächst, wenn Banken ihre Kunden auf die Plattform bringen. Als Partner hat Traxpay neben der Deutschen Bank unter anderem die Nord/LB, die LBBW und die KfW Ipex-Bank akquiriert, daneben acht Unternehmen mit rund 2000 Zulieferern. „Wir wollen Lösungen anbieten, bei denen Finanzierungen in manchen Fällen über Traxpay laufen und in anderen Fällen, die vielleicht komplexer sind, weiterhin bei uns“, heißt es in einer Bank. „Natürlich be­halten wir immer noch die Kundenbeziehung, aber die Kernfunktion der Kreditvergabe kann leichter über eine Plattform erbracht werden.“

Neben den üblichen Formen der Supply-Chain-Finanzierung wie Dy­namic Discounting, Factoring und Reverse Factoring bemühen sich die Anbieter, weitere Dienstleistungen zu etablieren. So offeriert Taulia unter anderem Cash-flow-Prognosen sowie elektronische Rechnungsstellung.

Traxpay will unterdessen Zulieferern Avale, Fremdwährungsgeschäfte und auf Sicht auch „Digital Forfaiting“, das anders als herkömmliche Forfaitierung weder Kreditversicherung noch Sicherheitsabschläge kennt, vermitteln. Dienste zur Unterstützung von Kredit- und Compliance-Risiken wären weitere Optionen. Noch ist nicht ausgemacht, inwieweit Anbieter dem Wunsch von Banken nachkommen, Zweckvehikel (Special Purpose Vehicles) aufzusetzen, die es den Instituten ersparen sollen, Zulieferer vor ihrer Einbindung in ein Programm einem Know-your-Customer-Prozess zu unterziehen, und die auch nicht konsolidiert werden müssen.